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Ausstellung "Welcome to Schlawaffenland"
Waffen aus Lebkuchen - als Flüchtlingshilfe

In Kriegsgebieten hantieren oft schon Kinder und Jugendliche mit schweren Waffen. Sollten die Waffen da nicht lieber aus Zucker sein? Das dachte sich ein Münchener Grafikbüro und beauftragte Fotografen, Bilder mit einer Waffe aus Lebkuchen zu schießen. Die Fotografien werden jetzt ausgestellt und verkauft. Die Erlöse fließen in die Flüchtlingshilfe.

Von Andi Hörmann |
    Kinder ahmen mit selbstgebastelten Waffen den Krieg der Erwachsenen nach, aufgenommen während des jugoslawischen Bürgerkriegs im kroatischen Borovo im November 1991.
    Bilder von Kindern mit Waffen haben die Ausstellungsmacher zu ihrer Aktion inspiriert. (picture-alliance / dpa / afp)
    "Hier ist das Schlawaffenland? Schießen wir gleich los: Magst Du mir den Raum kurz erklären, wo sind wir hier?" - "Das ist eine alte Industriehalle, hier war früher mal eine Nähmaschinen-Produktionsfirma. Nebenan sind noch Architekten, über uns ist eine Moschee und unter uns eine Capoeira-Tanzschule - also bunt gemischt."
    Und mittendrin nun das Grafik- und Konzept-Büro von Edgy&Cheesy, von Constantin und Andi - Wollmütze und Bart, Skater-Look:
    "Wir wollen eigentlich auch nicht mit unseren Namen hier auftreten, weil wir total im Hintergrund stehen. Wir können gerne sagen, dass Edgy&Cheesy das auf die Beine gestellt haben."
    Ok, also auf die Beine gestellt haben die beiden Mittdreißiger die politisch motivierte Fotoausstellung "Schlawaffenland": Zwölf Bilder von zwölf verschiedenen Fotografen hängen in den nächsten Tagen an den Wänden ihres etwa 100-Quadratmeter großen Büro-Lofts. Zentrales Motiv der Fotografien ist eine Candy Gun, ein Maschinengewehr aus Lebkuchenteig:
    "Wir haben einen Bericht im Fernsehen gesehen über einen syrischen Kindersoldaten. Und das war schon ein befremdliches Bild, so einen Jugendlichen mit einer fetten Knarre zu sehen. Dann haben wir uns gedacht: Wenn die schon mit Waffen spielen müssen, dann wäre es doch gescheiter, wenn die aus Zucker wären, oder aus Lebkuchen."
    "So ist dieses Bild eben entstanden, von dieser Candy Gun, also sozusagen eine Lebkuchen-Uzi - steht ein Stück weit auch für München, Oktoberfest, also diese klassischen Wiesn-Herzen, nur dass es eben kein Herz ist, sondern eine Uzi."
    "Die Fotografen hatten überhaupt keine Vorgaben von uns, bis auf die Candy Gun, die sie in einem Bild interpretieren sollten. Und das ist jetzt dabei raus gekommen."
    Shooting im Flüchtlingsheim
    Der Fotograf August Castell inszeniert die Maschinenpistole aus Lebkuchenteig mit einem leicht bekleideten jungen Mädchen - in tanzender Pose vor einer Weltkarte, die roten Haare erotisch in den Nacken geworfen. Matthias Fend zeigt auf seinem Bild zwei Kinder mit Dreck verschmiertem Gesicht und Candy Gun in der Hand. Auf der Flucht, am Spielen? Im Stacheldraht liegt die Antwort. Und dann noch dieses unscheinbare Bild von einem Flüchtlingskind, das seinen Kopf hinter der Lebkuchenwaffen versteckt:
    "Die Fotografin ist in ein Flüchtlingsheim für Kinder gegangen und hat mit den Kindern geshootet. Das war auch gar nicht so leicht, ein Motiv drucken zu können, weil die Kinder nicht erkannt werden dürfen, weil teilweise noch Schulden da sind an Schleuser, die noch nicht bezahlt wurden. Und die müssen halt aufpassen, dass sie keinen Ärger bekommen und dürfen deshalb in der Öffentlichkeit nicht erkannt werden - zu ihrem eigenen Schutz."
    "Welcome to Schlawaffenland" - Deutschland, du paradiesischer Sehnsuchtsort, an dem Milch und Honig fließen, du Ort der Apokalypse, der mit Waffenexporte Geschäfte macht. Und irgendwo dazwischen: die uns alle überfordernde Flüchtlingskrise. Waffen und Flüchtlinge - heikle Themen als verspielte Fotokunst.
    Ganz normaler Lebkuchenteig
    Die zwölf Fotografien der Ausstellung "Welcome to Schlawaffenland" im Format A 0, 80 Zentimeter mal 120 Zentimeter, gibt es dieses Wochenende als Unikate für 500 Euro das Stück. Jedes Motiv wird noch auf Plakat gedruckt - limitiert auf 30 Stück, für 25 Euro. Der komplette Erlös geht an den Bayerischen Flüchtlingsrat. Und die Candy Guns, die Lebkuchenwaffen, auf den Bildern? Wie schmecken die eigentlich?
    "Darf ich es mal probieren? Ach, die ist ja noch ganz unversehrt."
    "Der Zuckerguss geht halt mit der Zeit ein bisschen flöten, durch die warmen Hände löst der sich. Wenn du möchtest, brich dir ein Stück ab..."
    "Aber es ist wie gesagt ein ganz normaler Lebkuchenteig, und diese klassische Zuckerguss-Verzierung wie bei einem Oktoberfest-Herz."
    "Aber ich muss sagen, so süß schmeckt sie gar nicht. Der Zuckerguss ist süß."
    Vernissage: Freitag, 13.11.15, 17-23 Uhr
    Ausstellung: Samstag und Sonntag, 14-18 Uhr
    Ort: Anglerstr. 6, München