"Ich hab diesen Mann geheiratet – ich hätte ihn auch als Kellner oder als Bademeister geheiratet – das ist mir egal. Als wir zusammenkamen, war das auch noch gar nicht klar, was er macht. Das kam dann erst später", sagt Birgit Ehrhardt, Krankenschwester und Pfarrfrau. "Der Begriff Pfarrfrau – es sagt keiner: Krankenschwesternmann. Es sagen alle: "Ach, Sie sind die Pfarrfrau!" Gut, sollen sie's sagen. Manchmal sag ich das schon selber. Aber der Begriff an sich ist veraltet. Denn Pfarrfrauen, wie sie damals noch erwartet wurden, gibt es vielleicht noch – aber ich bin keine."
Engagement im Gemeindeleben
Bis in die 1960er-Jahre verlangte die evangelische Kirche, dass die Ehefrau des Pfarrers das Amt ihres Mannes mitgestaltet. Man erwartete, dass sie sich in den verschiedenen Bereichen des Gemeindelebens engagiert:
Sie sollte den Frauenkreis leiten sowie die Bibelstunde für Kinder, sie hatte dafür zu sorgen, dass die Kirche sauber ist und musste im Pfarrhaus ständig präsent und ansprechbar sein. Zeit für eigene Interessen blieb ihr nicht. Pfarrfrau zu sein, war ein Beruf – auch wenn er nicht bezahlt wurde.
Angehenden Pfarrfrauen, die einer Erwerbsarbeit nachgingen, legte die Kirchenleitung nahe, nach der Heirat ihren Beruf aufzugeben.
In der Evangelisch-Lutherischen Kirche Bayerns galt noch bis 1972 ein entsprechender Paragraf:
"Übt die Ehefrau einen Beruf aus, so hat der Pfarrer dies anzuzeigen. Er ist verpflichtet, auf Verlangen dahin zu wirken, dass die Ehefrau um seines Dienstes willen von der Ausübung eines Berufs absieht."
Für die meisten Frauen damals war dies selbstverständlich. Sie meinten, an die Seite ihres Mannes zu gehören und wussten: Sie haben dieses Amt mitgeheiratet.
Zeitgleich berufstätig zu sein, kam meist nicht infrage
Neben ihrer Aufgabe als Pfarrfrau berufstätig zu sein, wäre für die meisten nicht infrage gekommen. Aus Sicht der Kirchenleitungen sollte dies immer so bleiben. Die Kirchenfunktionäre wollten deshalb ein Wort mitreden, wenn sich ein angehender Pfarrer eine Partnerin aussuchte.
Der bayrische Oberkirchenrat Hans Schmidt brachte dies 1954 in einem Vortrag auf den Punkt:
"Unter den Theologiestudenten der Gegenwart befinden sich viele Einzelgänger, die in der Gefahr stehen, von irgendwelchen Mädchen eingefangen zu werden. Wie kann hier geholfen werden? Es ist zu überlegen, ob nicht Möglichkeiten zwangloser Begegnung der Theologiestudenten mit Mädchen, die zur Pfarrbraut geeignet scheinen, geboten werden können. […] Die Kirchenleitung wird darauf sehen, dass der Dienst ihrer Vikare und Pfarrer nicht durch falsche oder problematische Brautwahl Schaden leidet. […] Es ist auch zu fragen, ob bei offensichtlichen Missgriffen nicht zur Entlobung geraten werden muss."
Die Lüneburger Soziologin Doris Riemann, die selbst mit einem Pfarrer verheiratet ist und über die Rolle der Pfarrfrau im Wandel der Zeiten geforscht hat, schüttelt den Kopf darüber, wie stark sich die Kirchenleitungen ins Privatleben der Pfarrer eingemischt haben:
"Aus heutiger Perspektive stehen einem die Haare zu Berge – wie disziplinarisch das war! Und gleichzeitig zeigt es die große Bedeutung und auch das große Feld, für das die Pfarrfrauen zuständig waren: also das Haus, die Gemeindemitglieder empfangen und entsprechend vorzubereiten, Frauenkreise, Kindergottesdienst – ein großes eigenständiges Feld. Und das wurde natürlich auch als Beruf bezeichnet."
