Archiv

Australiens Flüchtlingspolitik
"Grausame Abfertigung im Internierungslager"

UNO-Sonderberichterstatter François Crépeau findet scharfe Worte: Grausam, inhuman und menschenunwürdig sei die Behandlung der Flüchtlinge in den australischen Auffanglagern auf der Pazifikinsel Nauru. Die Vorwürfe sind nicht neu: Amnesty International spricht von Freiluftgefängnis und Folter.

    Demonstranten fordern in Australien die Unterbringung von Asylsuchenden und Flüchtlingen auf dem Festland und die Schließung der Lager auf den pazifischen Inseln Nauru und Manus
    Demonstranten fordern in Australien die Unterbringung von Asylsuchenden und Flüchtlingen auf dem Festland und die Schließung der Lager auf den pazifischen Inseln Nauru und Manus (Imago)
    Australien interniert Bootsflüchtlinge, die das Land erreichen wollen und dabei erwischt werden, in Auffanglagern auf mehreren pazifischen Inseln. Die australische Regierung will damit nach eigenen Angaben Menschenschmuggler abschrecken, die den Flüchtlingen eine Zukunft in Australien versprechen. Niemand aus diesen Lagern darf je australischen Boden betreten - selbst anerkannte Asylbewerber werden in Drittländern angesiedelt.
    Nach einem Besuch im Auffanglager auf Nauru kritisierte François Crépeau, UNO-Berichterstatter für die Menschenrechte von Migranten, die Abfertigung der Asylsuchenden dort als grausam, inhuman und menschenunwürdig. Minderjährige Flüchtlinge wiesen Symptome von posttraumatischer Belastungsstörung, Angstzuständen und Depression auf. Kinder litten an Schlafstörungen, Alpträumen und Bettnässen. "Australien ist verantwortlich für die Schäden, die diese Asylsuchenden und Flüchtlinge durch die ungewollte Gefangenschaft erleiden", sagte Crépeau. "Es ist ein fundamentales Prinzip der Menschenrechte, dass eine Person nicht bestraft werden kann, um andere abzuschrecken."
    Die australische Einwanderungsbehörde erklärte, sie sei mit einigen Beobachtungen Crépeaus nicht einverstanden. Es habe auch keine Gelegenheit bestanden, aus Sicht Australiens ungenaue Fakten in dem Vorbericht des UNO-Berichterstatters zu korrigieren. Der Abschlussbericht des kanadischen Juraprofessors soll im Juni erscheinen.
    Immer wieder Vorwürfe
    Es ist längst nicht das erste Mal, dass Australien für seine Migrationspolitik in der Kritik steht. Nach der Statistik der Regierung sind mehr als 1.200 Menschen in den Lagern in Nauru und auf der Insel Manus, die zu Papua-Neuguinea gehört, interniert. Die meisten von ihnen kommen aus Sri Lanka, Afghanistan und dem Mittleren Osten. Menschenrechtsorganisationen fordern schon lange eine Schließung der Camps. Amnesty International spricht von Nauru als einem Freiluftgefängnis - und von Folter.
    Im August hatte die britische Zeitung "The Guardian" rund 2.000 Dokumente veröffentlicht, die von Mitarbeitern des Flüchtlingslagers auf Nauru verfasst wurden und die skandalösen Zustände dort beschreiben. Die "Nauru Files" dokumentieren Vorfälle von sexuellem Missbrauch und Gewalt gegen Kinder, Vergewaltigungen von Frauen, Selbstmordversuche und desolate hygienische Zustände im Zeitraum zwischen Mai 2013 und Oktober 2015. Das australische Immigrationsministerium erklärte dazu, viele der Berichte enthielten ungeprüfte Anschuldigungen.
    "Die Nase voll"
    Auch die UNO hat Australien schon früher vorgeworfen, auf Nauru gegen die Antifolterkonvention zu verstoßen. Im März 2015 sagte der australische Premierminister Tony Abbot, man habe "wirklich die Nase voll" von den Vorhaltungen zum Umgang mit Flüchtlingen. "Wir haben die Boote gestoppt und damit das Sterben auf dem Meer beendet", sagte er vor Journalisten. Seine Regierung habe die Routen für den Menschenschmuggel blockiert und das sei "die humanitärste, ehrbarste und erbarmungsvollste Sache" gewesen, die Australien machen konnte.
    (nin/ach)