Ein Käfig mit fünf jungen Makaken. Das Metallgehege ist knapp zwei Meter hoch, breit und lang. Die Tiere klettern herum, schnappen sich Leckerbissen und schauen neugierig in die Kamera. Auf den ersten Blick scheint alles normal. Das ändert sich, wenn man genauer hinschaut.
"Die Tiere zeigen immer wieder repetitives Verhalten. Sie rennen dann nur noch im Kreis herum. Wenn jemand von uns in den Käfig kommt, verteidigen sie ihr Territorium viel ängstlicher und aggressiver als normale Artgenossen. Außerdem haben sie kaum miteinander Kontakt, sie laufen einfach umeinander herum. Sie lausen sich nicht, sondern halten lieber Abstand voneinander. Das ist alles ganz anders als bei normalen Makaken."
Qiu Zilong arbeitet am Institute of Neurosciences in Shanghai. Die jungen Affen, die er beschreibt, tragen einen Gendefekt, der für eine bestimmte Form von Autismus beim Menschen typisch ist. Ihr Verhalten zeigt autistische Züge.
"Wir arbeiten seit gut fünf Jahren daran, diese Affen zu bekommen. Das war sehr mühsam. Wir schleusen dafür den menschlichen Gendefekt in befruchtete Makaken-Eizellen ein und pflanzen diese Eizellen dann in Muttertiere ein, die sie für uns austragen. Dabei kann sehr viel schiefgehen. Am Anfang überlebten nur ein paar wenige Eizellen von 100. Heute ist das schon viel besser. Und wir konnten jetzt sogar zeigen, dass sich das Gen, das wir eingeführt haben, von einer Generation auf die nächste überträgt und auch in der zweiten Generation die sozialen Defizite auslöst."
Schon einmal haben chinesische Forscher die Genveränderung, um die es hier geht, in Makaken eingeschleust. Doch die Tiere starben schnell. Die Forscher in Schanghai sind die ersten, deren Tiere alt genug werden, um zeigen zu können, dass sich die genetisch manipulierten Tiere tatsächlich anders verhalten. Jetzt wollen sie klären, was genau im Gehirn dieser Tiere verändert ist.
"Wir untersuchen sie mit bildgebenden Verfahren. Wir wollen wissen, welche Gehirnregionen verändert sind. Dann wollen wir ausprobieren, ob wir dort eingreifen können, um die Verhaltensauffälligkeiten abzumildern. Wir wollen zum Beispiel versuchen, den Gendefekt durch Gentherapie zu reparieren. Eine andere Möglichkeit ist die Tiefenhirnstimulation so ähnlich wie bei Parkinson-Patienten."
Forschung noch in den Kinderschuhen
Klar ist: Die genetischen Grundlagen von Autismus sind bisher nur bruchstückhaft geklärt. Das Gen, das die Chinesen manipuliert haben, ist nur eines von gut hundert Genen, die mit Autismus in Verbindung gebracht werden. Und einige Merkmale, die für Autismus beim Menschen typisch sind, haben die Forscher an ihren Affen bisher gar nicht untersucht. Mu-Ming Poo, der Direktor des Institutes in Schanghai, und damit Chef von Qiu Zilong, ist dennoch überzeugt, dass die Arbeit sich lohnt. Er hat das Institut in Schanghai aufgebaut, lehrt und forscht aber auch an der University of California in Berkeley in den USA.
"In Europa und in den USA werden immer weniger Versuche mit Primaten gemacht. Die Mehrheit der Menschen ist dagegen und Genehmigungen zu bekommen wird immer schwieriger. Viele Forscher glauben aber genauso wie ich, dass wir diese Versuche brauchen, wenn wir Entwicklungsstörungen und Krankheiten des Gehirns verstehen wollen. In China und auch in Japan bemühen sich jetzt viele Institute darum, diese Versuche zu ermöglichen."
Positiver Blick in die Zukunft
Es ist noch völlig offen, wie viel die Forscher so tatsächlich herausfinden können. Sicher ist, die Methoden entwickeln sich zügig weiter. Es wird immer billiger und immer einfacher werden, Affen genetisch zu manipulieren und sie für Versuche zu nutzen. Qiu Zilong und andere Forscher in China werden alles daran setzen, dabei die Nase vorn zu haben.