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Autokäufer scheren sich "überhaupt nicht" um die Umwelt

Dass trotz hoher Spritpreise PS-Protze stark nachgefragt sind, wundert Ferdinand Dudenhöffer nicht. Verbraucher würden zwar am Stammtisch Umweltschutz propagieren, sich beim Autokauf aber nicht davon leiten lassen, so der Wirtschaftswissenschaftler.

Ferdinand Dudenhöffer im Gespräch mit Christiane Kaess |
    Christiane Kaess: Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen. Guten Morgen!

    Ferdinand Dudenhöffer: Schönen guten Morgen!

    Kaess: Herr Dudenhöffer, da wird seit Jahren über sparsamere und umweltfreundlichere Autos diskutiert, und dann kaufen die Verbraucher genau das Gegenteil. Hat Sie das Ergebnis der Studie überrascht?

    Dudenhöffer: Nein, das hat uns nicht überrascht, denn wir sehen den Trend schon ungebrochen seit mehr als 20 Jahren. Eine Unterbrechung gab es, das war das Jahr 2009, eine Unterbrechung zu steigenden PS-Zahlen, das war damals, als die Abwrackprämie lief und alle dann diese Kleinwagen gekauft haben. Kleinwagen haben weniger PS, deshalb ist der Trend unterbrochen worden. Seit anderen Dingen, seit anderen Gelegenheiten war keine Entwicklung zu sehen, die diesen Trend gebrochen hat. Also das geht weiter, und ein Hauptgrund liegt sicherlich in diesen leichten, kleineren mittlerweile Geländewagen, die aber mehr Gewicht haben, die größer sind, die höheren Luftwiderstand haben und deshalb auch höher motorisiert sind.

    Kaess: Welche Motivation steckt denn dahinter, sich gerade, wenn man hauptsächlich in der Stadt unterwegs ist, einen Geländewagen zu kaufen?

    Dudenhöffer: Zunächst mal ist es schick. Das ist ganz wichtig, Auto ist ein emotionales Thema, deshalb kaufen die Leute ja sehr stark auch markenbezogen, zum Zweiten ist es so, dass die Gesellschaft bei uns altert, und diese SUVs, die haben den großen Vorteil, dass sie auf der einen Seite als sportlich angesehen werden, auf der zweiten Seite bequemer sind ergonomisch, man kann besser einsteigen, man hat ein subjektiv besseres Sicherheitsgefühl, weil man höher über der Straße sitzt – all das zusammengenommen lässt die SUVs sehr stark im Trend und bei der Gunst der Käufer steigen.

    Kaess: Wie stark verschieben sich denn die PS-Zahlen?

    Dudenhöffer: Wir haben jetzt in diesem Jahr zwei PS mehr gehabt als im Durchschnitt, und wenn wir jetzt zurückdenken, zum Beispiel die Zeitreihe bis 1995 – und da waren die Autos ja auch nicht untermotorisiert –, also 13 Jahre zurück zu 1995 hatten wir 95 PS, heute sind es 137.

    Kaess: Also ein deutlicher Unterschied.

    Dudenhöffer: Ein deutlicher Unterschied, über 40 Prozent sind dazugekommen in dieser relativ kurzen Zeit, und es ist wie gesagt kein Trendwechsel erkennbar.

    Kaess: Noch kurz die Frage zu dieser Ausnahme, die Sie auch schon angesprochen haben: Im Jahr 2009, als es die Abwrackprämie gab, da wurden besonders viele Kleinwagen gekauft. Wie hängt das miteinander zusammen?

    Dudenhöffer: Kleinwagen sind eben halt mit weniger Gewicht ausgestattet, brauchen deshalb eine kleinere Motorisierung, brauchen weniger Treibstoff, deshalb ist dieser Kleinwagentrend im Jahr 2009 durchgebrochen und hat eben dann die PS-Zahl nicht, oder diesen Trend zu höheren PS-Zahlen, gebrochen.

    Kaess: Und wo liegt der Zusammenhang zur Abwrackprämie?

    Dudenhöffer: 2500 Euro gab es damals, wer sich ein neues Auto gekauft hat, und diese 2500 Euro waren dann am sinnvollsten angelegt, wenn man sich eben einen Kleinwagen gekauft hat, weil Kleinwagen auch preisgünstiger sind.

    Kaess: Die Geländewagen, die Sie angesprochen haben, werden ja von der Autoindustrie auch stark beworben. Hat den das Umdenken in der Industrie also überhaupt nicht stattgefunden?

