Es ist ein schlichter Choral für sechs Stimmen. Die Noten hält Johann Sebastian Bach in seiner bekanntesten Darstellung, dem Gemälde von Elias Gottlob Haußmann, in der Hand. Das Gemälde hängt im Leipziger Rathaus und ist am Ende die einzige Darstellung, die mit Sicherheit Johann Sebastian Bach zeigt und nach dem Leben gemalt wurde. Die kleine, bisweilen amüsante Ausstellung im Eisenacher Bachhaus zeigt eine der vielen Kopien, die es von Haußmanns Gemälde gibt, die allerdings dem Urzustand ihrer Vorlage inzwischen ähnlicher sind als die Vorlage heute selbst.
"Ja", bestätigt Jörg Hansen, Kurator der Ausstellung und Leiter des Eisenacher Bachhauses. "Dann zeigt uns diese Kopie von Max Martini aus dem Jahre 1910, wie das Bild also vor der umstrittensten Restaurierung aussah. Man sieht, dass man Bach den Schatten des männlichen Bartes verschafft hat mit der Restaurierung 1913. Das heißt: Das Bild muss ursprünglich so ausgesehen haben."
"Ja", bestätigt Jörg Hansen, Kurator der Ausstellung und Leiter des Eisenacher Bachhauses. "Dann zeigt uns diese Kopie von Max Martini aus dem Jahre 1910, wie das Bild also vor der umstrittensten Restaurierung aussah. Man sieht, dass man Bach den Schatten des männlichen Bartes verschafft hat mit der Restaurierung 1913. Das heißt: Das Bild muss ursprünglich so ausgesehen haben."
Vermeintlich authentische Bach-Bildnisse
Ob aber Johann Sebastian Bach wirklich so ausgesehen hat, ist eine andere Frage: "Hat Haußmann geschönt? Es ist oft gesagt worden, er malte in Serie. Da muss man nur mal ins Alte Rathaus in Leipzig gehen, wo auch dieses Originalbild hängt. Und da sieht man zig Portraits von Bürgermeistern. Und irgendwann denkt man: Die sehen sich ja alle irgendwie ähnlich! Das liegt einfach daran: Gewisse Merkmale gehören zur Darstellung dazu. Eine hohe Stirn, auch ein prägnantes Kinn."
Das Bachhaus in Eisenach ist das älteste deutsche Bachmuseum und eine Institution. Deshalb werden dem Haus bis heute immer wieder vermeintlich authentische Bach-Bildnisse angeboten - vermehrt in den Jahren vor Bach-Jubiläen. "Und das ist immer derselbe Typ: alter Mann mit Perücke."
Das Bachhaus in Eisenach ist das älteste deutsche Bachmuseum und eine Institution. Deshalb werden dem Haus bis heute immer wieder vermeintlich authentische Bach-Bildnisse angeboten - vermehrt in den Jahren vor Bach-Jubiläen. "Und das ist immer derselbe Typ: alter Mann mit Perücke."
Widersprüchliche Quellen
Aber ansonsten wird in der Ausstellung durchaus variiert. "Blaue Augen! Vielleicht hatte Bach ja strahlend blaue Augen?! Hier hat er braune Augen. Auf dem Haußmann hat er braun-graue Augen." Hansen macht die Not zur Tugend und verfolgt die Spuren der verschiedenen Bach-Bildnisse. Dabei legt er für die Besucher Fährten aus - historische Quellen. "Ich will den Leuten hier auch die Sachen geben, anhand derer die selber die Überlegung anstellen können: Ist der Kupferstich nach diesem Portrait?"
Problematisch, aber typisch ist es für die Bach-Ikonographie, dass sich die Quellen widersprechen. "Das schreibt Carl Philipp Emanuel Bach an Forkel: 'Ich habe ein schönes, ähnliches Original in Pastell.' Ja, alles ein Irrtum? Denn in seinem Nachlassverzeichnis ist nur ein Ölgemälde enthalten. Aber er war ja ein Kenner. Er würde doch nicht 'Pastell' schreiben, wenn es aus Öl ist! Also gab es ein Pastell-Bild. Und jetzt fängt die Jagd auf die Pastell-Bilder an."
