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Auto-Plagiatsvorwurf belastet Mannheimer BWL-Professor

Ulrich Lichtenthaler ist ein BWL-Star. Der 33 Jahre alte Professor hat schon in jungen Jahren so viel publiziert wie kaum ein anderer in seinem Fach. Möglicherweise zuviel. Nun prüft die Uni Mannheim, ob Lichtenthaler wortgleiche Texte an verschiedenen Stellen publiziert hat, ohne das anzugeben. Ein sogenanntes "Auto-Plagiat".

Von Ludger Fittkau | 20.07.2012
    Weil Lichtenthaler nicht vorgeworfen wird, sich die Texte anderer angeeignet zu haben, handelt es sich hier wohl nicht um einen neuen Fall Guttenberg. Aber möglicherweise um den jähen Karriereknick eines Shooting-Stars. Vor dem Mikrofon will Ulrich Lichtenthaler nicht Stellung nehmen. Schriftlich teilt er dem Deutschlandfunk mit, dass er die
    Hochschulleitung der Universität Mannheim schon vor Wochen umfassend über "unbeabsichtigte Fehler" informiert habe, die er "sehr bedauere". Weil die Universität Mannheim nun entsprechend ihrer Richtlinien ein Verfahren zur Untersuchung dieses Sachverhalts eingeleitet habe, werde er sich nach Rücksprache mit der Hochschulleitung zu diesem laufenden Verfahren nicht detailliert äußern, so Lichtenthaler. Er habe aber "selbst ein großes Interesse daran, alle Aspekte zügig zu klären".

    Professor Hans-Wolfgang Arndt, Rektor der Uni Mannheim, hat die Mitglieder der Uni-Kommission für wissenschaftliches Fehlverhalten unverzüglich aus dem Urlaub zurückberufen, nachdem er von einem britischen Professor und Herausgeber einer Fachzeitschrift über das mögliche "Auto-Plagiat" informiert worden ist. Arndt, von Hause aus Jurist, räumt ein, dass jedes Fach eine unterschiedliche wissenschaftliche Kultur habe. Deshalb habe er nun zusätzlich BWL-Fachgutachter von außen gebeten, Gutachten zu den Vorwürfen abzugeben:

    "Die Frage ist nur, wenn man irgendwo das Gleiche schon einmal gedacht hat, sollte man sich zitieren. Und Herr Lichtenthaler, wenn ich es richtig verstehe, sagt eben, es handelt sich hier nicht um das Gleiche, sondern um verschiedene Aspekte des gleichen Themas. Aber da ich von der Angelegenheit ja praktisch nichts verstehe und ich nicht eigene Professoren damit beschäftigen möchte, werden wir - und sind schon dabei - uns um objektive Gutachter von außen bemühen."

    In der BWL-Bibliothek der Uni Mannheim im repräsentativen Stadtschloss am Rhein ist zurzeit nicht viel los. Die Uni hat seit einigen Jahren einen anderen Semesterrhythmus als die meisten anderen deutschen Hochschulen und deshalb ist schon seit einem Monat vorlesungsfreie Zeit. Doch die wenigen Studierenden, die von den Auto-Plagiats-Vorwürfen gegen Ulrich Lichtenthaler gehört haben, betonen, dass sie nicht vorverurteilen wollen. Doch die Betroffenheit ist spürbar:

    "- "Ja, zunächst mal war ich ziemlich überrascht, weil ich habe jetzt nur von BWL-Freunden von mir gehört, dass Herr Lichtenthaler schon einen sehr guten Ruf hat, also überrascht bis schockiert, kann man schon sagen, hätte ich nicht mit gerechnet."

    - "Wenn so eine hoch renommierte Universität wie Mannheim und dann gerade noch die BWL-Fakultät so einen Fall hat, dann schlägt sich das schon aus auf den Ruf der Uni, würde ich sagen."

    - "Ich hoffe mal, dass es ziemlich schnell geklärt wird. So, wie ich es gelesen habe, hat er ja selber drauf gedrungen, dass es schnell aufgeklärt wird. Denn wenn solche Standards nicht eingehalten werden, dann kann man sich an gar nichts mehr halten. Ich finde es schon schlimm, auf jeden Fall.""

    Auch für den Mannheimer Unirektor Hans-Wolfgang Arndt handelt es sich um einen gravierenden Vorgang, der die gesamte Hochschule berührt:

    "Für die Universität ist das überhaupt nie gut, in negatives Gerede zu kommen. Und da sind wir natürlich als eine der führenden Wirtschaftsuniversitäten betroffen. Aber dazu kann ich jetzt noch wenig sagen. Ich glaube, ganz besonders für Herrn Lichtenthaler ist das natürlich eine ganz, ganz schwierige Situation, als junger, aufstrebender Star, er wurde ja überall hochgelobt und jetzt dieser Absturz – ja das ist es noch nicht, aber es ist natürlich eine sehr, sehr schwere Situation für ihn und jetzt warten wir erst einmal, was dabei rauskommt."

    Am kommenden Mittwoch tritt die Mannheimer Unikommission zur Untersuchung wissenschaftlichen Fehlverhaltens zum ersten Mal zum Fall Lichtenthaler zusammen – gleichzeitig gehen jetzt die Prüfaufträge an die externen Gutachter hinaus. Der Mannheimer Unirektor Hans-Wolfgang Arndt schließt zum jetzigen Zeitpunkt nicht aus, dass möglicherweise ein Fall von "Auto-Plagiat" vorliegen könnte. Aber es handelt sich für ihn um einen Vorgang, der nicht mit dem Fall Guttenberg vergleichbar sei:

    "Dazu kann ich nur sagen, jede Wissenschaft hat ihre Kultur. Ich glaube aber, sagen zu können, dass auch unsere Angelegenheit sicher nicht vergleichbar ist mit dem schlichten Abschreiben aus anderen Quellen, wie es Herr von Guttenberg getan hat."