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Automobilbranche
Zukunft der nachhaltigen Mobilität

Sie werben gerne mit umweltfreundlichen Elektroautos, wenig Kraftstoffverbrauch, halten sogar Konferenzen zum Thema Nachhaltigkeit ab – doch in Wahrheit hat die Automobilindustrie in den letzten Jahrzehnten immer größere, schwerere Autos mit immer mehr Elektronik an Bord verbaut.

Von Susanne Lettenbauer |
    Kraftvoll, energiegeladen präsentiert sich Audi in diesen Tagen in Las Vegas. Ein nagelneuer A7 fährt vor, mit an Bord Fahrzeugtechnik für pilotiertes Fahren, Mid-Range-Radarsensoren ringsum, ein Laserscanner, eine hochauflösende, weitwinkelige 3D-Videokamera, dazu ein Touchdisplay. Technik und Leichtbau auf dem neuesten Stand. 272 PS, 136 Gramm CO2-Ausstoß pro Kilometer, kombiniert 5,2 Liter Diesel auf 100 Kilometer.
    Auf der anderen Seite der Audi A3 g-thron - ein Erdgasfahrzeug, 110 PS, CO2-Ausstoß unter 95 Gramm pro Kilometer. Im Mittel verbraucht der Kompakte pro 100 Kilometer weniger als 3,5 Kilogramm Erdgas oder das spezielle Audigas - ein Treibstoff, der in firmeneigenen Werken mithilfe von Ökostrom aus CO2 und Wasser entsteht:
    "Also, wir stehen mittendrin. Es ist keine heilige Kuh, die irgendwo unbeachtet bleibt in der gesamten Automobiltechnologie. Ob das Leichtbau ist, Verbrennungsmotor, Wasserstofftechnologie, Hybridisierung, elektrische Antriebe - alle Technologien müssen angeschaut werden, um diese großen Anforderungen zu meistern."
    Nachhaltigkeit heißt für Peter Tropschuh Zukunftsfähigkeit. Dass es Audi auch in 20, 30 Jahren noch gibt, darum geht es. Nachhaltigkeit nicht nur am Fließband, sondern auch bei der Ausbildung und dem Umweltschutz, aber vor allem natürlich bei der Autoproduktion.
    2011 wurde seine Abteilung gegründet, im Zuge der Strategie 2020 "Wir leben Verantwortung". Fünf Kernthemen zur Nachhaltigkeit habe man damals definiert. 70 Prozent der Investitionen fließen heute in die Entwicklung neuer Technologien, betont der Leiter der Nachhaltigkeitsabteilung.
    "Das heißt, wir müssen arbeiten an der Motorentechnik, dass Motoren verbrauchseffizienter werden, wir müssen schauen, dass unsere Fahrzeuge sicherer werden und gleichzeitig leichter."
    Nachhaltigkeit in der Automobilbranche sei die Quadratur des Kreises, meint Friedel Hütz-Adams, Rohstoffexperte beim Bonner Südwind-Institut. Um technische Finessen wie beim A7 anbieten zu können, werden Computerchips benötigt, die aus seltenen Rohstoffen hergestellt werden, um CO2 zu sparen, müssten Autos kompakter, leichter und kleiner werden, der Trend gehe aber zu PS-starken großen Fahrzeugen, die nur durch den Einsatz von energieintensivem Aluminium sparsamer werden können. Dort mache es aber einen großen Unterschied:
    "Ob Aluminium aus einer Bauxit-Mine kommt, für die Regenwald abgeholzt wurde und für die nachher in der weiteren Verarbeitung Kohlestrom genutzt wurde, oder ob ich eine gut funktionierende Mine habe mit ökologischen Ausgleichsmaßnahmen und hab eine Weiterverarbeitung mit Strom aus Wasserkraft. Das macht auch für die Gesamtbilanz eines Autos einen riesigen Unterschied aus."
    Noch immer könnten die Unternehmen nicht durchgängig die Herkunft ihrer Rohstoffe und Zuliefererteile offen legen, kritisiert Hütz-Adams. Man lasse sich von den Zulieferern vertraglich zusichern, dass Umwelt- und Sozialstandards eingehalten werden, sagt Peter Tropschuh von Audi. Beispiele bis in die letzte Zuliefererkette kann er jedoch keine nennen. Das Problem kennt er aber:
    "Woran wir arbeiten müssen: In unserer ganzen Zulieferkette, dass wir vernünftige Arbeitsbedingungen haben. Hier bei uns in unseren eigenen Betrieben haben wir keine Angst, aber je weiter wir in der Kette vorgehen, umso schwieriger wird die Kontrolle, dass wir keine Verhältnisse haben wie irgendwo in asiatischen Länder, das berühmteste Negativbeispiel Foxconn, so was darf nicht passieren."
    Grün, sauber und pleite - das kann Nachhaltigkeit nicht bedeuten, betont Tropschuh. Deshalb sei man auf die PS-starken Mittel- und Luxuswagen angewiesen, die wiederum die Entwicklung von Erdgas und Elektrofahrzeugen mitfinanzieren. Über nachhaltige Mobilität entscheidet letztlich der Kunde. Und dem geht es bei Audi um die PS-Zahl.