"Lesen ist ein Zugang zur Welt, aber nur dann,
wenn es richtig verstanden ist."
Es gibt nur ein Problem dabei: Das Lese-Image sinkt. Diese Art des Welt-Zugangs wird gesellschaftlich abgewertet. Simone Ehmig ist Leiterin der Leseforschung und Leseförderung der Stiftung Lesen in Mainz. Sie gibt seit vier Jahren eine jährliche Lesestudie heraus und beobachtet Veränderungen.
In der Regel sind in allen entwickelten Ländern Kinder aus bildungsnahen Schichten leistungsfähiger. Der Zusammenhang von sozialem Status der Eltern und dem Bildungserfolg der Kinder besteht, ist aber nicht allein ausschlaggebend. Es gibt auch einen kulturellen Umbruch. Christoph Schäfer, Sprecher der Stiftung Lesen.
"Sehr viele Deutsche lesen sehr gerne, aber die Schere zwischen denen, die gerne lesen und denen, die gar nicht lesen - immerhin ein Viertel der Deutschen liest wirklich niemals ein Buch - die klafft weit auseinander, manche sagen immer weiter. Denn die Intensivleser sind wirklich diejenigen, die man auch als Bildungsgewinner oder Träger insgesamt auch von Bildung und Kultur in diesem klassischen Sinne sehen kann. Das ist der Punkt, der die Leseförderung beschäftigen muss."
Es findet eine Um-Prämierung statt. Lesen wird funktional und gewinnbringend eingesetzt, nicht als Kulturtechnik zur Selbstbegegnung, die Individualität, Reife, und Kontakt mit anderen Erfahrungsräumen und Kulturen ermöglicht und fördert. Einfacher gesagt: Die Bildschirme in den Wohnzimmern werden immer größer und die Bücherschränke immer kleiner. Mit Verteufelung moderner Medien ist natürlich auch niemandem geholfen.
"Also ganz sicher können Hörbücher und andere elektronische Medien zum Lesen hinführen. Andererseits tragen sie dazu bei, dass sich Leseverhalten verändert, dass Sachbücher abgestimmt werden auf Gewohnheiten, die wir vom Internet kennen, Querverweise."
Die Lese-Biografie eines Menschen ist heute ebenso eine andere wie seine Erwerbs-, oder Fortbewegungsbiografie eine andere ist. Wir arbeiten anders, gehen, fahren, leben und lesen anders. Lesen ist ein Baustein in der Bildungsbiografie neben anderen.
"Wir sehen sehr klar, dass die Anteile der Bevölkerung, der Menschen, die sehr viele Bücher lesen und die sehr intensiv lesen, dieser Anteil geht zurück und zwar seit Jahren kontinuierlich. Es gibt einen harten, ganz kleinen Kern von Leuten, die sehr viel lesen, das sind etwa drei Prozent , und das ist auch eine Gruppe, die bleibt stabil. Ansonsten haben wir Veränderungen in der Leseintensität. Der Anteil derer, die viel und dauerhaft auch während der Woche lesen, wird geringer. Der Anteil der Leute, die sagen, ich lese am Wochenende oder im Urlaub, dieser Anteil steigt . Und auch im Leseverhalten, also wie geh ich durch ein Buch, haben sich auch Veränderungen ergeben. Die Leute lesen häufiger quer, sie blättern und steigen wieder ein."
Das ergebnisorientierte Häppchen-Lesen nimmt zu. Wer quält sich schon noch durch die "Buddenbrooks", den "Josephs-Roman" oder den "Werther" und die "Wahlverwandtschaften"? Und wozu? Schlimmer noch: Lesen insgesamt hat keinen guten Ruf, es gilt als weiblich, als zu weiblich. Vorlesen fördert Emotionalität, Empathie, Intimität und die Nachhaltigkeit des Erlebens. Das scheint nicht in unsere nutzenorientierte, männliche Ellenbogengesellschaft zu passen. Wer liest, oder vorliest, gilt als Weichei, hat offenbar zu viel Zeit übrig für Nutzloses.
"Wir haben eine Reihe von Daten, die zeigen, dass Erwachsene, denen in der Kindheit vorgelesen worden ist, systematisch enger am Buch sind, am Lesen sind, als Erwachsene, denen in der Kindheit nicht vorgelesen worden ist."
Im Zentrum der Anstrengung von Christoph Schäfer und Simone Ehmig von der Stiftung Lesen steht deshalb: Kinder fürs Lesen zu begeistern und Eltern für das Thema zu sensibilisieren und zu motivieren.
Der hohe Bildungsgrad ist nicht zwingend ausschlaggebend für Leseerfolg und Lesekompetenz, sondern eher ein lesefreundliches Klima, eine kommunikative Kultur, betont Simone Ehmig.
Einen Vorlesekoffer für Kita-Einrichtungen im Ruhrgebiet haben sie gerade mit der Deutschen Bahn zusammen verteilt. Nicht allein Bücher verschenken, sondern Zeit zum Lesen, zum Vorlesen verschenken, das wär' eine einfache Lösung.
Man muss sich diese Zeit nur nehmen wollen, insbesondere die vorlesefaulen Väter - laut Vorlesestudie von 2009 - seien da gefragt, damit dieser Zugang zur Welt offen bleibt.
wenn es richtig verstanden ist."
