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Austro-Rapper Average
Zwischen Mundart und Chanson engagée

Hip Hop Klischees kümmern den Austro-Rapper Average wenig. Statt harter Beats setzt er auf subtile Grooves der französischen Schule, auch Beefs und Dissen interessieren ihn weniger. Er präsentiert vielschichtige Schilderungen der Stadt und widmet sich voll Selbstironie der „Männergrippe“.

Von Paul Lohberger | 20.03.2019
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Áustro Rapper "Average" mit verschränkten Armen. Im Hintergrund eine dunkle Straße (Philipp Kottlorz - Tivoli Agency)
Lied Männergrippe: "Auch wenn es sich anfühlt wie Messerstiche, zieht sie es ins Lächerliche"
"Ich habs witzig gefunden, dieses Chauvinistische auch ein bisschen zu veräppeln, allerdings, ich kann nur aus meiner Warte sprechen, dass ich schon definitiv ein schwächeres Immunsystem hab als meine Partnerin. Insofern wars legitim, so was zu einem Text zusammenzufassen. Es betrifft mich, es hat mich immer schon betroffen, die Wehleidigkeit, wie es vielen Männern geht, deswegen hab ich mir gedacht, ich schreib da jetzt mal einen Song darüber."
Hip Hop ist für Average ganz klar die laute Stimme der "kleinen Leute", trotzdem erklärt er weder Wien noch die Stahlstadt Linz zu Gangster-Ghettos.
Die Extreme, von denen er berichtet, sind anderer Art: In "1 Uhr 30" muss der Erzähler zu einem Notfall, seine Schilderung der nächtlichen Stadt wird unterbrochen…
Alltag in all seinen Facetten
Der Erzähler kann aber nicht wirklich helfen. Die atmosphärisch dichte Darstellung lässt auch den Hörer ratlos zurück. Die Höhen und Tiefen des Alltags vielschichtig zu thematisieren, dabei orientiert sich Average am französischen HipHop.
"Ich hab irgendwann eine große Liebe entwickelt für die französische Sprache, und wer sich mit Poesie auseinandersetzt, weiß, dass französische Sprache sich für gedichtete Texte sehr gut eignet. Und ich finde, das spiegelt sich auch in der Musik sehr gut wieder, vor allem in Rap-Musik, die Herangehensweise, mit Sprache zu spielen, Inhalte in Texte zu verpacken. Verschiedene Jargons anzuwenden, hat mich immer fasziniert, und zum Teil versuch ich das selber in meine Texte einfließen zu lassen."
Französische Vorbilder
Zahllose Jargons prägen auch den Alltag in Wien, wo die verschiedenen Dialekte Österreichs und Soziolekte der Stadt aufeinandertreffen. Wenn man wie Average nicht aus Wien kommt, hört man das umso stärker. Die Musikszene des multikulturellen Marseille kennt ähnliche Phänomene. Von dort kommt der Rapper Soprano - ein wichtiger Einfluss für Average.
"Die andere Ebene ist, wie französische Rap Acts an das Schreiben von Refrains herangehen, das ist etwas, was es im Deutschrap meiner Meinung nach nicht gibt, und das fasziniert mich nach wie vor. Das ist breitenwirksam und trotzdem ein Chanson engagée, das Lied, das sich engagiert und auch inhaltlich stark ist.
Inhalt - damit unterscheidet sich Average deutlich von anderen Rappern, wo moderne Sounds für forcierten Hedonismus stehen.
Rap jenseits von Pop Platitüden
Schon lange in Wien, mit dem Chanson engagée im Ohr, im Hinterkopf immer noch die reflektierten Positionen und die Oldschool Loops der Linzer Szene, die ihn geprägt hat, wird Average demnächst seine erste Solo-EP veröffentlichen…
"Die wird übrigens PONT heißen, das französische Wort für Brücke – diejenigen, die keine Affinität zum Französischen haben, können es auch "PONT" aussprechen – ein sehr cooles Wort, das eigentlich nicht existiert… Ich versuche Brücken zu schlagen – meine Art mit Sprache umzugehen, meine Art mit Technik umzugehen, soll quasi die Brücke sein, zwischen Dialekt-Rap und Hochdeutsch-Rap, zwischen Österreich und meinem Frankreich-Bezug, zwischen der Old School und meinen new-schooligen Einflüssen. Und deswegen wars irgendwie logisch, das "Brücke" zu nennen."
Der französische Sound verbindet sich sehr natürlich mit dem weichen Flow der Mundart, so entwickelt Averages Crossover Pop-Appeal. Wir werden sehen, ob der Mainstream bereit ist für Rap jenseits von Pop-Plattitüden und Gangster-Posen. Zumindest hätte "Pont" das Potenzial zum Trendsound.