Viel zu hören ist hier nicht, zu sehen dafür umso mehr: Drei Breakdancer bewegen sich auf einem Holzgerüst, dessen Zweck nicht erkennbar ist. Immer wieder nehmen die Tänzer neue Posen ein, verschränken sich mit den Holzteilen und untereinander. Es gibt keine Musik, so richtet sich die Aufmerksamkeit nur auf die Dynamik der Körper. Was machen die da?
Architektur, Bühnenbild und Tanz überlagern sich
Es ist mehr eine physische Performance als zeitgenössischer Tanz. Was bleibt, sind die ausdrucksstarken Körper, erklärt Hygin Delimat, Breakdancer und Choreograph der Aktion.
Für das Architekturforum von Oberösterreich haben Künstler aus verschiedenen Werk- und Baustoffen Objekte entworfen, mit denen die Tänzer arbeiten, so auch ein Papierobjekt oder eine Platte mit Drahtschleifen.
"Die Tänzer mit ihrem ganz anderen Zugang haben das ausgeweitet, diese Sicht, was mit einem Material möglich ist und wie man damit umgehen kann. Zum Beispiel diese Holzplatten - an die hat sich kein Künstler herangetraut. Aber die Tänzer sind ganz begierig drauf gestürzt und haben damit ganz viele Dinge machen können"
... erklärt Anna Firak, eine der Projektverantwortlichen von "architektur + tanz". Neben diesen beiden sind nämlich auch andere künstlerische Disziplinen, die an den Unis der Landeshauptstadt Linz angeboten werden, eingebunden. International bekannt ist die Industriestadt Linz für das Ars Electronica Festival. Das Architekturforum Oberösterreich ist ein vergleichsweise kleiner Player, umso ehrgeiziger verfolgt man experimentelle Ansätze.
An der Konzeption von "architektur + tanz" war auch der Architekt Franz Koppelstätter beteiligt:
"Der gemeinsame Nenner von Architektur und Tanz ist der Raum. Der Begriff von Raum, da sind die Architekten Spezialisten, für die physische Produktion von Räumen. Aber um einen Raum zu konstruieren und zu produzieren, braucht es auch die Nutzung. Und Tänzer sind exaltierte Nutzer von Raum, weil sie die Limits ausloten. Wenn man einen Passanten hernimmt, der geht durch den Raum. Der Tänzer kann das auch, aber mit einer ganz anderen Betonung und Auslotung des Raums."
Eine Stunde dauert die Performance, die Tänzer beginnen auf dem Platz vor dem Gebäude und arbeiten sich dann ins Innere vor. Zuerst kommen sie in einen großen Raum mit den verschiedenen Objekten, wie dem Holzgerüst, der Platte mit den Drahtschleifen, großen Holzplatten - daran arbeiten sich die Tänzer ab.
"Wir sind von verschiedenen Rohmaterialien ausgegangen, wie Maschendrahtzaun, Drähte, Faser-Zementplatten, (die wir direkt aus dem Werk hatten), die wir formen konnten, bis sie sich verfestigt haben", sagt Anna Firak
Wenn diese Zementplatten aushärten, sind sie normalerweise flach und dienen zur Verkleidung von Fassaden. Hier wurden sie an die Körper der Tänzer angepasst und erscheinen als seltsame Skulpturen, die sich die Tänzer "anziehen". Andere Impulse kommen von den Künstlern, die mit den Materialien arbeiteten - und arbeiten, erklärt Anna Firak.
"Dann haben wir zweidimensionale Materialien, wie Kreide, die man auf eine Oberfläche malt, und die den Raum gestaltet."
Die Künstlerin, die während der Performance mit Kreide am Boden den Tanzbereich definiert, bringt auch zusätzliche Interaktion, Dynamik und Spannung.
Ein experimentelles Projekt
Das Konzept von Architekt Franz Koppelstätter zielt auf Konzentration und Verdichtung:
"Normalerweise passieren diese Raumproduktion und Tanz oder Bewegung nacheinander- ein Architekt baut einen Raum, eine Bühnenbildnerin baut ein Bühnenbild, und die Artisten, die Tänzer benützen das dann. Und was wir hier vorgehabt haben, war, diese Faktoren zu überlagern, also gleichzeitig passieren zu lassen."
Für die Architektur, in deren Rahmen die Tanzperformance ja stattfindet, sieht Franz Koppelstätter eine Erweiterung des Vorstellungsraumes: Das Denkbare kann und soll über die konkrete Planung hinausgehen - das wird durch experimentelle Projekte wie "architektur + tanz" spürbar.
"Die Architekten sollen nicht anfangen zu tanzen, von Anfang an sollten sich die Disziplinen nicht verwechseln, sondern uns interessiert, wo sie sich überschneiden. Die Architekturproduktion ist sehr funktional und rational, da geht es um Kalkulation, um Statik, um Organisation. Was fehlt, ist ein nicht-rationaler Aspekt, den wollen wir wieder einführen oder betonen."
Die 2. Performance "architektur + tanz" findet am 19. Oktober im afo Architekturforum Oberösterreich statt. Die Ausstellung kann vom 20. Oktober bis 17. Dezember 2016 im Architekturforum besucht werden.