Pfarrer mussten ihre Frauen vorstellen
Dass ein Pfarrer seine Frau dem Konsistorium vorstellen musste, ist noch gar nicht lange her. Die Berliner Krankenschwester Birgit Ehrhardt ist seit 1990 mit einem Pfarrer verheiratet. Sie war froh, dass sich ihr Mann vor 30 Jahren über diese Anordnung hinwegsetzte.
Birgit Ehrhardt: "Damals, so wie ich aussah und wie ich auftrat, mit fünf Ohrringen, mit diesen Haaren – ich weiß nicht, ob die mich akzeptiert hätten. Und mein Mann hat gesagt: Das umgehen wir einfach, ich stell dich nicht vor. Wir haben geheiratet, und dann kam irgendwann so ein süffisanter Brief mit Gratulationswünschen für meinen Mann, dass sie gehört hätten, er sei nun verheiratet, und sie haben mich nicht kennengelernt. Aber das hat er ganz bewusst gemacht, und ich hätte das auch nicht haben wollen. Wenn ich Krankenschwester werden möchte, dann muss ich auch nicht meinen Mann vorstellen.
Historisches Vorbild für die evangelische Pfarrfrau ist die ehemalige Zisterziensernonne Katharina von Bora. Sie war die Ehefrau des Reformators Martin Luther. 1525 heirateten die beiden in Wittenberg.
Vorbild Katharina von Bora, die Frau Luthers
Schriftliche Zeugnisse von Katharina von Bora gibt es kaum – aber in den Überlieferungen entsteht das Bild einer resoluten, in der Öffentlichkeit jedoch schweigsamen Frau an der Seite ihres Mannes.
Die Berliner Journalistin Christine Eichel schreibt in ihrem Buch "Das deutsche Pfarrhaus" über Katharina von Bora:
"Sie war die Herrin über das Haus, eine rührige Hausfrau, die die Kinder erzog, den Haushalt führte und ihrem beruflich viel beanspruchten Mann auch in schwierigen Zeiten die Treue hielt. Die perfekte Pfarrfrau von Bora war Gastgeberin großer Tafeln, an denen die Gäste über Gott und Teufel, Kirche und Welt stritten, während sie die Speisefolgen organisierte. Sie erzog die eigenen Kinder sowie Nichten, Neffen, Pflegekinder und Studenten, kümmerte sich um Arme und beriet ihren Mann in schwierigen politischen Angelegenheiten."
Eine äußerst vielschichtige Aufgabe. 1545 adressierte Martin Luther einen Brief an seine Frau mit den Worten:
"Meiner freundlichen lieben Hausfrau Katharina Luther von Bora, Predigerin, Brauerin, Gärtnerin und was sie mehr sein kann."
Eigenverantwortlich und fast selbstbestimmt
Die Soziologin Doris Riemann hebt hervor, wie eigenverantwortlich und fast selbstbestimmt die prototypische Pfarrfrau von Bora innerhalb ihres Aufgabenbereiches handeln konnte.
Riemann: Die Pfarrfrau war dem Mann untergeordnet – das war ja eine ganz klare patriarchalische Ordnung –, aber sie hatte ein komplementäres Feld, das sie gleichzeitig eigenständig bewirtschaftet hat. Da hatte der Mann nicht so viel zu sagen. Und das ist das Interessante, finde ich: untergeordnet und eigenständig – etwas, das wir uns heute kaum noch vorstellen können.
Katharina von Bora gilt zwar als Prototyp der Pfarrfrau – aber sie war nicht die erste. Schon in den Jahren zuvor hatte es im Zuge der Reformation einzelne Pfarrer gegeben, die heirateten. Doch entfalteten diese Eheschließungen nicht die Wirkung wie bei Luther, dem großen Reformator, der eine aus dem Kloster entflohene Nonne heiratete.
Die Aufhebung des Zölibats bedeutete den Einzug der Pfarrfrau ins Pfarrhaus. Vor der Reformation waren alle Pfarrer dem Papst untergeordnet, seit Mitte des 12. Jahrhunderts galt in der Papstkirche der Zölibat. Viele hatten mit ihren Haushälterinnen eheähnliche Beziehungen geführt und auch gemeinsame Kinder, sagt die Soziologin Doris Riemann.
Nach der Reformation: "Sie konnten und sie sollten heiraten"
Nun, nach der Reformation, durften die evangelisch gewordenen Pfarrer ihre Haushälterinnen heiraten.
