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Ausstellung "My Home is My Parcel"
"Architektur ist eine Reaktion auf gesellschaftliche Veränderungen"

Verpackungsmüll, verstopfte Straßen, jede Menge Retouren: Die Ökobilanz des Online-Handels ist sehr schlecht. Das weiß auch Holger Kleine, Leiter der Frankfurter Ausstellung "My Home is My Parcel". Zusammen mit seinen Studierenden hat er überlegt, wie Onlineshopping den öffentlichen Raum verändert.

Holger Kleine im Corsogespräch mit Bernd Lechler |
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Öffentlicher Raum als Schnittstelle zwischen Paket und Kund_innen: My home is my parcel (Ferdinand Hieronymi)
"My home is my castle", die englische Redewendung vom Zuhause als Schutzburg, ist bekannt. Eine Ausstellung im Deutschen Architekturmuseum in Frankfurt am Main variiert diesen Spruch: "My Home is My Parcel" - Onlineshopping ist ja schon lange ein umstrittener Trend: Praktisch, aber anonym killt er den Einzelhandel, lässt am Ende die Innenstädte veröden, erzeugt Verkehr und beutet Kuriere aus.
Vom hybriden Gebäude zum Retourenkaufhaus
Studierende der Innenarchitektur an der Hochschule RheinMain haben unter der Leitung von Holger Kleine und Uwe Münzing Lösungsideen zu diesen Fragen entwickelt, die wiederum in "my home is my parcel" gezeigt werden. So wurde etwa ein hybrides Gebäude konzipiert, in dem sich Paketlager mit Kinderbetreuung, Musikprobenräumen und Elterncafé verbinden oder ein "Retourenkaufhaus", wo die "retournierte Ware gleich vor Ort sortiert und wieder angeboten werden kann", so Holger Kleine. Die Ganze seien nicht ausschließlich Denkmodelle, sondern Ideen, die "heute schon realisiert werden könnten" und die Ausstellung diene auch "dem Zweck, die Investoren auf diese Ideen aufmerksam zu machen", meinte der Architekt.
Verbindung zwischen Architektur und gesellschaftlichen Veränderungen
Architektur reagiere immer auch auf gesellschaftliche Entwicklungen oder Ereignisse: "Als Mängelwesen baut der Mensch ja nur, um Schmerz zu vermeiden und Lust zu vergrößern", sagte Holger Kleine. Das Bauen in den 1920er-Jahren sei ein gutes Beispiel dafür: Es stand unter dem Motto "Licht, Luft, Sonne, hatte also mit Hygiene zu tun". Allein der Stadtgrundriss sollte zur Eindämmung der Tuberkulose führen.
Was eventuelle neue Bau- und Architektur-Trends in der Zeit nach der Corona-Pandemie anbetreffe, so beobachte er, dass "viele Aktivitäten, die bisher in Innenräumen stattfinden, jetzt im öffentlichen Raum stattfinden", so der Architekt. Ein potenzieller Mentalitätswandel, der sich auf Dauer "auch in unserem Bauen" niederschlage, meinte Holger Kleine im Deutschlandfunk.
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