Ursprünglich war der kleine Prinz ein glatzköpfiger Vegetarier und plante, eine Maschine auf den Markt zu bringen, die einem auf Knopfdruck eine angezündete Zigarette zwischen die Lippen zaubert. Das ist nur eine der Überraschungen, die die Ausstellung über Antoine de Saint-Exupérys kleinen Helden mit dem großen Herzen in der Pierpont Morgan Library bereithält.
Eine andere wird für viele die enge Verbindung des 1943 erschienenen Kinderbuchklassikers zu New York sein: Antoine de Saint-Exupéry habe das Buch in New York geschrieben, sagt die Kuratorin Christine Nelson. Der Autor und Pilot verbrachte nach der Invasion Frankreichs durch die Deutschen zwei Jahre im Exil in Manhattan und auf Long Island. Diese Orte bilden in frühen Entwürfen als Schauplatz der Geschichte, genauso wie das Rockefeller Center, in dem der kleine Prinz die ganze Menschheit versammeln wollte. Ja sogar die Figuren haben New Yorker Vorbilder.
Ein Pudel als Schaf
"Silvia Hamilton war eine von Saint-Exupérys Geliebten hier in New York. In ihrer Wohnung an der Upper East Side arbeitete er oft an dem Buch", erzählt Christine Nelson. "Sie hatte einen schwarzen Pudel, den Saint-Exupéry als Modell für das Schaf in der Geschichte benutzte. Aus ihrem Wischmopp machte er eine Puppe und dann den kleinen Prinzen selber. Und der Hund, den Silvia ihm schenkte, war, wie wir glauben, das Vorbild für den Fuchs und den Tiger in der Geschichte."
Aus Silvia Hamiltons Besitz stammen die fünfundzwanzig Manuskriptseiten und die 43 Zeichnungen und Aquarelle, die die Bibliothek präsentiert. Christine Nelson hält das Manuskript für ein physisches Zeugnis von Saint-Exupérys Arbeit. Tatsächlich sind die dünnen Papierseiten voller Kaffeeflecken und Zigarettenbrandlöcher. Vor allem aber zeigt das Manuskript, wie Saint-Exupéry an der Geschichte des Jungen herumgefeilt hat, der von einem winzigen Asteroiden auf die Erde fällt und lauter merkwürdigen Erwachsenen begegnet.
Ein kichernder Autor
Saint-Exupéry verschob, strich und verwarf unzählige Passagen und probierte Szenen mal mit, mal ohne Illustrationen aus. Oft nahm er dutzende von Anläufen, um kritzelnd zu einem bestimmten Wortbild, zu einer Formulierung zu gelangen. So taucht der Kernsatz des Buches im Manuskript 15 Mal in Varianten auf. Geblieben ist in der endgültigen Fassung nur eine davon, nämlich das Geheimnis, das der schlaue Fuchs dem kleinen Prinzen zum Schluss anvertraut. Und das lautet: "Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar."
Seine Freundin Silvia Hamilton erinnerte sich, dass Saint-Exupéry beim Schreiben in ihrem Hinterzimmer oft laut gelacht habe, so Christine Nelson: "Für mich und für viele andere ist 'Der kleine Prinz' von solcher Melancholie durchdrungen. Da ist es doch schön sich vorzustellen, dass der Autor bei der Arbeit an den lustigeren Passagen der Geschichte gekichert hat."
Antoine de Saint-Exupéry kehrte 1944 von einem Aufklärungsflug über dem Mittelmeer nicht zurück. Erst 1998 fand ein Fischer vor Marseille in seinem Netz das silberne Armband, das der Autor bei seinem Tod trug. Auch dieses Armband ist in der Ausstellung zu sehen. Eingraviert sind Saint-Exupérys Name und der seines Verlages in New York, der Stadt, in der "Der Kleine Prinz" geboren wurde.