Vier Pastelle sind es, erklärt Hansen, die vielleicht Bach zeigen. Eines konnte die junge Physikerin Fatima-Zahra Mallal im Auftrag des Bach-Hauses Eisenach näher untersuchen. "Mit Hilfe der Röntgen-Fluoreszenz-Analyse konnten wir die einzelnen Elemente des Gemäldes erhalten, also der Pigmente und des Pergaments. Wir haben Lithopone drin gefunden. Lithopone ist ein Pigment, das 1840 das erste Mal benutzt wurde. Und somit könnte das auch auf eine Restauration deuten oder vielleicht eine Fälschung - das müssen dann die Kunsthistoriker genauer erläutern."
Problematisch, aber typisch ist es für die Bach-Ikonographie, dass sich die Quellen widersprechen. "Das schreibt Carl Philipp Emanuel Bach an Forkel: 'Ich habe ein schönes, ähnliches Original in Pastell.' Ja, alles ein Irrtum? Denn in seinem Nachlassverzeichnis ist nur ein Ölgemälde enthalten. Aber er war ja ein Kenner. Er würde doch nicht 'Pastell' schreiben, wenn es aus Öl ist! Also gab es ein Pastell-Bild. Und jetzt fängt die Jagd auf die Pastell-Bilder an."
Vier Pastelle sind es, erklärt Hansen, die vielleicht Bach zeigen. Eines konnte die junge Physikerin Fatima-Zahra Mallal im Auftrag des Bach-Hauses Eisenach näher untersuchen. "Mit Hilfe der Röntgen-Fluoreszenz-Analyse konnten wir die einzelnen Elemente des Gemäldes erhalten, also der Pigmente und des Pergaments. Wir haben Lithopone drin gefunden. Lithopone ist ein Pigment, das 1840 das erste Mal benutzt wurde. Und somit könnte das auch auf eine Restauration deuten oder vielleicht eine Fälschung - das müssen dann die Kunsthistoriker genauer erläutern."
Geschäfte machen mit Bach
Der Titel der Ausstellung "Bilderrätsel" ist klug gewählt. Jörg Hansen ist es eine Lust, die Mythen, Legenden und falschen Fährten um die verschiedenen Bach-Darstellungen zu verfolgen. Der 54 Seiten starke und während der Ausstellungszeit kostenlose Katalog führt in seinen Fußnoten noch tiefer in die Details. Originale, Fälschungen, Kopien, Zuschreibungen, zerstörerische Restaurierungen - Hansen stellt sie alle nebeneinander und gibt sich der Dekonstruktion von Hoffnungen und Wünschen hin.
"Sie zeigen in einem Haus, in dem Bach vielleicht mal war, Bilder, die vielleicht Bach zeigen?"
"Man könnte es noch schlimmer formulieren: Wir zeigen in einem Haus, in dem Bach nicht war, Bilder, die nicht Bach zeigen."
Der Erkenntnisgewinn des Besuchers aber ist gerade dadurch gesichert; erzählt die Ausstellung doch mehr als von Bachs Aussehen von den Konjunkturen der Bach-Rezeption und den Versuchen, damit ein Geschäft zu machen.
"Sie zeigen in einem Haus, in dem Bach vielleicht mal war, Bilder, die vielleicht Bach zeigen?"
"Man könnte es noch schlimmer formulieren: Wir zeigen in einem Haus, in dem Bach nicht war, Bilder, die nicht Bach zeigen."
Der Erkenntnisgewinn des Besuchers aber ist gerade dadurch gesichert; erzählt die Ausstellung doch mehr als von Bachs Aussehen von den Konjunkturen der Bach-Rezeption und den Versuchen, damit ein Geschäft zu machen.