Die Computerspiel-Figur Lara Croft ist Kult: Sie zierte das Cover von Zeitschriften, trat in Werbespots auf, und in Hollywood-Filmen wurde sie von Angelina Jolie verkörpert. Eine gelungene Adaption mit Wechselwirkung:
"Lara Croft begann als sehr cartoonhafte Spielfigur, wo auch eine rege Debatte darüber lief, ob es sich jetzt um eine post-feministische emanzipatorische Ikone oder doch nur wieder um eine Männerfantasie in Videospielgestalt handelt. Dieser Diskurs fand dann auch Eingang in die Spiele."
Der Medienwissenschaftler Andreas Rauscher hat die Ausstellung im Frankfurter Filmmuseum kuratiert. Der Blick in die Geschichte zeigt: Die Beziehung zwischen Computerspielen und Filmen war nicht immer so erfolgreich. Eines der berüchtigsten Beispiele und gleichzeitig das skurrilste Ausstellungsstück ist eine Cartridge von dem Computerspiel "E.T.". Ein kolossaler Flop der gerüchteweise in der Wüste von New Mexiko begraben wurde. Dort hat ein Archäologen-Team das Spiel im vergangenen Jahr tatsächlich wieder entdeckt:
"Das war eine solche Menge an Spielen, die nicht verkauft wurden, dass man diese in einem Art Game-Massengrab in der Wüste von New Mexiko entsorgte."
"Star Wars" als Paradebeispiel transmedialen Erzählens
Adaptionen sind aber längst nicht mehr die einzigen Überschneidungen zwischen Computerspielen und Filmen. Transmediales Storytelling ist die Bezeichnung für das Phänomen, Figuren oder Geschichten über verschiedene Medien hinweg zu erzählen, wobei die Eigenständigkeit jedes Mediums bewahrt bleibt. Das Paradebeispiel ist die Weltraum-Saga "Star Wars":
"Interessanterweise ist "Star Wars" deshalb so gut geeignet, weil es nahezu jedes Videospiel-Genre im "Star Wars"-Kontext gibt. Es gibt Rollenspiele, es gibt Shooter, es gibt Lego-"Star Wars"-Spiele, es gibt Strategie- und Puzzle-Spiele."
Ein anderes Beispiel für einen transmedialen Kosmos ist "Matrix". Hier wurden bereits während des Drehs zusätzliche Szenen produziert, die nur im Computerspiel zu sehen sind. Ein Gesamtkunstwerk. Aber das ist die Ausnahme.
"Es ist eher das Zusammenspiel der verschiedenen Medien. Im Prinzip muss für die Gamer eine interessante Spielerfahrung da sein. Für die Leute, die in den Film gehen, muss die Möglichkeit sein, dass sie auch einen Zugang dazu finden, wenn sie nicht das ganze Spiel gespielt haben."
Ein anderer Aspekt der Ausstellung sind die indirekten Wechselwirkungen zwischen Film und Computerspielen. Ähnlich wie in Filmen setzen Genres auch in Computerspielen den zeitlichen oder räumlichen Rahmen. Das Spiel "Red Dead Redemption" etwa erinnert in seiner Ästhetik und seinem Sound an klassische Western.
Umgekehrt haben auch Computerspiele ihre Spuren in Filmen hinterlassen. In "Lola rennt" von Tom Tykwer zum Beispiel wird die Handlung in einer Computerspiel ähnlichen Level-Struktur mehrfach erzählt. Und in Spike Jonzes Science-Fiction-Film "Her" muss sich der einsame Hauptdarsteller Joaquin Phoenix von einer Computerspielfigur beschimpfen lassen:
"Hallo? Weißt du, wie man hier raus kommt? Ich brauche mein Raumschiff, um von diesem Planeten weg zu kommen. - Fick dich, Arschgesicht, Blödarsch, Fickschädel."
Computerspiele als Film-Ersatz
Der Film gibt auch einen Vorgeschmack darauf, wohin die Entwicklung in den nächsten Jahren hingehen könnte. Denn immer mehr Spiel-Unternehmen forcieren die Spielkonsole als Multimedia-Anlage fürs Wohnzimmer. Computerspiele als Film-Ersatz sind längst ein Trend, der immer populärer wird.
"Es gibt inzwischen von sehr filmisch geprägten Spielen auf Youtube sogenannte Cinematic Playthroughs, in denen Spieler das gesamte Spiel in einer filmischen Inszenierungsweise durchspielen und aufzeichnen. Sozusagen sie nutzen das Spiel, um daraus einen Film zu produzieren, der ästhetisch entsprechend an die Konventionen des Kinos anknüpft."
Ein Spiel, das auf diese Weise auf der großen Leinwand funktioniert, ist die Wüsten-Reise "Journey", die in den vergangenen Jahren zahlreiche Auszeichnungen erhalten hat. Auch auf einem Filmfestival. Eine Gefahr für die Filmindustrie sind Computerspiele aber nicht. Die beeindruckende Ausstellung zeigt vielmehr: Computerspiele sind längst eine eigenständige Kunstform.
"Dass beides zu einem Medium verschmilzt, da wäre ich eher vorsichtig, weil die größten Enttäuschungen der 90er-Jahren in Bezug auf den interaktiven Film, die haben sich genau aus solchen vorschnellen Prognosen ergeben. Also sollte man eher schauen, wo sich ästhetisch beide Kunstformen bereichern können, als dass man jetzt versuchen würde, das krampfhaft zusammen zu führen."