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Autorengespräch mit Andreas von Bülow über: Die CIA und der 11. September

Der Jurist Andreas von Bülow gehörte von 1969 bis 1994 als SPD-Abgeordneter dem Bundestag an. Er war Staatssekretär im Verteidigungsministerium und Bundesminister für Forschung und Technologie. Sein Interesse an Geheimdiensten wurde geweckt, als er im Schalck-Golodkowski-Ausschuss mit Ausmaß und krimineller Energie derer Umtriebe konfrontiert wurde. 1994 legte er den Band "Im Namen des Staates" vor, in dem er unter anderem von systematischer Zusammenarbeit zwischen Geheimdiensten, organisierter Kriminalität und internationalem Terrorismus zu berichten wusste. In seinem soeben bei Piper erschienenen Buch "Die CIA und der 11. September" zerpflückt Andreas von Bülow mit guten Argumenten die offiziöse Geschichte des Terroranschlags und deutet dann - das allerdings im Konjunktiv - eine andere Geschichte an: In ihr spielen auf der Täterseite die amerikanischen Geheimdienste eine gewichtige Rolle. "Alles Unsinn", urteilt der Spiegel in seiner heutigen Ausgabe, verzichtet aber auf die Auseinandersetzung mit von Bülows Szenario. Das Magazin macht es sich einfach und diffamiert vorsichtig, aber bestimmt den Autor als Paranoiker, der den Interpretationsbedarf eines ebenfalls paranoischen Publikums zusammen mit seinem Verlag für ein gutes Geschäft nutzen will. Von Bühlow macht in seinem Buch überhaupt keinen Hehl daraus, dass er die Beteiligung der Geheimdienste nicht nachweisen, dass er sich lediglich am Prinzip der Plausibilität orientieren kann. Die Fragmente, so schreibt er, die wir über den 11. September kennten, ergäben nur dann eine plausible Geschichte, wenn wir von einer Haupttat und einer zweiten, zur Ablenkung in Szene gesetzten "getürkten" Tat ausgingen.

Hermann Theißen |
    Andreas von Bülow: Wenn Sie Geheimdienste im Spiel haben, dann haben Sie die Situation mit dem Stichwort "Covered Operation", verdeckte Operationen. Und die Aufgabe des CIA ist es seit Gründung, im Grunde genommen unterhalb der Kriegsführungsschwelle gegen unendlich viele Staaten manipulativ vorzugehen, bestimmte Ereignisse zu setzen, auch Terrorakte unter Umständen zu setzen, und das setzt natürlich voraus, dass unter gar keinen Umständen rauskommen darf, dass es die CIA war. Das heißt: Es wird eine Fehlspur gelegt mit großer Kunst, und die eigentliche Spur liegt ganz woanders. Und wenn Sie davon ausgehen, allein als Annahme, dass Geheimdienste tätig sein könnten, dann müssen Sie das reflektieren, dann ist unter Umständen die muslimische ..., die 19 Muslime sind die Fehlspur. Und da spricht eben sehr viel dafür, weil die Spur so dick gelegt ist, so massiv aufgetragen worden ist, damit jeder darauf reinfällt. Jeder Kriminalbeamte sagt sofort: Aha, da ist das, und da liegt das vor. Und da gibt es dann die Tonbänder, da gibt es irgendwelche Adressenlisten, was auch immer. Und deswegen glaube ich, dass Osama bin Laden mit seiner ganzen Al Kaida im Grunde genommen oder mit seinen 19 muslimischen Attentätern eben wahrscheinlich die Fehlspur ist, weil die Leute haben auch nicht einen Millimeter daran gedacht, sich zu verstecken, sich mit Geheimadressen zu versehen, sie haben überall mit klaren Namen bezahlt, sind überall mit klaren Namen aufgetreten, haben überall ihre Kreditkarten hinterlassen, so dass man rein computermäßig schon genau sehen kann, wo sie lang gelaufen sind, wo sie gewesen sind. Und davon gut zu trennen wäre dann, wenn es so wäre, die eigentliche Tat, die wäre dann mehr oder weniger geheimdienstinfiziert. Wer das im einzelnen dann gemacht hat, ist außerordentlich schwer nachzuweisen, weil sie dann natürlich unglaublich vorsichtig sind, um da niemanden dahinter kommen zu lassen. Sie sehen nur, dass bei den 19 Attentätern im Grunde genommen nichts stimmt, was dargestellt wird, und Sie sehen, dass an der eigentlichen Tat, nämlich die Art und Weise, wie diese Flugzeuge entführt worden sind, wie sie geflogen worden sind, wie die Towers zum Zusammenbruch gekommen sind, im Grunde nichts aufgeklärt ist und die offizielle Story von hinten und vorne nicht stimmt.

    Hermann Theißen: Wenn man sich auf diese Verschwörungsansätze einlässt, kann es da nicht auch sein, dass also Osama bin Laden und seine Al Kaida derart intelligent waren, dass sozusagen die Annahme einer Gegenverschwörung schon mit angelegt worden ist, also dass deshalb auch die Spuren so breit sind, damit jeder annimmt, der CIA war es.