Es gibt nur ein Problem dabei: Das Lese-Image sinkt. Diese Art des Welt-Zugangs wird gesellschaftlich abgewertet. Simone Ehmig ist Leiterin der Leseforschung und Leseförderung der Stiftung Lesen in Mainz. Sie gibt seit vier Jahren eine jährliche Lesestudie heraus und beobachtet Veränderungen.
In der Regel sind in allen entwickelten Ländern Kinder aus bildungsnahen Schichten leistungsfähiger. Der Zusammenhang von sozialem Status der Eltern und dem Bildungserfolg der Kinder besteht, ist aber nicht allein ausschlaggebend. Es gibt auch einen kulturellen Umbruch. Christoph Schäfer, Sprecher der Stiftung Lesen.
"Sehr viele Deutsche lesen sehr gerne, aber die Schere zwischen denen, die gerne lesen und denen, die gar nicht lesen - immerhin ein Viertel der Deutschen liest wirklich niemals ein Buch - die klafft weit auseinander, manche sagen immer weiter. Denn die Intensivleser sind wirklich diejenigen, die man auch als Bildungsgewinner oder Träger insgesamt auch von Bildung und Kultur in diesem klassischen Sinne sehen kann. Das ist der Punkt, der die Leseförderung beschäftigen muss."
Es findet eine Um-Prämierung statt. Lesen wird funktional und gewinnbringend eingesetzt, nicht als Kulturtechnik zur Selbstbegegnung, die Individualität, Reife, und Kontakt mit anderen Erfahrungsräumen und Kulturen ermöglicht und fördert. Einfacher gesagt: Die Bildschirme in den Wohnzimmern werden immer größer und die Bücherschränke immer kleiner. Mit Verteufelung moderner Medien ist natürlich auch niemandem geholfen.
"Also ganz sicher können Hörbücher und andere elektronische Medien zum Lesen hinführen. Andererseits tragen sie dazu bei, dass sich Leseverhalten verändert, dass Sachbücher abgestimmt werden auf Gewohnheiten, die wir vom Internet kennen, Querverweise."
Die Lese-Biografie eines Menschen ist heute ebenso eine andere wie seine Erwerbs-, oder Fortbewegungsbiografie eine andere ist. Wir arbeiten anders, gehen, fahren, leben und lesen anders. Lesen ist ein Baustein in der Bildungsbiografie neben anderen.
"Wir sehen sehr klar, dass die Anteile der Bevölkerung, der Menschen, die sehr viele Bücher lesen und die sehr intensiv lesen, dieser Anteil geht zurück und zwar seit Jahren kontinuierlich. Es gibt einen harten, ganz kleinen Kern von Leuten, die sehr viel lesen, das sind etwa drei Prozent , und das ist auch eine Gruppe, die bleibt stabil. Ansonsten haben wir Veränderungen in der Leseintensität. Der Anteil derer, die viel und dauerhaft auch während der Woche lesen, wird geringer. Der Anteil der Leute, die sagen, ich lese am Wochenende oder im Urlaub, dieser Anteil steigt . Und auch im Leseverhalten, also wie geh ich durch ein Buch, haben sich auch Veränderungen ergeben. Die Leute lesen häufiger quer, sie blättern und steigen wieder ein."
Das ergebnisorientierte Häppchen-Lesen nimmt zu. Wer quält sich schon noch durch die "Buddenbrooks", den "Josephs-Roman" oder den "Werther" und die "Wahlverwandtschaften"? Und wozu? Schlimmer noch: Lesen insgesamt hat keinen guten Ruf, es gilt als weiblich, als zu weiblich. Vorlesen fördert Emotionalität, Empathie, Intimität und die Nachhaltigkeit des Erlebens. Das scheint nicht in unsere nutzenorientierte, männliche Ellenbogengesellschaft zu passen. Wer liest, oder vorliest, gilt als Weichei, hat offenbar zu viel Zeit übrig für Nutzloses.
"Wir haben eine Reihe von Daten, die zeigen, dass Erwachsene, denen in der Kindheit vorgelesen worden ist, systematisch enger am Buch sind, am Lesen sind, als Erwachsene, denen in der Kindheit nicht vorgelesen worden ist."
Im Zentrum der Anstrengung von Christoph Schäfer und Simone Ehmig von der Stiftung Lesen steht deshalb: Kinder fürs Lesen zu begeistern und Eltern für das Thema zu sensibilisieren und zu motivieren.
Der hohe Bildungsgrad ist nicht zwingend ausschlaggebend für Leseerfolg und Lesekompetenz, sondern eher ein lesefreundliches Klima, eine kommunikative Kultur, betont Simone Ehmig.
Einen Vorlesekoffer für Kita-Einrichtungen im Ruhrgebiet haben sie gerade mit der Deutschen Bahn zusammen verteilt. Nicht allein Bücher verschenken, sondern Zeit zum Lesen, zum Vorlesen verschenken, das wär' eine einfache Lösung.
Man muss sich diese Zeit nur nehmen wollen, insbesondere die vorlesefaulen Väter - laut Vorlesestudie von 2009 - seien da gefragt, damit dieser Zugang zur Welt offen bleibt.