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Automobilexperte Dudenhöffer
"Diesel-Paket hat mehr Fragezeichen als Antworten"

Das Diesel-Paket der Koalition habe wenig Konkretes und Umsetzbares, um die Luft in den Städten zu bessern, sagte Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer im Dlf. Die Umtauschangebote der Industrie hätten nur überschaubare Wirkung, bei den Fragen zur Hardware-Nachrüstung sei gar nichts geklärt.

Ferdinand Dudenhöffer im Gespräch mit Jörg Münchenberg |
    Ferdinand Dudenhöffer, Professor für Automobilwirtschaft an der Universität Duisburg-Essen.
    Ferdinand Dudenhöffer, Professor für Automobilwirtschaft an der Universität Duisburg-Essen: "Wenig Konkretes beim Diesel-Paket" (picture alliance / dpa / Paul Zinken)
    Am Telefon ist jetzt der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg. Herr Dudenhöffer, ich grüße Sie!
    Ferdinand Dudenhöffer: Schönen guten Tag!
    Münchenberg: Herr Dudenhöffer, erst einmal: Es soll jetzt großzügige Umtauschprämien geben. Es werden zwar keine Zahlen genannt, aber es ist die Rede von großzügigen Umtauschprämien. Ist das eine gute Nachricht für die Dieselbesitzer?
    Dudenhöffer: Es ist eine langweilige Nachricht, denn Umtauschprämien gibt es ja schon seit mehr als zwölf Monaten, bis zu 10.000 Euro von VW. Das heißt, die alten Fahrzeuge sind schon längst abgefischt. Das sind so um die 200.000 Fahrzeuge, die umgetauscht worden sind. Neuere Fahrzeuge jetzt mit Umtauschprämien noch einmal zu den Händlern zu bringen, und die Händler überlegen, wie sie die dann verkaufen können, weil unter Umständen keine Hardware-Nachrüstung möglich ist - das sind Dinge, die sind wirklich auf sehr dünnem Boden gestrickt. Nach meiner Einschätzung bringen diese Tauschangebote nur überschaubare Wirkungen.
    Diesel wird zum Auslaufmodell
    Münchenberg: Herr Dudenhöffer, nun ist ja auch ein Problem, dass nur die sogenannten Diesel nach der Euronorm 6D-Temp wirklich sauber sind und für die Zukunft eine Sicherheit bieten, dass die nicht von Fahrverboten betroffen sind. Gibt es da überhaupt ausreichend Angebote? Denn diese neue Euronorm, die tritt ja erst im nächsten Jahr in Kraft.
    Dudenhöffer: Alle, die Diesel heute fahren und betroffen sind, mit Euro fünf und mit Fahrverboten, ich glaube, die gehen sehr vorsichtig in der Zukunft an den Diesel heran. Ja, es gibt die Euro 6D-Temp, da gibt es einzelne Fahrzeuge dazu. Aber das Angebot ist bei weitem noch nicht so, wie man es bräuchte, dass es für jeden praktikabel ist und anwendbar ist. Von daher gehe ich davon aus, wenn getauscht wird, dass man dann eher auf Hybride geht oder auf Benzin-Hybrid-Fahrzeuge beziehungsweise Benziner, vielleicht sogar das eine oder andere Elektroauto dann mit in Erwägung zieht.
    Münchenberg: Wenn jetzt Verbraucher sich tatsächlich entscheiden und sagen, ja, wir tauschen um, dann stellt sich ja schon die Grundsatzfrage: Hat der Diesel dann überhaupt noch eine Zukunft?
