Unweit seiner bekannten Galerie "Der Sturm" eröffnete der Berliner Kunsthändler, Schriftsteller, Verleger, Musiker und Komponist Herwarth Walden am 20. September 1913 den "Ersten Deutschen Herbstsalon". Schon der Titel war Programm: eine Anspielung auf den seit 1903 in Paris stattfindenden Salon d'Automne, dem damaligen Treffpunkt der Avantgarde. Der Maler Oskar Kokoschka, einer von Herwarth Waldens frühen Mitstreitern, erinnert sich Anfang 60er-Jahre:
"Die Idee war, internationale Begabungen ausfindig zu machen – als Protesterscheinung eigentlich gegen diese offizielle Kunsteinstellung, die in einem Porträt zum Beispiel darauf beschränkt war, dass die Leut' irgendwie ihren Reichtum oder ihre soziale Situation gezeigt haben und nicht den Menschen."
Walden, die zentrale Figur der frühen, avantgardistischen Moderne in Berlin, versammelte die unterschiedlichsten Künstler, Dichter, Theaterleute, Architekten und Musiker um sich. Die "neue Bewegung", wie er sie nannte, erstaunt daher allein durch die schiere Vielfalt ihrer Stile und Ausdrucksformen, die sich auch im Programm von Waldens Galerie und Zeitschrift "Der Sturm" widerspiegelten.
Der Erste Deutsche Herbstsalon sollte ein Kulminationspunkt dieser Bewegung werden, ein internationales Signal für das Neue – Ausstellung und zugleich Kunstmesse für junge, noch nicht etablierte Künstler; Gegenprogramm zur bereits etablierten Moderne, wie sie im Jahr zuvor auf der Kölner Sonderbund-Ausstellung gezeigt worden war.
Walden, der eigentlich Georg Levin hieß und in erster Ehe mit der Lyrikerin Else Lasker-Schüler verheiratet gewesen war, schrieb sendungsbewusst in seinem Vorwort zum Katalog des Herbstsalons:
Ich fühle mich zur Veranstaltung dieser Ausstellung berechtigt, weil ich vom Wert der hier vertretenen Künstler überzeugt bin. Weil ich mit den bedeutendsten Künstlern dieser neuen Bewegung persönlich befreundet bin. Befreundet durch eine Freundschaft, die durch gleiche künstlerische Anschauungen und Empfindungen entstanden ist. (...) Ich bin sicher, dass der unkünstlerische Teil des Publikums über diese Ausstellung und auch über mich lachen wird. Und ein guter Teil des Publikums auch, der sich ohne Berechtigung für künstlerisch hält. Diese Herrschaften möchte ich besonders warnen.
Mit hasserfüllten Gegenreaktionen hatte Walden schon seine Erfahrungen gemacht und durch Ausstellungen in seiner Galerie nicht zuletzt im Preußischen Abgeordnetenhaus eine Debatte über Kunst ausgelöst, die mancher Parlamentarier unter Applaus gar als "entartet" und "Symptom einer kranken Zeit" geschmäht hatte. Der Maler Franz Marc setzte dem im Katalog ein Manifest des "L'art pour L'Art" dagegen:
"Wir leben heute nicht in einer Zeit, in der die Kunst Helferin des Lebens ist. Was heute an echter Kunst entsteht, scheint eher der Niederschlag aller Kräfte zu sein, die das Leben nicht aufzubrauchen, aufzusaugen vermag; sie ist die Gleichung, die abstrakt gesinnte Geister aus dem Leben ziehen, wunschlos, zwecklos und ohne Hader."
Trotz der vielfachen Anfeindungen in der Tagespresse bedeutete der Herbstsalon für Herwarth Walden den Durchbruch in Deutschland – so auch für Künstler wie Willi Baumeister, Max Ernst, Wassily Kandinsky, Alexej Jawlenski oder Marianne Werefkin. Die Düsseldorfer Kunsthistorikerin Andrea von Hülsen-Esch konstatiert:
"Herwarth Walden hatte große Finanzierungsschwierigkeiten in den Anfängen. Er hatte Mäzene, die Künstler haben ihn finanziell unterstützt, und wirklich erstes Geld hatte er eigentlich ab dem Deutschen Herbstsalon 1913 gemacht, über den kurzen Zeitraum bis 1914. Dann brach alles ab."
Nachdem der Erste Deutsche Herbstsalon am 1. Dezember 1913 seine Pforten geschlossen hatte, gelang es Herwarth Walden in der Folgezeit, den Einfluss seiner Galerie auch finanziell noch zu vergrößern – obwohl seine Mäzene aufgrund des Ersten Weltkriegs weniger Geld gaben. Walden hatte begonnen, gegen Honorar nachrichtendienstliche Aufgaben zu übernehmen.
"Es lässt sich beobachten, dass gerade die Zeit des Ersten Weltkriegs diejenige der größten Prosperität der Galerie war. Er gründete eine 'Sturm'-Schule, einen Kunstbuchverlag, eine Buchhandlung, eine Bühne vor allen Dingen, und er stellte auch für alles die Künstler als Lehrer ein."
