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Auswirkungen des Klimawandels
Unflexible Krokodile

Im Zuge der globalen Erwärmung wird es in den kommenden Jahrzehnten gewaltige Änderungen in der Flora und Fauna geben. Selbst an hohe Temperaturen angepasste Organismen werden ihre Probleme bekommen - das zumindest prognostizieren australische Biologen dem Leistenkrokodil.

Von Michael Stang | 12.07.2016
    Ein Krokodil taucht unter Wasser.
    Leistenkrokodil im Wasser (imago stock&people)
    Das Leisten- oder Salzwasserkrokodil gilt als das größte heute lebende Krokodil. Ausgewachsene Vertreter von Crocodylus porosus können problemlos fünf Meter lang werden. Diese Panzerechsen leben in den Küstengebieten von Ostindien über Südostasien bis nach Australien und sind in der ganzen ozeanischen Inselwelt heimisch. Ob sich deren Ausbreitung im Zuge des Klimawandels beschleunigen wird, wollte Essie Rodgers von der Universität von Queensland herausfinden:
    "Junge Krokodile müssen abtauchen, um sich vor Raubtieren in Sicherheit zu bringen. Tauchen ist also essenziell wichtig für ihr Überleben. Und wir wollten herausfinden, wie sich eine veränderte Wassertemperatur auf das Tauchverhalten auswirkt."
    "Auch junge Krokodile sind sehr unflexibel"
    Frühere Studien hatten gezeigt, dass sich Krokodile an niedrigere Temperaturen anpassen können. Die Frage war nun: Gilt das auch für höhere Temperaturen, die vor allem in Australien im Hinblick auf die globale Erwärmung zu erwarten sind? Um das zu testen, startete die Biologin Experimente mit zwölf Jungkrokodilen. Die Tiere wurden in Terrarien gebracht, in denen große Tauchdecken standen, in denen sie sich bei Gefahr verstecken konnten. Es gab drei Wassertemperaturen: einmal 28 Grad Celsius, das entspricht der normalen Wassertemperatur im Winter, dann 31,5 Grad Celsius, was einer moderaten Erwärmung entspricht und schließlich 35 Grad Celsius warmes Wasser. Diese Temperatur ergaben Hochrechnungen für eine starke Klimaerwärmung.
    "Bei den Experimenten haben wir die kleinen Krokodile mithilfe eines Geräusches erschreckt, damit sie sich im Wasser verstecken. Das haben wir vier Mal gemacht und dann die Zeit addiert, die die Jungtiere unter Wasser verbracht haben."
    Danach hatten die Tiere einen Monat Ruhe und konnten sich an die Temperaturen gewöhnen. Danach wiederholte Essie Rodgers die Experimente und schaute, ob und wie sich die Tiere an die Bedingungen angepasst haben.
    "Unsere Hypothese war, dass sich junge Krokodile problemlos im Laufe von 30 Tagen auch an die hohen Temperaturen anpassen können. Dem war aber nicht so. Auch junge Krokodile sind sehr unflexibel, ältere sowieso. Das ist aber problematisch, weil sie ja eine hohe Lebenserwartung von bis zu 70 Jahren haben. Das bedeutet, dass sich Jungtiere bei steigenden Temperaturen nicht mehr verstecken können. Damit sind sie häufiger Raubtieren ausgeliefert und das wirkt sich auf die Überlebensraten aus.
    Reptilien nicht unterschätzen
    Auch nach einem Monat hatten sich die Krokodile entgegen bisheriger Vermutungen nicht an das warme Wasser gewöhnen können. Die Tauchzeiten waren stets sehr kurz. Diese Nicht-Anpassung zeigten auch physiologische Werte, die australische Biologin mithilfe von kleinen Biologgern messen konnte, die sie den Reptilien angeschnallt hatte.
    "Wir haben auch bestimmte Stoffwechselkomponenten während der Tauchgänge gemessen. Dabei sahen wir, dass beim Tauchen in warmem Wasser zwar Pulsfrequenz und Herzschlag zunahmen. Hinsichtlich des Blutsauerstoffs, der Menge an Blutkörperchen, Hämatokritwerte und so weiter gab es aber keinerlei Änderungen."
    Demnächst wollen Essie Rodgers und ihre Kollegen untersuchen, ob und wie sich die Ausbreitung der Krokodile im Zuge der globalen Erwärmung verändern dürfte - eine große Ausbreitung nach Süden wird nach den neuen Daten aber nicht wahrscheinlicher. Dennoch sollte man die Reptilien nicht unterschätzen, schließlich können diese Tiere mehrere hundert Kilometer flussabwärts ziehen.