Das Karlspreisdirektorium in Aachen teilte als Begründung mit, in einem Europa, in dem viele Bürger Orientierung suchten, sende Franziskus eine Botschaft der Hoffnung und Ermutigung. Der Papst sei eine "Stimme des Gewissens", die mahne, den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen. Und die daran erinnere, dass Europa verpflichtet sei, Frieden, Freiheit, Recht, Demokratie und Solidarität zu verwirklichen - aufbauend auf den Idealen seiner Gründerväter.
Vatikansprecher Federico Lombardi sagte, der Papst nehme den Preis an, um ihn Europa zu widmen. "Ich fordere alle auf, sich für den Frieden einzusetzen, insbesondere die Europäer, die Verantwortung für den Frieden auf dem Kontinent und weltweit tragen", sagte Franziskus den Angaben zufolge. Angesichts der Tatsache, dass Franziskus im Allgemeinen Ehrenauszeichnungen ablehne, sei seine Entscheidung, den Karlspreis anzunehmen, von besonderer Bedeutung, sagte Lombardi.
Papst als Kritiker der EU-Flüchtlingspolitik bekannt
Bisher hat sich der Papst mit der Rolle Europas vor allem kritisch auseinandergesetzt. So kritisierte er häufig die Abschottung des Kontinents, außerdem besuchte er die Flüchtlingsinsel Lampedusa, wie DLF-Korrespondent Rainer Brandes berichtet. Die Zustände dort bezeichnete er damals als Schande. In der Rede, die Papst Franziskus vor einem Jahr vor dem Europaparlament in Straßburg hielt, erinnerte er die Politiker an den europäischen Geist und den Gründungsmythos der EU. Der Mensch müsse im Mittelpunkt stehen, nicht die Wirtschaft.
Der Präsident des Europaparlaments, Martin Schulz, betonte, Franziskus' Worte würden weltweit gehört. Er sei ein Mann, der Orientierung biete in Zeiten der Orientierungslosigkeit. Die Werte der europäischen Integration wie Solidarität und Zusammenarbeit seien auch die Werte, für die Franziskus eintrete.
Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken würdigte den Papst als Aktivisten für ein glaubwürdiges Christentum. Mit seinem Besuch auf der Mittelmeerinsel Lampedusa habe Franziskus das Elend vieler Flüchtlinge auf die politische Tagesordnung gesetzt. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, teilte mit, der Karlspreis würdige Franziskus für sein "weltweites Engagement für die Menschheit." Ihm sei es gelungen, die Europäische Union an ihre Werte und Verantwortlichkeiten zu erinnern.
Preisverleihung nicht in Aachen
Die Preisverleihung soll - anders als üblich - 2016 allerdings nicht in Aachen stattfinden, sondern in Rom. Ein genauer Termin steht noch nicht fest. Der Internationale Karlspreis zu Aachen wird seit 1950 für besondere Verdienste um die europäische Einigung verliehen. Unter den bisherigen Preisträgern sind Europaparlaments-Präsident Martin Schulz, Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und Bundeskanzlerin Angela Merkel.
(stfr/hba/fwa)