Riemann: "Sie konnten und sie sollten heiraten. Es war inzwischen auch eine Anforderung geworden, diese illegitimen Verhältnisse zu legitimieren. Die Frauen haben damit einen von Gott gegründeten Stand an der Seite ihres Mannes bekommen, aus theologischer Sicht."
Dadurch, dass das Heiraten nun möglich – ja sogar erwünscht! – war, trat die Frau des Pfarrers aus dem Hintergrund heraus in die Öffentlichkeit.
Riemann: "Sie war plötzlich eine im Sozialgefüge herausgehobene Frau. Die Haushälterin, die im Pfarrhaus wohnte, hatte diese Position natürlich nicht. Und plötzlich gab es einen öffentlichen Status an der Seite des Ehemannes und damit auch die Anforderung: Also jetzt sollen sie mal eine vorbildliche Ehe führen.
Über die wilde Ehe im Pfarrhaus hatte man hinweggesehen – doch jetzt sollten alle hinschauen, denn die Ehe des Pfarrers galt als Vorbild. Dadurch, dass er nun heiraten durfte, wurde die Frau an seiner Seite sichtbar. Das Pfarrhaus stieg zum Paradigma christlichen Zusammenlebens auf, wurde zur Projektionsfläche für ein moralisches, gottgefälliges und gelingendes Leben.
Kulisse für eine vermeintlich heile Welt
Dazu beigetragen hat vermutlich, dass vor allem auf dem Land viele Pfarrhäuser bis heute die Kulisse für eine vermeintlich heile Welt bieten. So schreibt der Dichter und Essayist Gottfried Benn über das Pfarrhaus im Nordwesten Brandenburgs, in dem er aufwuchs:
"Eine riesige Linde stand vorm Haus, steht noch heute da, eine kleine Birke wuchs auf dem Haustor, wächst noch heute dort, ein uralter gemauerter Backofen lag abseits im Garten. Unendlich blühte der Flieder, die Akazien, der Faulbaum."
Lange Zeit galt das traditionelle Bild der protestantischen Pfarrfrau: Sie sollte ein offenes Ohr für die Sorgen der Gemeindemitglieder haben, tatkräftig sein, aber zurückhaltend und bescheiden, fleißig, fromm und fürsorglich, kinderlieb und mütterlich, im Erscheinungsbild adrett, aber keinesfalls so, dass sie begehrliche Blicke anzieht.
Sie sollte ihrem Mann stets den Rücken stärken – und das alles öffentlich. Wer Vorbild sein soll, auf den wird geschaut: Alles, was die Pfarrfrau tat – oder nicht tat –, war von größtem Interesse für die Gemeinde.
Doch viele Pfarrfrauen fühlten sich unbehaglich in dieser Rolle. So veröffentlicht die "Zeitschrift für Evangelische Ethik" 1959 einen Beitrag mit dem Titel "Freiheit und Unfreiheit im Leben einer Pfarrfrau".
"Wie viele junge Bräute, die sich einem Pfarrer vermählten, haben in Angst und Bangen sich gesagt: Wenn das nur nicht wäre – dieses schreckliche Exponiertsein vor allen Blicken, dieses Stehen im Zentrum der Aufmerksamkeit."
Dies gilt zum Teil noch heute. Die Berliner Pfarrfrau Birgit Ehrhardt erinnert sich an eine frühere Stelle ihres Mannes, in den 90er-Jahren auf dem Land in Brandenburg. Die Menschen dort beurteilten sie sehr kritisch. Sie war die Frau des Pfarrers und damit ungewollt exponiert.
Ehrhardt: "Da wurde ich schief angeguckt. Da gab es in dem Ort Frauen mit sehr kurzen, raspelkurzen Haaren – die sind durchgegangen! Aber dadurch, dass ich die Frau des Pfarrers war, und mit fünf Ohrringen! Da gab‘s auch Menschen mit zehn Ohrringen – aber die waren nicht die Frau des Pfarrers. Insofern kenne ich diesen Blick. Aber ich muss sagen, die Menschen werden, glaube ich, im Großen und Ganzen toleranter."
