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AWO-Affäre
Frankfurter OB entschuldigt sich

100 Jahre nach der Gründung der Arbeiterwohlfahr (AWO) bringen Hauptamtliche in Frankfurt am Main die Organisation in Verruf - mit üppigen Gehältern, Luxus-Dienstwagen und Vergnügungsreisen. Auch der Frankfurter OB Peter Feldmann (SPD) soll profitiert haben. Jetzt hat er sich entschuldigt.

Von Ludger Fittkau |
Der Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann steht zwischen anderen Menschen bei einer Kundgebung. Er trägt einen dunklen Anzug und eine fliederfarbene Krawatte.
Der Frankfurter OB Peter Feldmann schwieg lange zu den Vorwürfen. (Picture Alliance / dpa / HMB Media / Oliver Mueller)
Es geht im Kern um den Vorwurf, der Oberbürgermeister Peter Feldmann und sein Frau seien als Angestellte der Arbeiterwohlfahrt gegenüber anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Sozialverbandes privilegiert worden: Mit einem höheren Gehalt als andere, mit Dienstwagen. Auch mit Arbeitsplatzbeschreibungen, die viel Zeit zum Wahlkampf gaben. Der Frankfurter Oberbürgermeister entschuldigte sich gestern in der Stadtverordnetenversammlung der Mainmetropole zunächst dafür, dass er gegenüber der Politik wochenlang zu den Anschuldigungen gegen seine Frau und ihn geschwiegen hatte:
"Ich habe unterschätzt, dass meine Zurückhaltung viel Unverständnis, auch Ärger hervorgerufen hat. Und ich sehe heute ein, ich hätte früher kommunizieren müssen. Dass ich das nicht getan habe, bedauere ich."
Dann legte Peter Feldmann Zahlen vor: Seine Frau verdiene als Kita-Leiterin bei der AWO rund 2.500 Euro netto. Er selbst habe bis zu seiner Wahl zum Oberbürgermeister als Leiter eines Altenzentrums in Darmstadt brutto zuletzt rund 5.100 Euro monatlich erhalten. Inhaltlich sei er vor allem für die Kontakte zu umliegenden Kliniken und in den Stadtteil zuständig gewesen. Er habe aber auch viel mit den Pflegebedürftigen selbst und deren Angehörigen kommuniziert, betonte Feldmann. Für diese Arbeit sei er viel unterwegs gewesen und habe dafür einen AWO-Dienstwagen genutzt.
Zweiter Dienstwagen für die Ehefrau
Peter Feldmann (SPD) steht mit seiner Frau Zübeyde Temizel nach seiner erneuten Wahl zum Oberbürgermeister von Frankfurt am Main im Römer
Frankfurts OB Peter Feldmann und seine Frau Zübeyde Temizel (picture alliance / dpa/ Andreas Arnold )
Dass - anders als andere Einrichtungsleiterinnen- auch seine Frau als AWO-Kita-Leiterin einen Dienstwagen hatte, habe er wohl nicht kritisch genug hinterfragt. Das räumte der Oberbürgermeister von Frankfurt am Main nun vor dem Parlament seiner Stadt ein:
"Ich denke, dass ich selbst in der Frage des Dienstwagens innerfamiliär rückschauend sagen könnte: Da wäre sicherlich mehr Sensibilität angebracht gewesen. Und ich kann auch meinerseits sagen, dass ich in der Frage der Gewährung eines Dienstwagens meiner Frau der Auffassung bin, dass man auch dort die Richtlinien überarbeiten muss."
Bis zu 80.000 Euro sind die Dienstwagen teuer, die AWO-Hauptamtliche in Frankfurt am Main bisher nutzten. Die AWO in Wiesbaden, die in die Affäre verwickelt ist, dementierte inzwischen, dass ihre langjährige Geschäftsführerin ein Brutto-Gehalt von 344.000 Euro jährlich erhalten habe. Der Betrag sei niedriger gewesen, heißt es. Zu Berichten über Luxusreisen und Hotelaufenthalte etwa im Berliner Hotel "Adlon" im Jahr 2015 erklärte der inzwischen zurückgetretene Frankfurter AWO-Geschäftsführer, es seien damals keine anderen Hotelzimmer in der Hauptstadt verfügbar gewesen.
Auch zu diesen Vorwürfen äußerte sich nun Peter Feldmann, der SPD-Oberbürgerbürgermeister von Frankfurt am Main:
"Die Vorwürfe gegenüber der AWO haben mich als früheren Angestellten erschüttert. Es muss alles aufgeklärt werden. Sollten die Vorwürfe zutreffen, müssen Konsequenzen gezogen werden."
Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die AWO in Frankfurt am Main, weil es überdies Hinweise gibt, der Sozialverband hätte Mittel aus der Flüchtlingsbetreuung zweckentfremdet. Die Stadt Frankfurt sowie der AWO-Bundesverband haben unterdessen Zahlungen an die Arbeiterwohlfahrt in der Mainmetropole zunächst gestoppt. Sollten sich die Vorwürfe gegen die AWO im Rhein-Main-Gebiet bestätigen, droht ein Verlust der Gemeinnützigkeit für die regionalen Gliederungen des Sozialverbandes.
CDU kritisiert Informationspolitik des OBs
Die CDU in Frankfurt am Main, die gemeinsam mit SPD und Grünen den Magistrat - also die Stadtregierung - stellt, ist mit den gestrigen Erklärungen des Frankfurter Oberbürgermeisters Peter Feldmann nicht zufrieden. Uwe Becker, CDU-Kämmerer der Mainmetropole kritisierte gestern noch einmal scharf den bisherigen Umgang des OBs mit der Öffentlichkeit:
"Der Oberbürgermeister hat auch gegenüber dem Magistrat der Stadt Frankfurt am Main bisher keine weitergehenden Aussagen getätigt als jene, die in knappen Worten gegenüber offenkundig ausgewählten Journalistinnen und Journalisten und damit gegenüber nur einem Teil der Öffentlichkeit erfolgt sind. Der Magistrat ist selbstverständlich der Auffassung, dass die Öffentlichkeit ein Anrecht auf die Beantwortung der im Raum stehenden Fragen besitzt, zumal Inhalt und Umgang damit geeignet sind, auch dem Ansehen des Magistrats insgesamt zu schaden und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die politischen Gremien der Stadt zu beschädigen."
100 Jahre nach Gründung der AWO, so der Stadtkämmerer von Frankfurt am Main, hätten gerade auch die ehrenamtlichen Mitglieder des Verbandes ein Anrecht darauf, dass der Skandal umgehend gestoppt und aufgearbeitet werde.