    Andreas von Bülow: Natürlich, das wäre dann noch raffinierter. Aber im Grunde genommen müssen Sie ja mal cui bono als erstes feststellen, dass die Tat erst mal von sehr intelligenten Leute gemacht worden ist mit einer unglaublichen kriminellen Energie, dass sie Zugriff gehabt haben müssen auf zahlreiche Staatsinstitutionen in den Vereinigten Staaten, und zwar im Kernbereich der Verteidigungsabwehr. Und diese Leute werden sich auch sicher die Frage vorgelegt haben: Wie wirkt eigentlich eine solche Tat auf unser Anliegen als Muslime? Und die sind so klug zu wissen, dass es den Muslimen schadet. Das Ganze hat ja den Muslimen unglaublich geschadet. Es gibt einen Trend, gegen den wir uns höllisch wehren müssen, um eine Jahrhundert-Auseinandersetzung mit der muslimischen Welt zu führen, bloß weil Amerika mit seinen Riesenmilitäreinrichtungen nicht willig ist, abzurüsten und umzustrukturieren. Also da stehen massive Interessen dahinter. Ich glaube nicht... Ich glaube, wie gesagt, die Leute waren intelligent, die das gemacht haben. Wenn sie Muslime gewesen wären, hätten sie so was nicht gemacht, dann hätten sie ganz anders zugeschlagen. Sie haben ja auch so zugeschlagen, dass die eigentlichen Köpfe der Finanzwelt in New York nicht getroffen worden sind. Sie haben vor neun Uhr zugeschlagen, und nach neun Uhr sind die meistens erst am Arbeitsplatz.

    Hermann Theißen: Man wehrt sich ja gegen die Vermutung, auch emotional, dass der Geheimdienst eines demokratischen Staates, des größten Staates in dieser Welt, der einzigen Großmacht, in der Lage ist, eine derartige Sache zu inszenieren. Wie überwindet man diese emotionale Blockade, wie haben Sie das überwunden?

    Andreas von Bülow: Die habe ich ja auch, die hat meine ganze Familie. Ich will einen solchen Staat nicht, ich will nicht in einem Staat leben, der dies macht oder auch nur für denkbar hält, ich will nicht leben mit einer Supermacht, mit der ich eigentlich befreundet sein will, die so was überhaupt für denkbar hält oder denkbar sein lässt. Aber Amerika hat, um in Kriegen seine Bevölkerung ... Oder ich fang anders an: Demokratien sind an sich kriegsunwillig. Wenn die Bevölkerung genau weiß, um was es sich handelt, wird sie sich in der Regel gegen Kriege aussprechen, extrem unpopulär, auch in Amerika. Und deswegen müssen Leute, die der Meinung sind, dass aus Staatsraisongründen Kriege geführt werden müssen, dass Auseinandersetzungen jetzt gemacht werden müssen und nicht erst in zehn oder fünfzehn Jahren, wenn der Gegner vielleicht noch viel stärker wird, die überlegen dann doch sehr wohl, ob es Möglichkeiten gibt, das Volk in den Krieg hineinzumanipulieren, und das war bei Pearl Harbour ganz offensichtlich der Fall, die jetzige Regierung beruft sich auf Pearl Harbour: Das war das Pearl Harbour, das neue dieses Jahrhunderts. Und eine ähnliche Operation hat es um die Kuba-Auseinandersetzung gegeben, da haben die Vereinigten Stabs-Chefs unterschrieben, allen Mitglieder des Vereinigten Stabs, dass sie eine Scheinoperation machen wollten, wonach sie ein mit amerikanischen Studenten gefülltes Flugzeug mit amerikanischen Mitteln abschießen wollten, das dem Fidel Castro in die Schuhe schieben wollten, dann zahlreiche Morde durchführen wollten und aufgrund dieses Umstandes dann die amerikanische Bevölkerung dazu bewegen wollten, eine Intervention in Kuba durchzusetzen. Also man sieht, man kann das noch an verschiedenen anderen Beispielen nachweisen, man sieht, dass psychologische Kriegführung, wenn man sich ernsthaft damit beschäftigt, eben auch mit Opfern verbunden ist und auch mit Opfern im eigenen Land.

    Hermann Theißen: Wenn man wie Sie dem amerikanischen Geheimdienst oder den Geheimdiensten sozusagen alles zutraut, dann wundert man sich ja, dass dieser Laden jetzt nicht in der Lage wäre, was für die Legitimität ja wichtig wäre, dem Irak Massenvernichtungswaffen unterzuschieben. Wie kommen solche Widersprüche dann zustande?

    Andreas von Bülow: Das haben sie ja versucht. Sie haben ja sofort, also gerade Cheney und Rumsfeld, haben sofort nach dem 11.9. sogar behauptet, dass Saddam Hussein für Al Kaida verantwortlich sei, außerdem, dass er Massenvernichtungswaffen hätte. Die wussten wahrscheinlich alle, dass das nicht stimmt, sondern sie haben das benutzt. Die Truppe um Pearl, Wolfowitz, Cheney und so weiter und Jack Bush, der Bruder des Präsidenten, die haben ja schon in den 90er Jahren niedergelegt, dass sie eine massive Steigerung des Verteidigungshaushalts haben wollten, dass sie eine globale Herrschaft der Vereinigten Staaten sichern wollten für ein ganzes Jahrhundert, dass es schwer sein würde, so die Selbsteinschätzung, das amerikanische Volk dahinter zu bringen, dieses Geld dafür auszugeben, es sei denn, es käme ein katastrophisches und katalytisch wirkendes Ereignis wie Pearl Harbour. Das haben sie ein Jahr vorher zu Papier gebracht, und genau dieses ist wundersamerweise passiert. Nein, nein, die haben geglaubt, mit dem 11.9. allein gelänge das, da müsste man nicht noch zusätzlich was unterbreiten.

    Das Buch "Die CIA und der 11. September - Internationaler Terror und die Rolle der Geheimdienste" ist im Münchener Piper Verlag erschienen. Es umfasst 271 Seiten und kostet 13 Euro.