Die Zeiten haben sich geändert. Was aus dem traditionellen Bild der protestantischen Pfarrfrau, die in einem mausgrauen Baumwollkleid bescheiden, still und ungeschminkt im Schatten ihres Mannes steht, geworden ist, beschreibt Birgit Ehrhardt so:
"In der Gemeinde, in der wir jetzt sind, kann ich anziehen, was ich will, ich kann tätowiert sein, ich kann mich schminken – ich hab dunkelrote Lippen –, ich kann mir, wenn ich Lust hab, meine fünf Ohrringe reinmachen – das ist denen so Wurscht! Die sehen einfach mich als Menschen, das ist in dieser Gemeinde hier wunderbar."
Manches inzwischen völlig umgekehrt
Im Vergleich zu früher habe sich manches inzwischen völlig umgekehrt, sagt Birgit Ehrhardt. Die heutige Pfarrfrau darf durchaus mehr als adrett aussehen:
Ehrhardt: "Wenn ich weniger geschminkt war, sagte ein älterer Mann: "Letzte Woche sahen Sie besser aus, da hatten Sie einen dunkelroten Lippenstift." Das fand ich klasse – diese Freiheit als Frau zu haben."
Geebnet wurde diese Freiheit durch das "Gesetz über die Gleichberechtigung von Mann und Frau", das 1958 in Kraft trat. Hinzu kam der Wirtschaftsaufschwung ab Ende der 50er-Jahre. Die Frauen entdeckten, dass sie Geld hinzuverdienen konnten, sagt die Soziologin Doris Riemann: "Durch diesen Wirtschaftsaufschwung herrschte Arbeitskräftemangel, ganz besonders auch im Pflegebereich. Und plötzlich tauchte als Lösung die Teilzeitarbeit für verheiratete Frauen auf. Da gab es innerkirchlich natürlich große Diskussionen, wie an anderen Stellen auch, aber mit dem Ergebnis, dass die Teilzeitarbeit als der Schlüssel angesehen wurde, dass die Frauen, die arbeiten wollten – klar, die Pfarrfrauen wollten auch arbeiten! –, dieses tun konnten, aber – und das ist wichtig: ohne die anderen Sachen zu verlassen.
Die Pfarrfrau sollte sich also weiterhin genauso intensiv wie bisher um die Gemeinde kümmern. Würde die Berufstätigkeit ihren Dienst in der Gemeinde stören, so sollte der Pastor auf Verlangen der Kirchenleitung darauf hinwirken, dass die Frau ihren Beruf wieder aufgibt. So sah es Anfang der 60er-Jahre ein Passus im novellierten Pfarrerdienstgesetz vor.
Doch die Pfarrfrauen wehrten sich gegen die Einmischung, und so verschwand der Passus bald wieder. Innerhalb der Kirche jedoch führte er zu einer Debatte über die Berufstätigkeit der Pfarrfrau.
Frauen ins Pfarramt?
Gegenstand einer weiteren Debatte war die Frage, ob auch Frauen fürs Pfarramt zugelassen werden sollen. Zwar durften sie bereits seit Anfang des 20. Jahrhunderts Theologie studieren, doch die Kirche verwehrte es ihnen, als Pfarrerinnen zu arbeiten. Nun drängten sie auf die Kanzeln, der Bedarf an Pastoren war groß.
Nach langen Diskussionen innerhalb der Kirchen wurde 1958 in Lübeck zum ersten Mal in der Bundesrepublik eine Pastorenstelle mit einer Frau besetzt. In der DDR war dies bereits einige Jahre zuvor geschehen. Die neue Entwicklung hatte weitreichende Folgen für die Pfarrfrau, sagt die Soziologin Doris Riemann.
Riemann: "Die "Frau Pastor" vor Ort war ihren Titel los. Plötzlich war unklar, wer sie denn ist, also um wen es geht: um die Pastorin, die jetzt auf der Kanzel steht, oder um die Pfarrfrau alten Schlages?"
Die beiden neuen Leitbilder – die Frau auf der Kanzel und die berufstätige Ehefrau des Pfarrers – läuteten das Ende der Pfarrfrau alten Schlages ein, der Pfarrfrau, wie sie es jahrhundertelang gegeben hatte. Sie musste sich jetzt mit dem Vorwurf auseinandersetzen, sie habe sich ausbeuten lassen. Viele Pfarrfrauen wehrten sich dagegen.
