Der holzgetäfelte Festsaal ist mit filigranem Blütenmustern auf rotem Grund dekoriert. In kleinen Medaillons sind Bären, Wölfe und Pfauen zu sehen, neben der Tür eine Mariendarstellung. Das Aleppo-Zimmer, um 1600 im christlichen Viertel der Stadt entstanden, wurde 1912 für Berlin angekauft und gehört zu den berühmtesten Exponaten im Museum für Islamische Kunst. Es vermittelt einen Eindruck von der alten Pracht Aleppos. Seit dem Krieg aber zieht sich eine Schneise der Zerstörung durch die Stadt, sagt Stefan Weber, der Direktor des Museums für Islamische Kunst:
"Es ist allerdings noch immer nicht Berlin 45, sondern es ist in vielen Teilen auch noch ganz okay. Zwanzig Prozent des Baubestandes ungefähr sind Totalverslust, fünfzig Prozent sind beschädigt bis schwer beschädigt, also auch wieder restaurierbar und der Rest ist nicht betroffen."
Die älteste durchgehend bewohnte Stadt
Seit 2013 arbeitet das Museum gemeinsam mit dem Deutschen Archäologischen Institut an einem digitalen Archiv, um das kulturelle Erbe Syriens festzuhalten. 340.000 Fotos, Pläne, Skizzen sind inzwischen im Syrian Heritage Archive Project gespeichert. Sie stammen aus den Forschungen zu den sechs UNESCO Welterbestätten in Syrien. Inzwischen konzentriert sich das Projekt auf die Altstadt von Aleppo, die wenige Jahre vor dem Krieg restauriert worden war.
"Aleppo ist die älteste durchgehend bewohnte Stadt der Welt, das muss man sich mal vorstellen, 5000 Jahre, davon 3000 sicherlich nachgewiesen. Wir gehen davon aus, dass die Stadt noch älter ist. Nummer Zwei: Aleppo war das Tor zur Seidenstraße, eine riesige Handelsmetropole, die um 1600 mit 200.000 Einwohnern ungefähr so groß war wie London."
Vor Ort fehlen die Dokumente
Die Ausstellung "Kulturlandschaft Syrien", die mit der Dauerausstellung im Museum für Islamische Kunst verbunden ist, gibt einen Eindruck von der neuen Aufgabe der Archäologen, dem digitalen Bewahren, dem virtuellen Rekonstruieren. Forscher aus der ganzen Welt haben ihre Aufzeichnungen beigesteuert. In einer Vitrine liegen ihre Diakästen und Notizbücher aus und wirken rührend analog. Die akkuraten Dokumentationen der Wissenschaftler bilden den Kern der Sammlung, die inzwischen zum umfassendsten Archiv außerhalb Syriens herangewachsen und in drei Sprachen zugänglich ist, englisch, deutsch und arabisch:
"Einerseits ist es so, dass die Archive von Aleppo zum Teil verschwunden sind. Und nach den direkten Kampfhandlungen ist das Archiv des Antikendienstes zerstört worden oder geklaut worden, wir haben da ganz unklare Berichte. Auf jeden Fall können die wenigen Akteure, die es noch gibt vor Ort, es gab ja einen sehr großen brain draft, die können sehr oft ein Gebäude gar nicht bewerten, weil es nicht dokumentiert ist."
Deutsch-syrische Zusammenarbeit
Drei Folgeprojekte sind aus der generellen Bestandsaufnahme entstanden. Sie sollen helfen, weitere Zerstörungen durch ungeplanten Wiederaufbau zu verhindern. Zum einen wurden die Baudenkmäler von Aleppo katalogisiert, zum anderen wurde ihre Zerstörung systematisch dokumentiert, so Weber:
"... um zu überlegen: Wie kann man ein Gebäude auf unterschiedliche Weise mit Akteuren vor Ort, mit Handyfotos, auf Luftfotos, systematisch erfassen, um die Zerstörung nach denkmalpflegerischen Grundsätzen zu bewerten, um am Tag X eine solche Bewertung vorliegen zu haben."
Zum fünfzehnköpfigen Team gehören neun Kolleginnen und Kollegen aus Syrien, die Neuigkeiten aus erster Hand erfahren. Inzwischen liegen detaillierte Informationen zu siebzig Gebäuden vor. Das "Syrian Heritage Archive Project" arbeitet für die Zukunft, wenn es die politischen Verhältnisse in Syrien erlauben, das einzigartige kulturelle Erbe des Landes wieder aufzubauen.