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Auszeichnung
Bester deutscher Sattler-Azubi ist Marokkaner

Fouad Kilouli ist Bundesbester des Prüfungsjahrgangs 2014 der "Feintäschner" - einem Handwerk der Sattlerinnung. Jetzt sichert er in einem Betrieb bei Frankfurt am Main 50 Arbeitsplätze durch seine Entwicklungsarbeit. Das grenzt an ein Wunder - denn eigentlich wollten die deutschen Behörden den 33 Jahre alten Marokkaner nicht einreisen lassen.

Von Ludger Fittkau |
    Ein Schild mit der Aufschrift "Bundesagentur für Arbeit", aufgenommen am 26.02.2014 in Berlin im Eingangsbereich einer Agentur für Arbeit.
    Die Bundesagentur für Arbeit hat bei der Vermittlung von Fouad Kilouli geholfen. (dpa / Daniel Naupold)
    Fouad Kilouli demonstriert an seinem Arbeitsplatz die Maschinen, mit denen er Leder und Kunststoffe bearbeitet. Die Materialien werden in Rollkoffer eingebaut.
    "Das ist eine Schärfmaschine, wo man die Kanten der Teile schärfen kann. Schärfen, das heißt dünner machen, da kriegen wir so eine feine, dünne Kante."
    Fouad Kilouli ist ein Feintäschner – das ist ein Sattler, der Brieftaschen und Aktenmappen aus Leder, Kunststoffen oder Textilien herstellt. In Berlin wurde er jetzt als der beste deutsche Feintäschner des Ausbildungsjahrgangs 2014 ausgezeichnet. Der 33 jährige Marokkaner ist sehr stolz darauf, dass er so hoch geehrt in die Hauptstadt reisen durfte:
    "Damit habe ich nicht gerechnet – aber, ja"
    Ein mühsamer Weg
    Dass Fouad Kilouli zu einem der besten deutschen Sattler-Azubis werden konnte, ist fast ein Wunder. Denn die deutschen Behörden haben zunächst alles dafür getan, den handwerklich begabten Marokkaner nicht nach Deutschland einreisen zu lassen. Obwohl Patrick Welsch von der Firma Stratic Lederwaren in Rodgau bei Offenbach Himmel und Hölle in Bewegung setzte, um Kilouli als Auszubildenden nach Deutschland zu bekommen:
    "Es war ein relativ mühsamer Weg. Das übliche Prozedere ist über die Ausländerbehörde einen Antrag zu stellen, dass Herr Kilouli in Deutschland eine Ausbildung beginnen kann. Zusammen mit der Arbeitsagentur wurden die Dokumente eingereicht, bearbeitet, aber immer abgelehnt. Als letztes Mittel blieb dann nur noch ein Brief an den Chef der Bundesagentur für Arbeit, Herrn Weise, zu schreiben. In Meiner Verzweiflung habe ich das auch getan und es hat dann Gott sei Dank geholfen. Ein paar Tage später hatten wir dann die Genehmigung, die wir brauchten, um Herrn Kilouli zu uns zu holen."
    Sicherung von Arbeitsplätzen
    Damit konnte die Rodgauer Firma eine Fachkraft für die Entwicklung von Koffern ausbilden, die sie dringend braucht, um die Existenz des Unternehmens zu sichern:
    "Dadurch, dass wir jetzt hier mit Herrn Kilouli eine ausländische Fachkraft herangezogen haben, sichern wir natürlich auch unsere anderen Arbeitsplätze. 50 hier in Rodgau bei Frankfurt mit ab. Denn wenn wir keine Koffer entwickeln können, dann können wir auch keine Koffer mehr verkaufen."
    Fouad Kilouli entwickelt gerade neue Reisekoffer, die für die Smartphone-Generation praktisch sind. An seiner Werkbank demonstriert er ein nagelneues Koffer-Innenteil, das für die neuen elektronischen Endgeräte nützlich ist:
    "Müssen wir machen, für Tablets, für Laptops für Smartphones jetzt. Die werden immer größer, da müssen wir auch das Handy-Fach immer größer machen, damit es auch für ein Smartphone passt. Und es muss jetzt auch weicher sein mit Schaum, also geschäumt, weil die haben einen großen Bildschirm."
    Kreative Ideen
    Schon in Marokko hatte Fouad Kilouli den Traum, als Sattler oder Feintäschner zu arbeiten. Doch in seinem Heimatland gibt es dieses Handwerk nicht als Lehrberuf:
    "Es war mein Traumberuf eigentlich. Aber in Marokko kann man ihn nicht lernen."
    Der beste deutsche Feintäschner-Azubi des Jahres 2014 könnte jetzt jederzeit in Marokko arbeiten – doch er will in Deutschland bleiben. Dankbarkeit für seinen Ausbildungsbetrieb spielt dabei wohl auch eine Rolle:
    "Und ich bedanke mich bei meinem Meister, Herrn Weitz, der ist ein sehr guter Lehrmeister für mich."
    Der Lehrmeister Klaus Weitz ist natürlich auch mächtig stolz auf seinen preisgekrönten Azubi, der beinahe nicht nach Deutschland kommen durfte und jetzt Arbeitsplätze in Rodgau sichert- auch durch seine kreativen Ideen:
    "Und das war natürlich der Spaß, den ich auch hatte. Weil er hat mich gefordert und ich konnte ihn im Gegenzug auch fordern und das war natürlich sehr konstruktiv."
    Weltoffene Multi-Kulti-Gesellschaft
    Fouad Kilouli arbeitet nun nach seiner Ausbildung weiterhin in Rodgau – sehr zu Freude seiner Kollegen. Er bleibt auch deshalb, weil er inzwischen die weltoffene Multi-Kulti-Gesellschaft des Rhein-Main-Gebietes sehr schätzen gelernt habe, sagt er:
    "Ich habe es auch gesehen, dass hier in Frankfurt, Rodgau, Offenbach – verschiedene Kulturen, verschiedene Nationalitäten. Das finde ich toll."