Riemann: "Die haben sich weder ausgebeutet noch unterdrückt gefühlt. Die hätten vielleicht gern ein bisschen Geld noch für einen Staubsauger oder ein neues Kleid gehabt. Also diejenigen, mit denen ich gesprochen habe, das haben sie alle wirklich von sich gewiesen. Und das hängt mit dem Status und der Bedeutung und der Bezogenheit dieser Tätigkeitsfelder zusammen. Aber in dem Moment, wo das kippt, wo die Frau auf der Kanzel und die erwerbstätige Ehefrau die neuen Leitbilder sind, da müssen sie sich mit diesem Vorwurf auseinandersetzen."
Ehe- und Lebensberatungsstellen
Hinzu kam die Professionalisierung vieler Arbeitsbereiche, in denen lange Zeit die Kompetenz der Pfarrfrau gefragt war.
Die Kirche stellte nun Sozialarbeiter und Psychologen ein, es entstanden Ehe- und Lebensberatungsstellen. Für das, was die Pfarrfrau bisher getan hatte, brauchte man plötzlich eine Ausbildung.
All dies drängte die Pfarrfrau noch weiter in den Schatten – und aus dem Blick. Doch gibt es sie nach wie vor in den evangelischen Kirchengemeinden.
Riemann: "Da gibt es inzwischen die unterschiedlichsten Varianten: Es gibt Pfarrfrauen, die machen es wie früher, sie machen noch Frauenkreise, und sie machen Kindergottesdienst. Und es gibt viele Gemeinden, da machen sie‘s nicht mehr, bis hin dazu, dass es inzwischen viele Ehefrauen von Pastoren gibt, die sagen: Das ist der Beruf meines Mannes, damit habe ich nichts zu tun. Ich habe ein eigenes Leben."
Die Berliner Pfarrfrau und Krankenschwester Birgit Ehrhardt verortet sich irgendwo in der Mitte. Sie bringt sich zwar in die Gemeinde ein – aber entscheidet selbst, wo.
Ehrhardt: "Ich mache gerne Sachen in der Gemeinde, aber die, die ich machen möchte, und nicht, weil ich gerade mal diesen Mann geheiratet habe. Ich bin Krankenschwester – er macht ja in meinem Beruf auch nichts. Nun habe ich das große Glück: Wir haben keine Gemeinde, wo große Anforderungen an eine Pfarrfrau gestellt werden. Es gibt aber auch Gemeinden – eine Bekannte von uns, die auch Frau eines Pfarrers ist, die sagte irgendwann, es nerve sie ungemein, dass sie ständig Kaffee kochen müsse am Sonntag. Ich sagte zu ihr: "Ja, warum machst du‘s denn?" Man muss halt das Rückgrat haben und einfach gegenhalten."
Auf die Gehaltsliste der Kirchengemeinde?
Im Laufe der letzten Jahrzehnte ist immer wieder darüber nachgedacht worden, nicht nur den Pfarrer, sondern auch die Pfarrfrau auf die Gehaltsliste der Kirchengemeinde zu setzen. Birgit Ehrhardt hält davon nicht viel. Sie hat ihren Beruf als Krankenschwester und freut sich, dass sie als Pfarrfrau, wenn sie das möchte, hier und da ehrenamtlich mitarbeiten kann, aber völlig unabhängig ist.
Ehrhardt: "Es kann niemand kommen und sagen: "Frau Ehrhardt, Sie haben noch nicht ...!" Das kann mein Chef sagen oder meine Einsatzleitung in meinem Beruf als Krankenschwester, da kann mir vorgeworfen werden: "Das und das hast du noch nicht getan!" Das kann mir als Pfarrfrau nicht vorgeworfen werden. Ich engagiere mich, alles ehrenamtlich, und vor diesem Hintergrund kann man mir nichts – und ich lass mir auch nichts!"
Wie in anderen akademischen Berufen gibt es seit einigen Jahrzehnten auch im protestantischen Pfarramt immer mehr Frauen. In der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg sind es inzwischen rund 50 Prozent – in den nächsten Jahren werden es noch mehr.
Mit dieser, wie es manche nennen, "Feminisierung der Kirche" ist ein neues Phänomen entstanden: der Pfarrmann, der Ehepartner der Pfarrerin. Um dieser Entwicklung gerecht zu werden, hat sich der Arbeitskreis "Pfarrfrauen in der EKD" vor sechs Jahren umbenannt. Er heißt jetzt "Pfarrfrauen und Pfarrmänner in der EKD" – doch lassen sich bei den Tagungen so gut wie keine Männer blicken, das Interesse ist gering.