    Dudenhöffer: Ein Umtausch geht vermutlich nur in diesen großen Städten, in diesen 65 Städten. Das ist auch unklar, wie das genau dann funktioniert. Beim Diesel ist es so, dass bei Privatkunden, bei Otto Normalverbraucher, wenn sich da 100 Leute Autos kaufen, sind jetzt noch 19 Leute dabei, die sich einen neuen Diesel gekauft haben - das heißt, nur noch jeder fünfte. Der Diesel ist im Prinzip nur noch ein Firmenfahrzeug heute. Von daher gehen wir davon aus, dass die große Verunsicherung und auch das Negativ-Image, was der Diesel jetzt wirklich hat und was er nicht über Nacht wegbringen wird, dass das dem Diesel keine große Zukunft mehr gibt. Der Diesel wird Stück für Stück zurückgehen und in vier, fünf Jahren nach meiner Einschätzung eher zum Auslaufmodell werden. Porsche hat ja angekündigt, nicht mehr auf Diesel zu setzen. Da werden keine mehr angeboten in der Zukunft bei den neueren Fahrzeugen. Das gleiche hat Volvo gemacht, das gleiche hat Toyota gemacht. Die Luft für den Diesel wird in Zukunft dünner.
    "Bei Hardware-Nachrüstung ist nichts geklärt"
    Münchenberg: Der zweite Ansatz, Herr Dudenhöffer, da geht es um die Hardware-Nachrüstung. Die Haftung sollen jetzt auch die Nachrüster übernehmen. Ist damit dieser Streit um die Haftung beendet? Wären die Kunden rechtlich auf der sicheren Seite, wenn sie sagen: ja, wir sind bereit, hier unseren Euro-5-Diesel nachzurüsten?
    Dudenhöffer: Bei der Hardware-Nachrüstung ist ja gar nichts geklärt. Bei der Hardware-Nachrüstung hat BMW von sich aus schon gesagt, dass sie da nicht mitmachen werden. Bei Mercedes, wenn man den Minister in der Pressekonferenz hört, war die Antwort die: Wir wollen uns auf Tauschprämien konzentrieren. Und VW ist scheinbar ein bisschen noch am überlegen.
    Münchenberg: Das heißt, da wird nichts konkret erfolgen? Die Fahrzeughersteller sind nicht bereit zu umfassenden Hardware-Nachrüstungen?
    Dudenhöffer: Bisher, wie ich das verstanden habe, nicht. Außerdem sollen es die Hersteller dann noch bezahlen - das ist auch unklar. Die Zulieferer sollen sie bauen. Die Haftung würden die Autobauer sowieso nicht übernehmen. Die müssten dann die Zulieferer übernehmen. An diesem angeblichen Paket, was so groß ist, da sind mehr Fragezeichen dran als wirklich Antworten. Es ist eher ein Konzept als tatsächlich ein Aktionsplan, den man umsetzen kann.
    "Aufgeblasenes Politik-Marketing"
    Münchenberg: Die Frage ist ja auch: Würde denn, selbst wenn es so käme, die Luft in den betroffenen Städten tatsächlich besser?
    Dudenhöffer: Auch das ist wieder so eine Frage, wo man versucht, jetzt mit gesetzlichen Tricks zu versuchen, die Dinge einigermaßen besser zu regeln. Man will ja dieses Bundes-Emissionsschutzgesetz im Nachgang jetzt ändern, so dass bei Fahrzeugen, die bis zu 270 Milligramm Stickoxide pro Kilometer ausstoßen, die einfahrtberechtigt sind, obwohl dann die gesamten Emissionsgrenzwerte bei den Städten übertroffen werden könnten. Auch das ist eine sehr vage Beschreibung. Aber man will Gesetze ändern, damit man die Luft in den Städten zwar ein bisschen besser kriegt, aber die Autos fast so fahren lassen kann wie bisher. Denn man hat kategorisch die Plakettenlösung ausgeschlossen.
    Münchenberg: Herr Dudenhöffer, zum Schluss noch ganz kurz: Würden Sie unter dem Strich sagen, das Ganze ist eine Mogelpackung?
    Dudenhöffer: Ich glaube, das Ganze ist groß aufgeblasen, ist Politik-Marketing, und es ist wirklich wenig konkretes Umsetzbares drin. Vor 2019, wenn man von den Verkaufsprämien absieht, ist wenig Konkretes, was die Luft in den Städten nach meiner Einschätzung bessert.
    Münchenberg: … sagt der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg. Herr Dudenhöffer, vielen Dank für das Gespräch.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.