Das prägende Wort der diesjährigen Tage der deutschsprachigen Literatur ist kein Wort aus literarischem Kontext und es ist nicht mal ein deutsches Wort. Es wurde von Autor Clemens J. Setz in seiner Eröffnungsrede am Mittwochabend eingeführt und lautet: "Kayfabe". Ein Begriff aus dem Wrestling, der die Übereinkunft aller Teilnehmenden beschreibt, nicht aus der Rolle zu fallen und die dargestellten Konflikte als authentisch darzubieten.
Die Sportart des Wrestlings ist eher eine Showart, sagte Carsten Otte, Literaturredakteur beim SWR. "Das, was aufgeführt wird, ist ein großes Spektakel. Die Verletzungen, die zugefügt sind, sind nicht wirklich echt. Es sind festgeschriebene Charaktere, die dort auftreten, mit ganz bestimmten Grimassen und ganz bestimmten Handlungsweisen", erklärt Otte die Sportmetapher, die Setz auf den Literaturbetrieb in seiner Rede anwendete. "Denn auch dort gibt es gewisse Rollen, die festgeschrieben sind. Oder gewisse Autorinnen und Autoren lösen dann Ansprüche ein und die Bühne Klagenfurt ist eine solche Arena. Da gibt es die Grummelnden, die Lauten, die Leisen, alles Rollenzuschreibungen."
Clemens Setz hätte im Grunde vorne weg eine Mahnung an die Autorinnen und Autoren ausgesprochen, so Otte. Er hätte appelliert, sich den Rollenzwiespalt, in dem die Schriftstellerinnen und Schriftsteller stecken würden, bewusst zu machen - "und dass sie sich ermächtigen sollen und wissen, dass sie das durchziehen, wofür sie stehen. Und eben nicht so sehr auf eine Inszenierung setzen."
Fünf Frauen, fünf Lesungen
Es traten an diesem Tag fünf Frauen an. Der erste Text des Lesewettbewerbs stammte von Katharina Schultens und war ein Auszug aus einem spekulativen Roman, an dem sie derzeit arbeitet. Carsten Otte sieht in dem Text einen großen Auftakt des Wettbewerbs. "Der Text ist ein großes Wortgeflecht, moosbepflanzt, es gibt eine Durchdringung sehr unterschiedlicher Metaphern aus der religiösen Welt, aus der Naturwelt. Es ist nie ganz klar, wie die Figuren tatsächlich erzählt sind, wie sie konstruiert sind." In der Dystopie, so Otte, scheint es "so zu sein, dass eine Erzählerin die Welt retten möchte." Die anschließende Diskussion habe gezeigt, dass der Text etwas mit den Hörern und Lesern anstellt.
In Julia Josts Text "Unweit vom Schakaltal" gibt es sehr eindrückliche Naturbeschreibungen, doch es gehe in dem Text um etwas ganz anderes, so Otte. Die österreichische Autorin tauche ein in die Geschichte ihres Landes und dem damit verbundenen Alltagsfaschismus. "Ein starker Text, der an Thomas Bernhard erinnert, ein ungeheuer intensiver Text."