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Autoindustrie
Marder spielen Kabeltester

Steinmarder lieben Autos. Gerade jetzt spendet der Motorraum Schutz und Behaglichkeit. Wenn ein Kabel den Nestbau behindert, wird das Schutzgummi zerbissen, manchmal sogar das Metall. Die Schäden gehen in die Millionen. In einem Tierpark in Niedersachsen können Unternehmen ihre Kabel testen lassen - von den Tätern.

Von Michael Engel |
    Steinmarder richten mit ihren Knabbereien in Autos Millionenschäden in Deutschland an.
    Steinmarder richten mit ihren Knabbereien in Autos Millionenschäden in Deutschland an. (Imago / McPhoto)
    Wenn Hans-Heinrich Krüger an seinem Arbeitsplatz ankommt, ist er von Dachsen, Ottern und Mardern umgeben. Der Wildbiologe leitet das Otterzentrum Hankensbüttel – einen Tierpark zwischen Hannover und Wolfsburg.
    Warum nicht nutzen, was unter anderen Bedingungen Schaden anrichtet: So kam Krüger auf seine Idee, im Gehege Autokabel testen zu lassen. Ein paar Schritte noch, dann kommt er nach "Marderhausen". Das Ortsschild auf dem Gelände des Tiergeheges soll deutlich machen, dass Marder gerne die Nähe zum Menschen suchen.
    "Wir sind hier im Steinmarder-Betriebsraum. Das heißt, auch hier sind Schlafkästen. Unser Steinmarder-Gehege ist wie eine Scheune eingerichtet, das heißt, hier stehen alte Ackergeräte, hier ist ein Holzstoß, hier ist Stroh gelagert, hier sind Verstecke, hier sind Schlafkästen, und hier sind eben auch die Versuchsobjekte. Das heißt, in diese Scheune werden die Schläuche angebracht, die die Marder halt testen sollen."
    Tiere lassen sich Zeit
    Und da sind sie auch schon: Die Testbeißer von Hankensbüttel! Hier - in der Scheune - turnen Kate und William herum.
    "Weil wir sie als Findelkinder zu einer Zeit bekommen haben, als das englische Königshaus Hochzeit feierte und Kate und William sich vermählten."
    In der Behausung der Steinmarder ist es lange nicht so pompös: Hinter einer verstaubten Egge mit Spinnweben hängt ein ungehobeltes Holzbrett an der Wand, aus dem schlaufenartig angebrachte Autokabel herausragen. Jetzt heisst es nur noch warten.
    "Die stürzen sich ja nicht wild drauf, sondern es ist so, dass sie dort ab und zu mal hinein beißen. Die Tiere lassen sich da schon Zeit. Je nachdem, wie intensiv diese Tiere die Kabel verbeißen, so dauert es doch mehrere Wochen, bis wir dann doch ein klares Ergebnis haben."
    Zähne werden nur vorsichtig eingesetzt
    Nicht nur deutsche Firmen sind an den Versuchen interessiert. Hankensbüttel hat sich mittlerweile auch in der europäischen Autoindustrie herumgesprochen, sagt der Wildbiologe mit einem Lächeln. Der Direktor des Tierparks freut sich über die zusätzlichen Einnahmen. Und erste Ergebnisse gibt es auch schon.
    "Generell zeigen die Versuche, dass natürlich dünne Kabel, die auch aus weichem Material sind, aus Gummi sind, aus Silicon sind, die werden von den Mardern sehr schnell zerbissen. Aber sowie in diesen Kabeln Metall ist oder Gewebeschläuche eingearbeitet sind, dann sind die Marder doch sehr viel zurückhaltender. Man muss ja sehen, es sind keine Nagetiere wie Ratten, die jetzt ihr Gebiss irgendwie abnutzen wollen und müssen, sondern Raubtiere, die ihre Zähne schützen müssen. Und insofern vermeiden sie es eigentlich, ihre Zähne einzusetzen oder setzen sie halt nur ganz vorsichtig ein."
    In der Nachbarscheune von "Marderhausen" werden sogar komplette Karosserien aufgestellt, um zu erkunden, auf welchem Wege die flinken Tiere in den Motorraum hinein gelangen. Eine Frage, für die sich vor allem die Hersteller von Elektrofahrzeugen interessieren, weil schon ein kleiner Biss das ganze Auto lahmlegen kann. Eins ist heute schon klar: Die Arbeit wird den Steinmardern so schnell nicht ausgehen.

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