    Dudenhöffer: Die Industrie reagiert immer danach, was der Kunde will, denn sie will ja mehr verkaufen und damit mehr Gewinn erzeugen, was eigentlich nicht anrüchig ist. Das Wesentliche ist, der Kunde entwickelt sich in eine Richtung, die dann dazu führt, dass eben Klimaschutz und die anderen Dinge überhaupt nicht akzeptiert werden, auch hohe Spritpreise nicht akzeptiert werden. Man sagt zwar, man verhält sich umweltfreundlich, aber das, was in den letzten Jahren an Einsparungen wirklich gebracht worden ist, das ist nur deshalb gekommen, weil die EU-Kommission im Jahr 2008 Regulierungen erlassen hat, dass der sogenannte CO2-Verbrauch – der wird gemessen in Gramm CO2 pro Kilometer – nach unten gegangen ist. Also ohne die staatliche Regulierung, ohne die Regulierung der EU-Kommission, würden heute unsere Fahrzeuge noch deutlich mehr Treibstoff verbrauchen.

    Kaess: Sie sagen, es ist nicht anrüchig, aber man kann auch die Konsequenz ziehen, dass das Thema Umweltverschmutzung für die Industrie eigentlich nach wie vor keine Rolle spielt.

    Dudenhöffer: Wie gesagt, die Umweltverschmutzung, die reagiert auf den Käufer. Es ist der Käufer, der sich überhaupt nicht drum schert, der zwar am Stammtisch immer wieder erzählt, wie wichtig ihm die Umwelt ist, der seinen Kindern erzählt, wie wichtig ihm die Umwelt ist, aber wenn er dann ein paar Kilometer von der Tankstelle weg ist, gibt er Vollgas und kauft sich einen hochmotorisierten SUV.

    Kaess: Herr Dudenhöffer, wenn der Verbrauch überhaupt keine Rolle spielt, dann könnte man ja sagen, dann können die Spritpreise ja hoch bleiben.

    Dudenhöffer: Ja, sie bleiben ja auch hoch. Sie steigen jedes Jahr, aber gemessen an dem, was wir verdienen, sind sie relativ eher gesunken. Das heißt, der Spritpreis, darüber lamentieren alle, pausenlos.

    Kaess: Aber wie ist denn diese regelmäßige Aufregung über die hohen Spritpreise zu erklären?

    Dudenhöffer: Es ist einfach ein gutes Thema, was sich immer wieder schön verkauft, es ist ein Aufregerthema, man spricht darüber mit Freunden, an Stammtischen, in Klubs, aber sein Verhalten, das ändert man nicht wirklich, also es ist ein vorgeschobenes Thema, wo man sich vorgeschoben aufregt, aber tatsächlich, tatsächlich berührt es einen relativ wenig, sonst würde man anders reagieren.

    Kaess: Nun müssen im kommenden Jahr die Tankstellen ihre Preise an eine sogenannte Transparenzstelle des Bundeskartellamtes melden. Was wird das bringen?

    Dudenhöffer: Nach meiner Einschätzung gar nichts. Diese Transparenzstelle – wenn man es übertrieben formuliert, ist es eher ein Marketinginstrument des Bundeskartellamtes. Das Kartellamt ist auf dem Gebiet der Treibstoffpreise völlig machtlos, denn was bei uns gemacht wird, bei uns wird überwiegend der Treibstoff in die Distribution, in die Verteilung gegeben, an die Tankstellen gegeben, und die großen Gewinne der Mineralölgesellschaften, die entstehen nicht im Tankstellengeschäft, nicht bei der Distribution, sondern die entstehen dort, wo das Öl gebohrt wurde, dort, wo der Treibstoff in großen Raffinerien erzeugt wird – und genau das ist in Europa oder weltweit der Fall. Also das Bundeskartellamt ist ein zahnloser Tiger, der in Deutschland für etwas kämpft, was man überhaupt nicht in Deutschland ändern kann, und deshalb ist die ganze Aktion mehr eine Marketingaktion des Kartellamtes. Das Kartellamt weiß das ganz genau.

    Kaess: Aber man soll ja auch über Internetportale die Spritpreise erfahren, die Macht der Verbraucher, glauben Sie, spielt da keine Rolle?

    Dudenhöffer: Nein, die spielt keine Rolle. Es gibt ja schon seit 50 Jahren große Preisschilder an jeder Tankstelle, und diese großen Preisschilder, die wirklich jedem von Weitem her erkennbar sind, haben nicht dazu geführt, dass sich da irgendwelche Änderungen ergeben hätten. Das Problem sitzt nicht in Deutschland, sondern das Problem ist international. Und deshalb ist das Kartellamt ein zahnloser Tiger, und deshalb ist das, was das Kartellamt derzeit macht, mehr so eine Öffentlichkeitsaktion, um das Kartellamt wieder ins Gespräch zu bringen.

    Kaess: Sagt der Wirtschaftswissenschaftler Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg Essen. Vielen Dank für das Gespräch!

    Dudenhöffer: Ich bedanke mich!

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.