Pilze und Bakterien führen im menschlichen Darm normalerweise ein Leben in friedlicher Nachbarschaft. Der eine duldet den anderen, gelegentlich hilft man sich gegenseitig mit Stoffwechselprodukten aus. Aus Tierversuchen wussten Gianni Panagiotu und sein Team bereits, dass diese Pilze zu übermäßigem Wachstum neigen, wenn die Bakteriengemeinschaft im Darm durch Antibiotika gestört wird. Doch was diese Medikamente im Menschen anrichten, war unklar. 14 Probanden bekamen also Antibiotika verabreicht, anschließend wurde die Mikrobengemeinschaft im Darm untersucht.
"Bei den Bakterien haben wir genau das beobachtet, was andere herausgefunden haben: Die Diversität nimmt ab. Bei den Pilzen war es interessanterweise anders: Die Zusammensetzung der Arten hat sich insgesamt zwar nicht sehr stark verändert. Aber einzelne Pilzarten fingen an, übermäßig und schneller zu wachsen. Und während sich die Bakteriengemeinschaft nach drei Monaten wieder normalisiert hatte, hatten bei den Pilzen vor allem die Arten, die potenziell krank machen, Überhand genommen."
Einer dieser gefährlichen Pilze ist Candida albicans. Bei Menschen mit einer eingeschränkten Immunabwehr kann Candida eine Mykose, also eine Pilzerkrankung auslösen. Doch zwei Drittel aller Menschen merken noch nicht einmal, dass sie diesen Pilz beherbergen. Die Frage war, welche Rolle ihre Darmflora dabei spielt.
"Wir haben uns dann genauer angesehen, wie Bakterien das Pilzwachstum kontrollieren. Und wir konnten tatsächlich einzelne Bakterienspezies identifizieren, die Substanzen produzieren, die das Wachstum solcher krankmachenden Pilze hemmen."
Darmprobleme nach einer Antibiotikabehandlung
Oftmals klagen Betroffene nach einer Antibiotikabehandlung über Darmprobleme, übermäßiges Pilzwachstum könnte dafür mit verantwortlich sein. Die genauen Zusammenhänge wollen Gianni Panagiotu und sein Team nun weiter untersuchen.
"Wir müssen zunächst herausfinden, ob sich das Miteinander von Bakterien- und Pilzgemeinschaft wieder auf das ursprüngliche Niveau einpendelt. Oder ob sich das Gleichgewicht dauerhaft verschiebt. Deshalb wollen wir die Probanden nun über längere Zeiträume untersuchen. Sechs Monaten oder ein ganzes Jahr lang."
Sollte sich herausstellen, dass sich krank machende Pilze auf Dauer im Darm breit machen, sollte man gegensteuern, meint Panagiotu. Eine Möglichkeit wäre, die gestörte Mikrobengemeinschaft durch die eines Gesunden zu ersetzen. Solche Stuhltransplantationen werden bei Menschen mit schweren Durchfallerkrankungen bereits erfolgreich durchgeführt. Gianni Panagiotu hat aber noch eine andere Idee:
"Ich denke, wir sollten unsere eigenen Darmbakterien aufbewahren lassen. In einer Stuhlproben-Biobank, die wir anlegen, wenn wir noch jung und gesund sind. Und wann immer wir Antibiotika einnehmen oder die Zusammensetzung unserer Mikrobengemeinschaft durch andere Therapien dramatisch stören, können wir auf diese eigene junge und gesunde Darmflora zurückgreifen."