Ob David Henry Thoreau die kompakte Holzkiste wirklich selber gezimmert hat, ist nicht ganz sicher. Doch seine Tagebücher, die darin aufbewahrt worden sind, passen perfekt hinein. Dieses einfache Holzmöbel eröffnet neben Thoreaus ebenso einfachem grünen Schreibtisch die Geburtstagsausstellung in der New Yorker Morgan Library. Das Zentrum bilden die Tagebücher oder besser, Thoreaus Praxis des Tagebuchführens und das, was diese Praxis über den Menschen, den Schriftsteller, Naturphilosophen und quasi Nationalheiligen der Vereinigten Staaten verrät:
Das Tagebuch sei das Kernunternehmen von Thoreaus Leben gewesen, so Kuratorin Christine Nelson, gleich nach dem Akt des Lebens an sich. "Die meisten Leute halten Thoreau für jemanden mit festen Überzeugungen. Aber wer 24 Jahre lang ein Tagebuch führt, braucht einen offenen Geist. Thoreau hat seine Ansichten ständig revidiert. Er spazierte täglich dieselben Wege entlang, studierte dieselben Pflanzen und sprach mit denselben Nachbarn, um dann nach Hause zurückzukehren, sich an sein Pult zu setzen und schreibend aufs Neue auszumachen, wo er sich im Leben befand."
Das Tagebuch sei das Kernunternehmen von Thoreaus Leben gewesen, so Kuratorin Christine Nelson, gleich nach dem Akt des Lebens an sich. "Die meisten Leute halten Thoreau für jemanden mit festen Überzeugungen. Aber wer 24 Jahre lang ein Tagebuch führt, braucht einen offenen Geist. Thoreau hat seine Ansichten ständig revidiert. Er spazierte täglich dieselben Wege entlang, studierte dieselben Pflanzen und sprach mit denselben Nachbarn, um dann nach Hause zurückzukehren, sich an sein Pult zu setzen und schreibend aufs Neue auszumachen, wo er sich im Leben befand."
Bleistifte, Naturkalender, Schloss und Riegel erzählen Thoreaus Geschichte
In der Ausstellung sind Passagen aus den 40 dicht beschriebenen Kladden mit Gegenständen aus Thoreaus Alltag gepaart. Da ist ein Bündel Bleistifte aus der Fabrik von Thoreaus Vater, für die er zeitweise arbeitete und unter anderem ein Verfahren entwickelte, durch das Minen aus minderwertigem Graphit durch das Beimischen von Ton verbessert werden konnten. Da sind getrocknete Pflanzen aus seinem Herbarium und der Naturkalender, den er anlegte. Letzteren benutzen Wissenschaftler der Harvard University heute in ihrer Forschung zum Klimawandel.
Und da sind Schloss und Riegel, hinter denen Thoreau 1846 jene Nacht im Gefängnis verbrachte, die zu seinem berühmten Essay "Über die Pflicht zum Ungehorsam gegenüber dem Staat" führte. Thoreau, ein leidenschaftlicher Sklavereigegner, hatte sich geweigert, einem Staat Steuern zu zahlen, der die Sklaverei duldete.
Aus den zwei Jahren, zwei Monaten und zwei Tagen, die Thoreau Mitte der 1840er Jahre in einer selbst gebauten Blockhütte am See Walden Pond verbrachte, stammt das Fernglas, mit dem er Vögel beobachtete, deren Federn er in seinem Journal skizzierte. "Walden", das Buch über diesen Aufenthalt, diese Bibel der Aussteiger, ist wie jede Bibel wild interpretiert und vielfach missverstanden worden.
Jenseits der Stereotype und Verklärung
Die Tagebucheinträge, auf denen "Walden" beruht, zeigen Thoreau nämlich keineswegs als Asketen und Weltflüchtling. Er ist das Gegenteil eines Einsiedlers und Ego-Guckers, der vor lauter Innerlichkeit blind für alles um sich herum war.
Thoreaus Freude an seiner Umgebung und am Dasein überhaupt sei in jeder Zeile spürbar, sagt Christine Nelson: Er entpuppe sich als Mensch, der sämtliche Sinne nutze, um alles in sich aufzunehmen. Dazu gehörten Besuche von und bei Freuden, von denen er in seiner Hütte ja nur wenige Kilometer entfernt war, und die Apfelkuchen, die die Haushälterin seiner Eltern ihm regelmäßig vorbeibrachte.
Diese Ausstellung bietet Besuchern die Möglichkeit, Henry David Thoreau jenseits der Stereotype und Verklärung zu entdecken. Zur Selbsterkenntnis muss man danach freilich allein finden.
Thoreaus Freude an seiner Umgebung und am Dasein überhaupt sei in jeder Zeile spürbar, sagt Christine Nelson: Er entpuppe sich als Mensch, der sämtliche Sinne nutze, um alles in sich aufzunehmen. Dazu gehörten Besuche von und bei Freuden, von denen er in seiner Hütte ja nur wenige Kilometer entfernt war, und die Apfelkuchen, die die Haushälterin seiner Eltern ihm regelmäßig vorbeibrachte.
Diese Ausstellung bietet Besuchern die Möglichkeit, Henry David Thoreau jenseits der Stereotype und Verklärung zu entdecken. Zur Selbsterkenntnis muss man danach freilich allein finden.