"Mein Name ist Peter Bochmann"
Die Stimme kommt aus einem kleinen alten Fernseher.
"Ich war viele Jahre oder langjährig diensthabender Offizier and der Grenzübergangsstelle Friedrich/Zimmerstraße, bekannt als Checkpoint Charlie."
Bochmann hat kurze, graue Haare, trägt Brille, beiges Hemd und Hose und sitzt auf einer Holzbank an einem Küchentisch.
"Ich selbst war eigentlich immer stolz, dass ich dort als Offizier meinen Dienst verrichten durfte."
Besonders stolz war er auf das von ihm zusammengestellte Material zur besseren Identifizierung von gefälschten Pässen.
"So here we see some pencil drawings"
Wende-Museums-Kurator Joes Segal führt durch die Ausstellung. In Glasvitrinen liegen Filzstift-Zeichnungen auf kariertem Notizpapier: Augen, Ohren, Augenbrauen, Stirn und Kinn. Daneben handschriftliche Kategorisierungen in Blau, rot und grün: Kartoffelnase, fliehende Stirn, gewinkeltes Ohr. Außerdem pärchenweise angeordnete Schwarz-weiß-Porträts. Joes Segal:
"Die Pass-Kontrolleure sollten besonders auf den Augenabstand, Form von Kinn und Ohren achten. Dinge, die interessanterweise heute von Software für Gesichtserkennung und von Überwachungskameras benutzt werden."
"Ich wollte das einigermaßen wissenschaftlich machen, im Sinne dass ich Probanten habe unzählige Tests machen lassen. Diese Ergebnisse dieser Tests hab ich zusammengeführt akribisch und dann ausgewertet."
Nach der Wende ging der ehemalige Stasi-Mann mit den Unterlagen vergeblich bei Banken und Sicherheitsfirmen hausieren. Dann hörte er vom Wende Museum. Museumsgründer und Direktor Justin Jampol sagt: Bochmann war nicht der erste ehemalige Grenzoffizier, der ihm Material angeboten hat.
"Ausgerechnet Los Angeles, auf der anderen Seite der Welt und der ehemalige Klassenfeind! Sie haben trotzdem das Gefühl, von uns weniger verurteilt zu werden als von Westeuropäern und vertrauen uns, dass wir ihr Material fair behandeln."
Das Bochmann-Material ist nun Teil der Sammlung von mehr als 100.000 Gegenständen aus der Zeit des Kalten Krieges und steht Wissenschaftlern, Künstlern und Journalisten zur Verfügung. In der Ausstellung "Facial Recognition" ist es eingebettet in Arbeiten von Kriminologen, Anthropologen und Psychologen, die seit dem 18. Jahrhundert Zusammenhänge zwischen Äußerem und menschlichem Charakter herstellen. Parallelen zur Nazi-Rassenlehre sind offensichtlich. Der Blick in die Zukunft ist beängstigend: Software, die angeblich Gefühlszustände, Kaufimpulse und sexuelle Orientierung erkennen kann. Kurator Joes Segal:
"Diese Technologie entwickelt sich rasend schnell. Es ist ein boomendes Geschäft, aber es ist nicht fehlerfrei und eine der größten Fragen unserer Zeit ist: Wie viel Privatsphäre geben wir auf, um uns sicher zu fühlen?"
"Enter URME surveillance devices. using my own face as a decoy."
Was sich Bochmann nie hätte träumen lassen, bildet den letzten Teil der Ausstellung: die künstlerische Zerstörung von Gesichtserkennung zum Beispiel durch Plastik- Metall und Papiermasken oder Rotlicht-Schleier. Die Künstler konfrontieren Besucher direkt mit der Tatsache, dass ihre Gesichtszüge permanent analysiert und gespeichert, für politische und kommerzielle Zwecke benutzt werden. Museumsdirektor Jampol:
"Wir nehmen Geschichte des Kalten Kriegs als Anfang für Diskussionen um Themen, die uns jetzt bewegen. Nur so bleiben wir relevant. Sonst wären wir ja nur eine seltsame Institution, die sich mit Dingen befasst, die vor 25 Jahren tausende von Meilen entfernt passiert sind."
Peter Bochmann wird nicht nach Los Angeles kommen. Inzwischen in Rente sieht er seine Zeit am Checkpoint Charlie mit gemischten Gefühlen:
"Es war ein sehr schwieriger Dienst, der weniger Freude als viel Sorge bereitet hat."