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Ausstellung
"Alles ist Architektur"

Hans Hollein gilt als Bahnbrecher der postmodernen Museumsarchitektur. Konsequent verneinte er eine historische Auffassung der Gebäude, wie sie von den Uffizien in Florenz oder dem Kunstmuseum Basel verkörpert wird. Jetzt würdigt das Museum Abteiberg in Mönchengladbach seinen Baumeister mit einer Ausstellung.

Von Georg Imdahl |
    Touristen vor dem Haas-Haus auf dem Stock-im-Eisenplatz in der Wiener Innenstadt. In seiner verspiegelten Fassade sieht man andere Gebäude am Platz.
    In Wien kann man Hans Hollein nicht übersehen: hier sein Haas-Haus. (dpa/picture alliance/Beate Schleep)
    Schon seine frühesten Arbeiten wurden sofort erkannt. Es war der Architekt und Mäzen Philip Johnson, der die Foto-Collagen von Hans Hollein sah und spontan für das Museum of Modern Art ankaufte. In Aufnahmen von weiten Landschaften hatte Hollein Zündkerzen und Zigaretten eingeklebt, die damit plötzlich monumentale Ausmaße annahmen. In einer dieser Fotografien findet sich ein Flugzeugträger im Burgenland wieder - vollkommen fremd liegt er in der Landschaft. Das Bild zwingt Natur und Architektur auf surreale Weise zusammen. Mit diesen Ideen stand Hans Hollein der Pop Art nahe und war damit, Anfang der sechziger Jahre, sogar noch etwas früher dran als sein Künstlerkollege und Freund Claes Oldenburg.
    Im kalifornischen Berkeley hatte Hollein damals gerade sein Architektur-Studium absolviert. Seine Abschlussarbeit verfasste er über die Pueblo-Siedlungen der indigenen Einwohner Nordamerikas, und die Begeisterung für deren Wohn- und Kultstätten schärfte nur seine Skepsis gegenüber einer funktionalen Architektur der Moderne. Zugleich machte sich Hollein über den amerikanischen Fetisch einer Hochhaus-Architektur lustig: Als Faust wie auch als Phallus ließ er Wolkenkratzer in seinen Skizzen in die Höhe ragen. Um 1965 entfachte er dann in Wien, mit seinen Kollegen Walter Pichler und Oswald Oberhuber, einen Furor revolutionärer Ideen. Er propagierte eine Architektur der Schönheit und Sinnlichkeit, die alle Aspekte des zeitgenössischen Lebens in sich aufnehmen sollte.
    Universaler Denker und Allround-Künstler
    Zu seinem 80. Geburtstag ist dem Wiener Baumeister in Mönchengladbach jetzt eine Ausstellung gewidmet, die mit zahlreichen bislang unveröffentlichten Modellen, Zeichnungen und Entwürfen einen universalen Denker und Allround-Künstler vorstellt. Der glaubte an die Zukunft, bespiegelte die Utopien des Fortschritts aber immer auch ironisch. Ein "Mobiles Büro" von 1969 besteht aus einer aufblasbaren Plastikhülle mit einem Telefon und einer Schreibmaschine darin. Aus heutiger Sicht ein ungemein nostalgisches Objekt.
    Was Hollein entwickelte, war sozusagen ein erweiterter Architektur-Begriff, und folgerichtig wurde bald auch Joseph Beuys auf den Künstler, Designer, Publizisten und Ausstellungsmacher aufmerksam. Beuys vermittelte ihm 1967 eine Gastprofessur an der Kunstakademie in Düsseldorf.
    Im Rheinland kam Hollein denn auch an seinen ersten großen Bauauftrag: den Neubau des Museums Abteiberg in Mönchengladbach. Mit dem 1982, nach zehnjähriger Planung eröffneten Museum erwies sich Hollein als Bahnbrecher der postmodernen Museumsarchitektur. Konsequent verneinte er eine historische Auffassung des Museums, wie sie von den Uffizien in Florenz oder dem Kunstmuseum Basel verkörpert wird: Dort reihen sich die Räume aneinander, und entweder schreitet man in den nächsten Raum voran, oder man geht zurück. Ganz anders Holleins Museum in Mönchengladbach.
    Einst umstrittene Vorreiter der Postmoderne
    "Unverwechselbar ist am Abteiberg, dass es so heterogen ist. Ich kenne kein Museum, was eine derartige Anzahl an verschiedenen Räumen zu einem Ganzen vereinigt. Dieses Ganze wirkt an keiner Stelle wirr oder fragmentarisch, und doch besteht es aus so vielen unterschiedlichen Raumsituationen, Farbsituationen, Materialsituationen, Proportionen, Bewegungsrichtungen, Raumerfahrungen zur Landschaft, nach innen, nach außen, dass ich nicht sagen könnte, was ist das prägende Element an diesem Museum, wenn nicht genau diese Vielfalt." So Wilfried Kuehn, Architekt und Mitkurator der Mönchengladbacher Ausstellung über eine Raumauffassung des Museums, die Hollein kurz darauf ein weiteres Mal prominent in Frankfurt erproben konnte. Dort baute er das im Volksmund so genannte "Tortenstück", das Museum für Moderne Kunst, das wiederum von der Vielfalt der Ebenen und Laufrichtungen lebt. Einst waren diese Häuser umstrittene Vorreiter der Postmoderne. Heute sind sie Klassiker.