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Autofahrers Tanktraum

Technik. - Heute startet im französischen Nogaro nahe Bordeaux der 21. Shell-Eco-Marathon, der größte europäische Wettbewerb für kraftstoffsparende Autos. Die Vorgabe des Wettbewerbs ist einfach: Es gilt, soweit wie möglich mit nur einem Liter Sprit zu fahren, egal ob mit Benzinmotor, Brennstoff- oder Solarzellen.

Von Michael Stang | 19.05.2006
    An den Start gehen 255 Fahrzeuge aus 21 Ländern. Sie müssen in vier Läufen à sieben Runden von gut 3,5 Kilometern den Gewinner unter sich ausmachen. Die Vorgaben sind gering: Bei dem Rennen müssen sie lediglich von selbst starten und mindestens 30 Kilometer pro Stunde fahren. Ansonsten gibt es kaum Einschränkungen. Nach der Fahrt wird die verbrauchte Energie ermittelt und die Strecke errechnet, die das jeweilige Fahrzeug mit einem Liter Kraftstoff theoretisch hätte erreichen können. Die finanziellen Etats, sowie die technischen Möglichkeiten der einzelnen Teams sind unterschiedlich. Kein leichter Start also für die Teilnehmer der Gewerblich Technischen Schulen Offenbach, die mit ihrem Samba Speed Team zum ersten Mal beim Eco-Marathon in Nogaro antreten:

    "Wir starten in der Kategorie Benzinfahrzeuge. Wir haben ein Fahrzeug mit einer Kohlefaserkarosserie und einem 4-Takt-Verbrennungsmotor von einem Roller, den man tagtäglich so im Straßenverkehr sehen kann beziehungsweise wir haben eine Kreuzung dieser beiden Fahrzeuge versucht. Der Vorderteil, das heißt also die Fahrerkabine, ist ein ehemaliges Liegerad gewesen aus Karbon und in dieses Liegefahrrad haben wir diesen 4-Takt-Ottomotor implantiert."

    Egon Miklea hat mit seinen Teammitgliedern das Gefährt "One drop only" gebaut, ein drei Meter langes und 70 Zentimeter hohes Dreirad, zwei BMX-Reifen hinten, einen vorne.

    "Also der Motor selber hat einen Hubraum von fünfzig Kubikzentimeter, ist ausgestattet mit 4-Ventiltechnik, Benzineinspritzung und hat einen geregelten 3-Wege-Kat. Die Leistung der Maschine beträgt circa drei Kilowatt, das Fahrzeug selbst hat ein Gesamtgewicht von etwa 60 Kilo, dazu kommen noch mal so viel fürs Fahrergewicht. Und mit dieser Fahrmasse wollen wir versuchen, möglichst wenig Benzin zu brauchen und wenn es geht, jenseits der 100 Kilometer mit einem Liter Benzin zu fahren."

    In einer ganz anderen Liga spielt das Team der ETH Zürich, das den Marathon im vergangenen Jahr gewonnen hat. Mit ihrem Pac Car II, einem Brennstoffzellenauto, fuhren sie allen davon, sagt Teamleiter Lino Guzella vom Institut für Mess- und Regeltechnik. Mittlerweile halten sie sogar den Weltrekord:

    "Wenn man das umrechnet, dann hat Pac Car II mit der Energie, die in einem Liter Benzin drinsteckt - in Form von Wasserstoff ist die Energie gespeichert an Bord - 5385 Kilometer gefahren, aber das ist eine Umrechnung. Aktuell ist Pac Car nur 30 Kilometer weit gefahren, eben eine Stunde lang gefahren und man hat den Treibstoffverbrauch dann gemessen. Etwa ein Gramm Wasserstoff wurde für diese Zeit verbraucht. Wenn man das hochrechnet, dann gibt das eben die Zahl, dass man mit der Energie von acht Litern Benzin einmal um die Welt fahren könnte."

    Das Züricher Automobil ist mittlerweile ein erfolgreiches Forschungsprojekt geworden, das auch den renommierten Bosch-Innovationspreis gewonnen hat. Zwei Faktoren konnten die Tüftler in den vergangenen Jahren stets verbessern, die Aerodynamik und die minimale Reibung der Reifen am Asphalt. Ein Vorteil ist auch das geringe Gewicht: der Pac Car II wiegt nur 30 Kilogramm und die zierliche Fahrerin kommt gerade einmal auf das vorgegebene Minimalgewicht. Aber die größte Effizienz liegt im Antrieb, sagt Lino Guzella:

    "Der Pac Car II hat zwei Motoren, das ist etwas, was sich scheinbar in der Technik mehr und mehr durchsetzen wird, denken sie an Hybridfahrzeuge. Wir denken aber auch an Ottomotoren. Also das Konzept, dass man Fahrzeuge mit zwei Motoren ausrüstet und damit Treibstoff sparen kann, das scheint etwas ganz Grundsätzliches zu sein. Wir haben mathematische Modelle erstellt des ganzen Systems, haben mit ihnen optimiert mit diesen Modellen und es kam klar raus: mit zwei Motoren, nicht gleich groß, der eine ein bisschen spezialisiert auf Beschleunigung, der andere spezialisiert auf Geschwindigkeit halten, damit kann man Treibstoff sparen."

    Einige Teams sind bereits Kooperationen mit der Wirtschaft eingegangen. Viele Unternehmen sponsern die Marathonies. Lino Guzella hofft, mit seinem Projekt aber nicht nur einen Anstoß für technische Neuerungen zu geben:

    "Man darf nicht unterschätzen, Pac Car II hat vor allen Dingen auch einen Publizitätseffekt. In der Zeit der steigenden Treibstoffpreise können wir zeigen, was das Limit ist und das bringt die Leute dann natürlich schon zum Denken: ‚Braucht man wirklich einen Wagen, der 15 Liter Sprit braucht oder kann man das nicht mit ein bisschen weniger machen?'"