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Ausstellung
Etappen der deutschen Comicgeschichte

Im Filmgeschäft ist der director's cut die Schnittversion, die ein Regisseur aus künstlerischen Gründen meist nach der ürsprünglich veröffentlichten Fassung seines Spielfilms gemacht hat, so wie er es eigentlich hätte machen wollen. In der Oberhausener Ludwigsgalerie wird nun eine Comic-Ausstellung gezeigt, die ebenfalls quasi als directors cut deutlich mehr zeigt als ihrer erste Version.

Von Achim Hahn | 12.09.2014
    "DUCK; Hallo? Hier spricht Batman! - Hast Du ne Ahnung, wo Lupo ist? - Die spinnen, die Römer! - Hey Superman! Oder wie wäre es mit Clark? - Hört doch auf."
    "Ich kann jetzt nur von Deutschland reden, darum geht's ja auch: Die ernsten Geschichten kommen nicht so gut an. Das ist so, zumindest aus meiner Beobachtung, das verkauft sich nicht so gut."
    Ralf König vor gut 15 Jahren.
    "Da hockt ein nackter Hetero auf Deinem Wohnzimmertisch."
    Er ist mit seinen Knollnasenmännern einer der Stars der Oberhausener Ausstellung, life im Rahmenprogramm, aber auch durch die großformatigen Originale, die er eigens für die Ludwig Galerie vor einigen Jahren gemacht hat. Inzwischen hat sich aber viel getan in der deutschen Comiclandschaft. Und das hat vor allem einen Grund:
    "Ganz ganz wichtig war, dass sich der Comic die Zeitungen zurückerobert hat wieder. Gerade um die Jahrtausendwende kam Ulf K. mit seinem "Exlibris" auch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und hat das losgetreten, was unglaublich auch motivierend für andere Blätter war, ihre eigenen Comics haben zu wollen."
    Der Ausstellungskurator Martin Jurgeit ist Comicexperte, ehemals der Herausgeber von Comixeene, einer der wichtigen Fachzeitschriften. Inzwischen jedoch eingestellt.
    "Und gerade über diese Tageszeitungen und in Ansätzen auch über Magazine haben deutsche Comickünstler ein Millionenpublikum wieder erobert, dass sie vorher so gar nicht mehr wahrgenommen hat."
    "Na dann!"
    Auch ein Künstler wie Ralf König hat davon profitiert. Und doch gilt - anders als im Comicausland - eines immer noch für den deutschen Comic:
    "Ankommen tut Humor."
    "Aha!"
    Inzwischen aber auch künstlerisch ambitionierte Grafic Novels oder Germangas, die spezifisch deutsche Form des japanischen Comicstils.
    "Unheimlich spannende Comickünstler, von denen wir viel zu wenige hier zeigen können in der Ausstellung."
    "Fuxen wir es Foxi? - Klar Fix!"
    Deutsche Comics - das sind eben nicht nur Vater und Sohn, Nick Knatterton oder Sigurd, Lurchi oder Mecki, und immer wieder Fix & Foxi mit so biederkomischen Figuren wie Lupo oder Oma Eusebia. Kinderkram mit Nostalgieeffekt. Sondern ebenso avantgardistische Ansätze von Künstlern wie Anke Feuchtenberger oder Hendrik Dorgathen. Kantig, extrem farbenbetont, surreal...
    "...wo's schon ganz explizit ums Zeichnerische ging, alles übrigens inzwischen Kunsthochschulprofessoren, und das hat sich in den letzten Jahren stark gedreht. Im Grunde geht es jetzt dem Großteil der Zeichner darum, Geschichten zu erzählen."
    Etappen der deutschen Comicgeschichte, die in der Oberhausener Ausstellung chronologisch in 15 Kapiteln präsentiert wird und schon aus Jubiläumsgründen mit dem Urvater der deutschen Bildergeschichte beginnt, dessen Klassiker.
    Mit „Ritze Ratze voller Tücke" und so...
    ... vor 150 Jahren erschienen ist - und...
    ...weil mit "Max und Moritz" wurde etwas losgetreten, was zu dem geführt hat, was wir heute als modernen Comic haben.
    Originale wie dieses hauchdünn mit Bleistift skizzierte Werk, häufig auch Vorstudien im Kontrast zu den tatsächlichen Druckversionen, die den Entstehungsprozess illustrieren, machen den Flair dieser Ausstellung aus. Dazu rare Zeitschriften- und Zeitungscomics; die avantgardistischen Comics der 90er Jahre; vereinzelte Skulpturen wie die nach Motiven aus Walter Moers Geschichten; aber auch ganz aktuell: Preisträger wie Mawil oder die 12 Metzger, die gerade erst den Max-und Moritz-Preis erhalten haben, den Comic-Oscar. - Ein weites Spektrum also bis hin zum Webcomic "Wormworldsaga" von Daniel Lieske, der am PC als endlos zu scrollende Leinwand eine ganz andere Erzählweise bietet.
    "Wir sind glaub ich an som Punkt, wo eigentlich ein Generationswechsel stattfinden müßte langsam, wo stärker jüngere Künstler nachkommen müßten, was wir so jetzt bei Preisverleihungen noch nicht erleben, man aber auf der anderen Seite nicht genau sagen kann, ob plötzlichzum Beispiel Internetcomics noch viel viel dominanter werden, das ist derzeit wirklich schwer vorherzusagen."
    "STREICH AUF STREICH - über 150 Jahre deutschsprachige Comics seit Max und Moritz" heißt die Ausstellung, als Hommage an den Urvater des deutschen Comics Wilhelm Busch, dessen Klassiker erstmals 1894 erschien.
    Ausstellungseröffnung: Samstag, 13. September 2014, 19:00 Uhr
    Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 11:00 – 18:00 Uhr Mo. geschlossen, 3. Okt. geöffnet, 24., 25., 31. Dez. und 1. Jan. geschlossen