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Autos, Flugzeuge, Züge und Industrie
Jeder Fünfte in Europa leidet unter Lärm

Vor allem der Straßenverkehr sorgt in Europa für Lärm. Das hat Folgen für die Gesundheit der Menschen: Jedes Jahr gebe es 12.000 vorzeitige Todesfälle durch Lärm, so das Ergebnis einer Studie der EU-Umweltagentur. Trotz Bemühungen werde es nicht leiser - eher im Gegenteil.

Von Paul Vorreiter |
Dicht an dicht stehen Fahrzeuge auf einer Straße in Berlin.
Der Verkehr auf der Straße ist in Europa die größte Lärmbelastung (Picture Alliance / dpa / Paul Zinken)
Es sind schlechte Nachrichten, die die Umweltagentur EEA verkündet. Der Umgebungslärm in der EU nimmt zu. Und auch die Anzahl der Menschen, die einem solchen Lärm ausgesetzt sind, der bereits als gesundheitsgefährdend gilt, nimmt zu. Die Experten haben die Lärmentwicklung zwischen 2012 und 2017 beobachtet - die Zahlen sind damit nicht mehr ganz frisch, doch zuletzt betraf es jeden fünften Europäer oder in Zahlen schätzungsweise 113 Millionen Menschen.
Die größte Quelle für Lärm, sowohl tagsüber als auch nachts ist dabei der Straßenverkehr. In städtischen Gegenden seien das mehr als die Hälfte der Bewohner. Es geht dabei um Lärm, der lauter ist als 55 Dezibel, das entspricht der Lautstärke eines Gesprächs. Lärm kann gesundheitliche Folgen haben: Da geht es zum Beispiel um Herzerkrankungen, wie die Koronare Herzkrankheit, oder um Schlafstörungen. Es wird geschätzt, dass 6,5 Millionen Menschen wegen des Lärms nicht richtig schlafen können. Und den Erhebungen zufolge führe der Lärm auch bei 12.000 Menschen zum vorzeitigen Tod. Lärm sei zudem ein Problem für die Tierwelt. Er kann zu Reproduktionsproblemen führen, den Rückzug von Tieren an stillere Orte auslösen oder ebenso eine frühere Sterblichkeit fördern.
Besonders NRW-Städte sind von Straßenlärm betroffen – Spitzenreiter ist Hagen
Der Straßenverkehr sticht heraus. Doch als weitere Quelle kommt der ungesund hohe Lärm durch Züge hinzu. Das betrifft 22 Millionen Menschen in der EU, vier Millionen sind vom Lärm durch Flugzeuge und eine Million von Industrielärm betroffen. Interessant ist allerdings, dass sich die Ergebnisse für Deutschland unterscheiden von denen der anderen Länder in Europa. So seien in Deutschland prozentual weniger Menschen Lärm durch Straßenverkehr ausgesetzt als zum Beispiel in Südeuropa. In Deutschland betraf das in städtischen Gebieten jeden vierten bis fünften Einwohner. Ebenso interessant sind auch hier Unterschiede zwischen den Städten. Besonders schlecht schnitten Städte in Nordrhein-Westfalen ab. Spitzenreiter ist Hagen wo zwei Drittel der Menschen hohem Tagesstraßenlärm ausgesetzt sind. Dahinter kommen Düsseldorf, Neuss, Aachen und Leverkusen. Vergleicht man die Werte aus den Jahren 2007, 2012 und 2017 sieht man allerdings: Sowohl beim Tages- und Nachtlärm und in allen Bereichen – also Straße, Flugverkehr und Industrie - gehen die Zahlen in Deutschland nach oben.
Maßnahmen gegen Lärm könnten verpuffen – weil Städte wachsen und Mobilität zunimmt
Die gute Nachricht vorneweg: Der Bericht besagt, den Städten sei es gelungen, besonders lärmintensive Gegenden als solche festzustellen und darüber Berichte anzulegen. Aber ob die Maßnahmen gegen den Lärm auch wirklich für weniger Belastung sorgten, das sei schwierig zu bewerten, heißt es in dem Bericht.
Beliebte Maßnahmen sind: Flüsterasphalt, Tempo 30, für Aufklärung zu sorgen, auf ruhigere Verkehrsmittel wie Fahrräder zu setzen oder begrünte Zonen einzuführen Die Europäische Umweltagentur hatte, was die Maßnahmen angeht, im Jahr 2014 die letzte Erhebung dieser Art gemacht. Seitdem sei die Zahl der an Lärm leidenden EU-Bürger trotzdem nicht runtergegangen. Daher wird wahrscheinlich auch das Ziel des siebten Umweltaktionsplans verfehlt, der vorsieht, dass bis 2020 der Lärm signifikant verringert werden muss - auf Werte, die die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt.
Im Gegenteil: Die EU-Agentur rechnet damit, dass die Zahl noch weiter steigen wird. Das hat unter anderem damit zu tun, dass die Städte wachsen und auch die Mobilität zunimmt. Übrigens gab es diese Woche noch einen Bericht des Europäischen Rechnungshofes, der besagte, dass die Städte in der EU zu wenig spürbar auf nachhaltige Mobilität umsatteln.