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Ausstellung
Schülerguides vermitteln Wissen über den Islam

Seit einer Woche ist die Wanderausstellung "Was glaubst du denn?! Muslime in Deutschland" in einem Dresdner Gymnasium zu sehen. Die Schau gastiert also in jener Stadt, in der montags Tausende gegen Islamisierung auf die Straße gehen. Durch die Ausstellung führen ausgebildete Schüler ihre Mitschüler.

Von Beate Dietze |
    Die ersten Besucher betrachten am 19.03.2015 in Dresden (Sachsen) im Bertolt-Brecht-Gymnasium die neue Ausstellung "Was glaubst du denn?! Muslime in Deutschland". Die interaktive Schau ist ein Wanderprojekt der Bundeszentrale für politische Bildung.
    Am Bertolt-Brecht-Gymnasium in Dresden ist die Ausstellung "Was glaubst du denn?! Muslime in Deutschland" zu sehen. (picture alliance / dpa / Matthias Hiekel)
    Es ist ein Morgen wie jeder andere am BeBe - dem Bertold Brecht-Gymnasium. Die Mädchen und Jungen strömen in ihre Klassenzimmer. Vorbei an den Schülern der 8-2, statt Bio und Englisch steht heute ein Ausstellungsbesuch auf ihrem Stundenplan. In Grüppchen warten sie vor dem Lichthof. Hinter der großen Glasfront sind Stellwände aufgebaut. Porträts junger Frauen mit und ohne Kopftuch schauen uns an. Punkt halb acht öffnet sich die Tür, Tim und Matti stellen sich vor.
    " Ich bin Matti, ich gehe in die zehnte Klasse vom BeBe logischerweise und ich habe an diesem Workshop teilgenommen, der mich jetzt praktisch berechtigt, hier die Schüler zu begleiten durch diese Ausstellung."
    "Ja, ich bin der Tim, gehe auch in die zehnte Klasse und habe auch so eine Ausbildung zum Peer Guide gemacht."
    Groß und ein bisschen schlaksig stehen die 16-Jährigen vor der Schülergruppe. Tim in Jeans und Kapuzenshirt, Matti mit Sweatshirt und kurzen Hosen. Für Tim ist's eine Premiere. Matti hat dagegen schon Routine. Vier Tage hat die Ausbildung zum Peer Guide gedauert. Doch das Thema ist den beiden sehr wichtig - vor allem wegen Pegida, meint Timm.
    "Man weiß halt nicht wirklich Bescheid, auch mit den genauen Zahlen. Diese Wutbürger der Pegida ... halt immer so was wie 40 Millionen Muslime in Deutschland und die nehmen alle Arbeitsplätze weg und diese ganzen Klischees - und damit aufzuräumen."
    Und auch Matti räumt freimütig ein, dass er viel Neues gelernt hat
    "Ja, wir haben auch den Unterschied von Sunniten und Schiiten, den wusste ich bisher auch nicht , den haben wir da auch geklärt. Weil diese Fragen kommen ja auch relativ häufig von Schülern und da sollte man ja wenigstens Bescheid wissen."
    "... mag halt auch tolerante Freunde haben"
    Matti und Tim teilen die Klasse . Matti testet als erstes, was die Schüler wissen, lässt Begriffe aufschreiben und vorlesen, die den Schülern zum Islam einfallen
    "Es ist jetzt glaube ich vier- oder fünfmal der Begriff Islamisierung gefallen. Wie würdet ihr Islamisierung definieren, den Begriff? ... Ich glaube, dass das eher so eine Sorge ist, die jetzt einfach von welchen so in die Welt getragen wurde und dass die meisten das auch nicht mehr verstehen, was das bedeutet."
    Matti hakt nach, ordnet ein, lobt, wenn die Antworten richtig sind. Auch der rothaarige Tim schlägt sich gut. Nur manchmal blättert er in seinem Hefter mit dem Arbeitsmaterial zur Ausstellung. Es läuft gut, sagt er lächelnd. Seine Gruppe schaut sich gerade kurze Video-Clips an. Junge Muslime, darunter Melissa, erzählen über ihre Familie, ihre Wünsche und ihre Religion. Dann vergleichen die Schüler mit ihrem Leben. Bettina, ein kleines zierliches Mädchen, die schwarzen Haare hochgesteckt, meldet sich zu Wort:
    "Also meine Eltern sind beide aus Vietnam. Und ich komme halt nicht aus Vietnam und wurde hier in Deutschland geboren. Und Zukunft weiß ich halt noch nicht, was ich gerne mache. Weil also ... ich bin halt erst 14. Und bei Beziehung habe ich fast das gleiche wie bei der Melissa und mag halt auch tolerante Freunde haben."
    Und die Schüler stellen fest, dass Muslime nicht anders sind als sie. Inzwischen hat sich auch Geschichtslehrer Gil Brestrich unter die Gruppe gemischt. Er findet die Ausstellung sehr gut und hofft, dass damit in den Köpfen der Schüler etwas erreicht wird. In der Schule darüber zu diskutieren, ist schwierig. Im normalen Unterricht ist kaum Zeit dafür, räumt der Lehrer ein.
    "Ich habe den Luxus im Profil in Klasse 10, da haben wir viel gesprochen über die Pegida-Geschichte und ich bin eigentlich der Meinung, dass es bei den Schülern, mit denen ich reden konnte immer sozusagen ..., dass sie auch Unverständnis hatte gegenüber der Pegida-Bewegung. Ich kann mir aber vorstellen, dass es auch viele Elternhäuser gibt, die das unterstützen."
    Doch viele Schüler machen sich Sorgen wegen Pegida und der wachsenden Ausländerfeindlichkeit. Denn hier am BeBe hat ein Fünftel der Kinder und Jugendlichen ausländische Wurzeln, erzählt Schulleiter Marcello Meschke. Da hat er die Ausstellung "Was denkst denn du – Muslime in Deutschland" kurzerhand in' s Haus geholt
    "Wir haben dann aber auch in Gesprächen diskutiert, wir können jetzt die anderen, die eine andere Position dazu haben, auch nicht überfahren. Also die müssen wir dann trotzdem mit reinholen. Und da war uns bewusst, dass das nicht so einfach ist. Und mit dieser Ausstellung gelingt das aber."
    90 Minuten dauert die Führung – dann trommeln Matti und Tim die Klasse am Eingang zusammen Sie wollen wissen, was die Schüler von der Ausstellung halten - und natürlich auch, wie sie mit ihren Peer Guides zufrieden sind.
    "Klang echt gut von euch ... Und dass man da selber noch was machen musste mit den Filmen, die wir uns aussuchen durften und wo wir dann selber entscheiden mussten, wen wir für einen Muslim halten, ich fand das sehr gut. ... Das mit dem Erraten hat halt auch gezeigt , dass man das nicht nur am Aussehen festmachen kann."
    Lob für die Ausstellung. Lob für die Peer Guides - die ein bisschen geschlaucht sind. Doch zum Durchatmen bleibt keine Zeit, in der nächsten Stunde schreiben die beiden eine Mathearbeit.