Es ist eine Pose wie aus einem Agenten-Film - ein junger Mann im schwarzen Anzug mit entschlossenem Gesichtsausdruck und geöffnetem Mund, er ruft offenbar gerade etwas. Er reckt den linken Arm nach oben, Zeigefinger ausgestreckt. In der rechten Hand hält er eine Pistole, auf dem Boden neben ihm liegt ein lebloser Männerkörper, einige Meter entfernt liegt einsam eine Brille, die dem Opfer wohl vom Kopf gerutscht ist. Im Hintergrund hängen die Bilder einer Ausstellung.
Journalistische Verantwortung statt Flucht
Diese Aufnahme des Fotojournalisten Burhan Ozbilici ist heute als Pressefoto des Jahres 2016 ausgezeichnet worden. Die Jury würdigte das Foto als "explosives Bild, das den Hass in unserer Zeit ausdrückt" und lobte Ozbilicis Mut. Als der Attentäter zu schießen begann, habe er Fotos gemacht, statt zu flüchten und sich in Sicherheit zu bringen, sagte Ozbilici. "Als Journalist fühlte ich die Verantwortlichkeit zu bleiben und meine Arbeit zu machen. Auch wenn er getötet worden wäre, gäbe es immer noch Fotos."
Der Fotograf war am 19. Dezember zufällig bei der Eröffnung einer Kunstausstellung in Ankara, als ein junger türkischer Polizist plötzlich eine Waffe zog und den russischen Botschafter Andrej Karlow erschoss. Der Attentäter hatte mehrfach "Vergesst Syrien nicht" gerufen und Rache für die Rolle der Russen im syrischen Bürgerkrieg geschworen. Er wurde bei der Tat von Sicherheitsbeamten getötet.
Die Jury des "World Press Photo Awards" hatte das Siegerfoto aus mehr als 80.000 Einsendungen ausgewählt. Der mit 10.000 Euro dotierte Preis für das beste Pressefoto des Jahres wurde zum 60. Mal verliehen.
(vic/tgs)