So ähnlich könnte es geklungen haben, damals, an jenem 5. November 1414, zum Auftakt des Konstanzer Konzils, dem, wie es im Untertitel der Landesausstellung heißt, "Weltereignis" des Mittelalters:
"Man hat gerungen um die Fragen, die drängend waren: etwa um die Einheit der Kirche, die ja zerbrochen war durch die drei Päpste, um die Reform der Kirche, über die ja viel gesprochen worden war und wo viel zu wenig geschehen war, und über die Fragen des Glaubens",
fasst der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch, bis vor kurzem Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, die damaligen Geschehnisse zusammen. Die Ausgangslage des Konstanzer Konzils war schwierig: Mit Gregor XII., Benedikt XIII. und Johannes XXIII. amtierten gleich drei Päpste nebeneinander. Alle drei stritten sich darum, wer das Recht auf die Nachfolge Petri auf seiner Seite hatte.
Einem Mächtigen jener Zeit passte dies überhaupt nicht ins Konzept: dem römisch-deutschen König Sigismund. Ihn zeigt ein großes, sperriges Ölbild als einen etwas grimmig dreinschauenden Mann mit großem Schnurrbart und Purpurgewand. Sigismund wollte unbedingt wieder einen einzigen Papst an der Spitze der Kirche haben – und das nicht ohne Hintergedanken. Susanne Rau vom Badischen Landesmuseum:
"Natürlich wollte er auch Kaiser werden des deutsch-römischen Reiches. Da brauchte er einen Papst, der ihn rechtmäßig krönt. Sonst hätte er keine Machtbefugnis gehabt. Da hätte jeder gesagt: Das war ja kein richtiger Papst, der Dich gekrönt hat. Du bist gar nicht Kaiser."
Konzil befasste sich auch mit Kirchenlehre und möglichen Reformen
Für König Sigismund war die "causa unionis", die Wiederherstellung der Einheit der Kirche, damit ein wichtiges Ziel des Konstanzer Konzils. Dort ging es aber um weitere wichtige Themen, erläutert Tobias Engelsing, Historiker und Leiter des Konstanzer Rosgartenmuseums:
"Die zweite Frage war die causa fidei. Also die Frage der Kirchenlehre. Ketzerische, abweichende Meinungen sollten bereinigt werden, wie man das damals gemacht hatte, mit Gewalt. Und die dritte Frage war die causa reformationis, die ewige Aufgabe, die Kirche an Haupt und Gliedern zu reformieren, ein Riesenwerk, das man bis heute noch nicht geschafft hat."
Vor allem der "causa fidei" widmet die Landesausstellung in Konstanz breiten Raum. Gleich am Eingang sind eine ganze Reihe von kunstvoll mit Gold und Silber verzierten Madonnenstauen sowie aufwändig verzierte Reliquienbehältnisse zu sehen, die Knochenreste und Blutstropfen von Heiligen enthalten sollen. Sie zu besitzen, war wichtig im ausklingenden Mittelalter, erklärt Susanne Rau:
"Die Reliquien waren ein frühes Marketinginstrument, kann man fast sagen: Wer viele tolle Reliquien hatte, brauchte sich nicht zu sorgen, dass keine Pilger kamen. Da war viel los. Die Pilger brachten Umsatz und brachten dem Bistum und der Kirche, wo die Reliquien aufgestellt waren, Geld ein. Jan Hus hat sich zum Beispiel gegen die Andachtsformen der schönen Madonnen gewehrt. Er hat gesagt: Das ist nicht angemessen!"
Reformator Hus endete auf dem Scheiterhaufen
Jan Hus – der böhmische Theologe war schon vor dem Konstanzer Konzil auf Gegenkurs zur katholischen Lehre gegangen. Hus predigte mehr Bescheidenheit, Abkehr von Prunk und eine Rückkehr zu den Ursprüngen der Kirche. In Konstanz sollte er seine Lehren verteidigen; König Sigismund hatte ihm freies Geleit zugesichert. Doch in Konstanz angekommen, wurde Hus vor die Wahl gestellt, entweder seinen Lehren abzuschwören oder auf dem Scheiterhaufen zu enden. Abschwören kam für Hus nicht infrage. Und so sehen die Besucher in der Konstanzer Ausstellung ein eigenartiges Bild: ein in Ketten gelegter, untersetzt-pausbackig erscheinender Reformator Hus, umringt von Soldaten; Flammen lodern von unten über seinen Körper hinweg, auf dem Kopf eine rechteckige Mütze. Susanne Rau:
"Das ist diese typische Ketzermütze. Er wurde sofort, nachdem er verurteilt wurde, entkleidet, seiner Priestergewänder entledigt, zum Zeichen dieser Entwürdigung hat man ihm diese Spottmütze aufgesetzt. Es wird auch berichtet, dass er sehr laut geschrieben habe. Das war ziemlich gruselig."
Dass Hus in Konstanz zum Feuertod verurteilt wurde, sei letztlich ein Beleg für das Scheitern der "causa fidei", sagt der Historiker Tobias Engelsing:
"Die Kirche war damals nicht klug. Denn es war zu erwarten, dass in Böhmen eine revolutionäre Bewegung aufstehen würde, die der Kirche noch viel größere Probleme bescheren würde als die Tatsache, dass Hus einige Auffassungen vertreten hat, die nicht ganz kirchenkonform waren."
Kirchenfunktionäre ließen sich von "Hübschlerinnen" verführen
Die Hussitenkriege, die der Verbrennung von Jan Hus folgten, gelten heute als Vorboten der späteren Reformation. Doch noch in einem Punkt zeigten sich die Kleriker während des Konstanzer Konzils von einer Seite, über die mancher Vertreter der katholischen Kirche bis heute nicht gerne redet. Susanne Rau steht vor einer steinernen Büste einer jungen Frau:
"Wir sehen hier eine Frau mit einem doch kecken Gesichtsausdruck mit der Laute in der Hand. Und sie trägt ein nicht schickliches Gewand, ein so genanntes Höllenfenster-Gewand ohne Unterkleid. Sie trägt keinen BH."
Mehr als 700 so genannte "Hübschlerinnen", also Prostituierte, arbeiteten während des Konzils in Konstanz. Die meisten ihrer Kunden waren kirchliche Würdenträger, die das Konzil besuchten, so Historiker Engelsing:
"Wein, Weib und Gesang spielten eine große Rolle. Die Kirche hat dagegen Mandate erlassen: Man solle nicht in die Hurenhäuser gehen. Man solle weniger essen. Das Gegenteil haben die Menschen gemacht. Die Kirchenfürsten haben sich Weine aus Griechenland, Italien und Frankreich kommen lassen. Und es waren Prostituierte da, die den Kirchenoberen zur Verfügung standen."
Ausstellungsbesucher können Predigt nachhören
In der Ausstellung können die Besucher unter anderem die nachgesprochene Predigt von John Gerson nachhören, dem damaligen Kanzler der Pariser Universität. Er redet der Macht des Konzils über die der Päpste das Wort – ein Anstoß zur Reform der Kirche, bei der John Gerson die Universalgewalt des Papstes beschränken wollte. Das Anliegen scheiterte. Immerhin vereinbarten die Delegierten, kirchliche Reformfragen künftig in regelmäßigen Abständen bei einem Konzil zu beraten.
Lediglich die "Causa unionis" fand am 11. November 1417 mit der Wahl des römischen Kardinals Oddi di Colonna zum Papst Martin V. einen erfolgreichen Abschluss; Gregor XII., Benedikt XIII. und Johannes XXIII. hatten zuvor auf ihren Anspruch verzichtet.