Supercomputer sehen aus wie überdimensionierte Aktenschränke, ohne Monitor, ohne Tastatur. Und sie machen Krach.
"Wir stehen hier vor dem Juropa-System, das ist ein Clusterrechner mit über 30.000 Rechenkernen und dieser Rechner ist benutzt worden, um die Bilder von Herrn Ruff zu bearbeiten."
Die gigantische Halle steht voll mit Supercomputern. Nobert Attig vom Jülicher Forschungszentrum gibt sich große Mühe, gegen den Lärm der Kühlung anzureden. 40 Millionen Euro kostet so ein schneller Rechner.
Im Vorraum ist es ruhiger. Lipperts Kollege Wolfgang Frings erklärt, wie es zu der Zusammenarbeit mit Thomas Ruff gekommen ist.
"Die Idee von Herrn Ruff war es, dass er große hochauflösende Bilder machen wollte. Und er rechnet solche Fotogramme auch mit seinen Rechnern, aber er hat erkannt, das würde mit seinen Rechnern ein Jahr dauern. Deswegen war Wunsch und Frage, ob wir das auf den Supercomputern rechnen können."
Thomas Ruff hatte die Idee, Fotogramme am Computer zu produzieren. Fotogramme kennt man aus der Kunstgeschichte. Anfang des 20. Jahrhunderts haben Künstler wie Man Ray, Moholy Nagy oder Christian Schad damit herumexperimentiert: Ihr Ziel war es, Schwarz-Weiß-Fotos ohne Kamera zu machen. Sie arrangierten Gegenstände wie Gläser oder Kugeln auf lichtempfindlichem Papier und belichteten sie.
"Es ist Fotografie"
Thomas Ruff überführt die Fotogramme ins digitale Zeitalter. Alles was früher per Hand arrangiert wurde, baut er am Computer nach: von der Lichtquelle über den Gegenstand bis hin zum Papier. Die Krux: Seine drei Macs und sechs PCS im Düsseldorfer Atelier streikten, weil die Berechnung ungeheuer aufwendig ist. Deshalb bat er die Forscher in Jülich, ihm zu helfen. Mit Erfolg. Er konnte dort 15 Bilder in vier Monaten rechnen lassen. Kostenlos. Denn für die Forscher ist die Arbeit eine Win-win-Situation, wie Wolfgang Frings betont.
"Von den Bildern haben wir gar nichts gelernt. Aber von der Rechnerei. Das sind hohe Anforderungen an Datenhaltung, Transferleistung und an die Rechenleistung. Die Prozessoren werden sehr stark beansprucht, sie werden sehr heiß, das lassen wir einfließen in Überlegungen in ein Nachfolgesystem."
Gemeinsam mit dem Team aus Jülich geht die Reise weiter nach Gent. Im Kunstzentrum S.M.A.K. präsentiert Thomas Ruff seine Super-Fotogramme aus dem Supercomputer.
"Der Reiz am Fotogramm: Es ist Fotografie, keine Objekte, was auf den Bildern zu sehen ist, ist nur der Schatten. Es ist ein bisschen wie in Platons Höhle, wo man nur erahnen kann, wie die Objekte, eben auch hier. "
Ruffs Ehrgeiz war es, in der virtuellen Dunkelkammer nicht nur großformatige, sondern auch farbige Formate herzustellen. Es entstehen abstrakte Farbspielereien. Von der Linie bis zur kristallinen Struktur. Die Bandbreite der Bilder ist enorm:
"Wahrscheinlich denken, sie sie sehen auf Linsen, aber die Linsen sind nicht sichtbar. Es ist nur die Lichtbrechung. Wie wir wahrnehmen, darum geht es natürlich und wie viel Illusionismus in der Fotografie ist und wie unser Bewusstsein permanent daran glaubt."
"Ich bin Künstler"
Mit einem Cinema-4-D-Programm arbeitet er an der Komposition. Aber: Hat das noch irgendetwas mit Fotografie zu tun?
Ruff:
"Wenn Sie mich fragen: 'Herr Ruff, sind Sie Fotograf?' Dann würde ich sagen: nein, ich bin Künstler."
"Wenn Sie mich fragen: 'Herr Ruff, sind Sie Fotograf?' Dann würde ich sagen: nein, ich bin Künstler."
Die Ausstellung im Genter S.M.A.K. schlägt einen weiten Bogen. Neben der neuesten Fotogramm-Serie sind auch alte Arbeiten zu sehen. Die Innenaufnahmen piefiger 50er-Jahre Wohnungen, die Serie von Sternenbildern der späten 80er-Jahre, die Aufnahmen von Düsseldorf durch ein Nachtsichtgerät aufgenommen. Die Kamera scheint im Laufe der Zeit immer unbedeutender zu werden. Eine der eigentlichen Absichten des Künstlers kommt immer klarer zum Vorschein:
Ruff geht auf Distanz zur Wirklichkeit, um den Formen ein Eigenleben zu geben. An der Fotogramm-Serie will Ruff weiter arbeiten. Die Kooperation mit Jülich ist allerdings vorerst vorbei.
Ruff:
"Wie sagt man so schön: Es ist noch nicht alles dazu gesagt. Nur ich muss jetzt überlegen: Wie schaffe ich das ohne Jülich. "
"Wie sagt man so schön: Es ist noch nicht alles dazu gesagt. Nur ich muss jetzt überlegen: Wie schaffe ich das ohne Jülich. "