In einer paradoxen Wendung der Geschichte finanzierte so nun ausgerechnet das vor dem Untergang stehende deutsche Kaiserreich den Fortbestand der jungen Avantgarde.
"Die Idee war, internationale Begabungen ausfindig zu machen – als Protesterscheinung eigentlich gegen diese offizielle Kunsteinstellung, die in einem Porträt zum Beispiel darauf beschränkt war, dass die Leut' irgendwie ihren Reichtum oder ihre soziale Situation gezeigt haben und nicht den Menschen."
Walden, die zentrale Figur der frühen, avantgardistischen Moderne in Berlin, versammelte die unterschiedlichsten Künstler, Dichter, Theaterleute, Architekten und Musiker um sich. Die "neue Bewegung", wie er sie nannte, erstaunt daher allein durch die schiere Vielfalt ihrer Stile und Ausdrucksformen, die sich auch im Programm von Waldens Galerie und Zeitschrift "Der Sturm" widerspiegelten.
Der Erste Deutsche Herbstsalon sollte ein Kulminationspunkt dieser Bewegung werden, ein internationales Signal für das Neue – Ausstellung und zugleich Kunstmesse für junge, noch nicht etablierte Künstler; Gegenprogramm zur bereits etablierten Moderne, wie sie im Jahr zuvor auf der Kölner Sonderbund-Ausstellung gezeigt worden war.
Walden, der eigentlich Georg Levin hieß und in erster Ehe mit der Lyrikerin Else Lasker-Schüler verheiratet gewesen war, schrieb sendungsbewusst in seinem Vorwort zum Katalog des Herbstsalons:
Ich fühle mich zur Veranstaltung dieser Ausstellung berechtigt, weil ich vom Wert der hier vertretenen Künstler überzeugt bin. Weil ich mit den bedeutendsten Künstlern dieser neuen Bewegung persönlich befreundet bin. Befreundet durch eine Freundschaft, die durch gleiche künstlerische Anschauungen und Empfindungen entstanden ist. (...) Ich bin sicher, dass der unkünstlerische Teil des Publikums über diese Ausstellung und auch über mich lachen wird. Und ein guter Teil des Publikums auch, der sich ohne Berechtigung für künstlerisch hält. Diese Herrschaften möchte ich besonders warnen.
Mit hasserfüllten Gegenreaktionen hatte Walden schon seine Erfahrungen gemacht und durch Ausstellungen in seiner Galerie nicht zuletzt im Preußischen Abgeordnetenhaus eine Debatte über Kunst ausgelöst, die mancher Parlamentarier unter Applaus gar als "entartet" und "Symptom einer kranken Zeit" geschmäht hatte. Der Maler Franz Marc setzte dem im Katalog ein Manifest des "L'art pour L'Art" dagegen:
"Wir leben heute nicht in einer Zeit, in der die Kunst Helferin des Lebens ist. Was heute an echter Kunst entsteht, scheint eher der Niederschlag aller Kräfte zu sein, die das Leben nicht aufzubrauchen, aufzusaugen vermag; sie ist die Gleichung, die abstrakt gesinnte Geister aus dem Leben ziehen, wunschlos, zwecklos und ohne Hader."
Trotz der vielfachen Anfeindungen in der Tagespresse bedeutete der Herbstsalon für Herwarth Walden den Durchbruch in Deutschland – so auch für Künstler wie Willi Baumeister, Max Ernst, Wassily Kandinsky, Alexej Jawlenski oder Marianne Werefkin. Die Düsseldorfer Kunsthistorikerin Andrea von Hülsen-Esch konstatiert:
"Herwarth Walden hatte große Finanzierungsschwierigkeiten in den Anfängen. Er hatte Mäzene, die Künstler haben ihn finanziell unterstützt, und wirklich erstes Geld hatte er eigentlich ab dem Deutschen Herbstsalon 1913 gemacht, über den kurzen Zeitraum bis 1914. Dann brach alles ab."
Nachdem der Erste Deutsche Herbstsalon am 1. Dezember 1913 seine Pforten geschlossen hatte, gelang es Herwarth Walden in der Folgezeit, den Einfluss seiner Galerie auch finanziell noch zu vergrößern – obwohl seine Mäzene aufgrund des Ersten Weltkriegs weniger Geld gaben. Walden hatte begonnen, gegen Honorar nachrichtendienstliche Aufgaben zu übernehmen.
"Es lässt sich beobachten, dass gerade die Zeit des Ersten Weltkriegs diejenige der größten Prosperität der Galerie war. Er gründete eine 'Sturm'-Schule, einen Kunstbuchverlag, eine Buchhandlung, eine Bühne vor allen Dingen, und er stellte auch für alles die Künstler als Lehrer ein."
In einer paradoxen Wendung der Geschichte finanzierte so nun ausgerechnet das vor dem Untergang stehende deutsche Kaiserreich den Fortbestand der jungen Avantgarde.