Das ist nicht der nächste Hit von Taylor Swift. Es handelt sich um ein synthetisches Lied aus dem experimentellen Film "Being Human" der Künstler Christopher Kulendran Thomas und Annika Kuhlmann.
Annika Kuhlmann: "Wir haben uns das Ziel gesetzt, es nachzubauen quasi und haben mit einem Komponisten aus New York, Aron David Ross, gemeinsam Taylors gesammten Back Catalogue durchanalysiert und haben daraus dann diesen Song synthetisiert. Es ist quasi so ein Destillat eines Taylor-Swift-Songs – oder der Song, der noch auf '1989' gefehlt hätte."
Taylor Swift tritt in diesem Film als Deep Fake auf, also als täuschend ähnliche künstliche Figur, der man beliebige Worte in den Mund legen kann. Das ist noch der zugänglichste Teil des Films, in dem es um den Freiheitskampf der Tamilen in Sri Lanka geht und um die Frage, was Humanismus und Menschenrechte sind.
Die Künstler in dieser Ausstellung bedienen sich bei den Methoden der Künstlichen Intelligenz, um herauszufinden, was uns heute noch als Menschen ausmacht. "Uncanny Valley" ist tatsächlich die erste Kunstausstellung im Silicon Valley, die sich um diese Themen rankt. Der Titel beschreibt das ungute Gefühl, das uns beschleicht, wenn die KI-Figuren und Roboter uns immer ähnlicher werden, aber eben doch nicht ganz genau so sind wie wir.
Der Arbeiter im Käfig von Amazon
Claudia Schmuckli, die Kuratorin der Ausstellung, will sich absetzen von den Visionen intelligenter Maschinen, wie sie uns das Science-Fiction-Genre präsentiert:
"Ja, ich wollte wirklich herausfinden, was die Imagination hinter künstlicher Intelligenz ist, wenn man diese spekulativen Fantasien so ein bisschen eliminiert. Diese futuristischen Visionen, die sind extrem wichtig und haben auch unsere Idee von künstlicher Intelligenz extrem formiert, das Genre ist ja 'alive' und 'well', aber mich hat einfach interessiert, ob es nicht auch eine andere Imagination von künstlicher Intelligenz geben kann, die mehr in der Realität von künstlicher Intelligenz, wie wir sie heutzutage erfahren, basiert ist."
Der in Berlin lebende neuseeländische Künstler Simon Denny hat im Internet ein Patent entdeckt, in dem die Firma Amazon einen Käfig beschreibt, in den sie ihre Arbeiter stecken will:
"Diesen Käfig hat Amazon 2016 patentiert. Ich habe aus der Patentzeichnung eine Skulptur gemacht. In dem Käfig sollen menschliche Arbeiter sitzen, die sich im Warenlager in der Umgebung von Robotern bewegen. Also einerseits eine Sicherheitsmaßnahme, andererseits ein sinistres Symbol für die Beziehung von Mensch und Roboter. Und dann habe ich noch eine Ebene hinzugefügt: ein virtueller Vogel, den man im Käfig herumfliegen sieht, wenn man ihn mit dem Smartphone anschaut. Das ist für mich sozusagen der Kanarienvogel im Kohleschacht, ein Frühwarnsystem für die Menschheit."
Auch wenn der Käfig nie gebaut werden wird, es gibt in Fabriken und Lagerhallen zunehmend Sperrzonen, zu denen Menschen keinen Zutritt haben, weil sie die Arbeit der Roboter stören würden.
Neue Techniken als Vehikel für Kritik
Die 14 Künstler dieser Ausstellung, die alle miteinander digital vernetzt sind, sind versiert in den neuen Techniken und nutzen sie als Vehikel für ihre Kritik. Es gibt kaum Kunstwerke im klassischen Sinn, alles ist Installation, es summt und brummt, vieles ist interaktiv, manches ein bisschen verkopft. Der Sinn erschließt sich oft nur, wenn man das Kleingedruckte zu den Werken liest. Die Kunst hier geht gegen den Datenkapitalismus, gegen die Eliminierung der Privatsphäre. Erleben wir eine neue Ära des Agitprop?
Claudia Schmuckli: "Agitprop? Doch, ich finde es ist zum Teil schon Agitprop. Ich meine, die sind jetzt nicht propagandistisch in der Art und Weise, wie wir das vom frühen 20. Jahrhundert gewöhnt sind, aber es sind definitiv kritische Arbeiten mit einer sehr starken politischen Message, die ich einfach wichtig empfand in die Öffentlichkeit zu bringen."
Kulturferne Technokraten im Silicon Valley
Dass das die Technokraten in den Silicon-Valley-Konzernen stören wird, darf man bezweifeln. Wenn sie überhaupt in die Ausstellung gehen. Sie gelten als eher kulturfern, das hat auch Annika Kuhlmann beobachtet:
"Vielleicht auch, weil sie selbst mittlerweile eine Avantgarde der Gesellschaft darstellen und vielleicht das Gefühl haben, dass sie mit ihrer Arbeit effektiver zu der Gesellschaft beitragen können und radikaler, als die Kunst das kann. Das ist natürlich ein spannender Gedanke, mit dem wir uns viel auseinandersetzen."
Die Kritik an dieser selbstherrlichen Haltung wächst – nun ist sie auch in den Museen angekommen.