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Bad Godesberg
Medizintourismus treibt Mieten hoch

Besonders in die ehemalige Hauptstadt Bonn kommen Menschen aus arabischen Staaten, um sich hier medizinisch behandeln zu lassen. Dieser Medizintourismus treibt unter anderem im Stadtbezirk Bad Godesberg die Mieten in die Höhe. Nun wird eine Anlaufstelle für Patienten aus dem Ausland und für Bad Godesberger eingerichtet.

Von Bettina Schmieding |
    Die Vorbereitung sowie die Anästhesie in einem OP.
    Die Staaten am arabischen Golf statten ihre kranken Bürger für die Behandlung im Ausland finanziell üppig aus. (picture-alliance / dpa / Klaus Rose)
    Eine junge Frau begrüßt ihre Verwandten auf der Bonner Straße in Bad Godesberg. In der Innenstadt sieht man an diesem sonnigen Frühlingsnachmittag viele Frauen, die mit ihren Kindern spazieren gehen. Sie kommen aus Kuwait, Bahrain, Dubai oder Saudi Arabien an den Rhein. Große Familien, die ihre kranken Angehörigen in Deutschland begleiten.
    "Godesberg hat sich sehr verändert und zwar durch den Medizintourismus, den wir hier haben. Man sieht also kaum noch Deutsche hier in der Stadt. Man sieht sehr viele Burkaträgerinnen. Viele Godesberger, die gehen nicht mehr durch die Innenstadt."
    Juppi Schäfer sitzt seit der Kommunalwahl im letzten Jahr im Stadtrat. Aus dem Stand haben er und seine Bürgerbewegung "Die Godesberger" damals 5,6 Prozent der Wählerstimmen gewonnen. Er hat das Gefühl, dass Bad Godesberg vom Medizintourismus nicht profitiert. Sein Parteifreund Hans-Werner Schmidt teilt diese Ansicht.
    "Das Verhalten der Müllentsorgung ist völlig aus dem Lot gegangen. Diese Leute wissen es auch nicht anders. Sie trennen den Müll nicht. Sie stellen den in den Flur und sagen, der Hausmeister hat das zu entfernen. Weil die das aus ihren eigenen Ländern so kennen."
    Geld aus der Heimat für eine Behandlung im Ausland
    Die Staaten am arabischen Golf statten ihre kranken Bürger für die Behandlung im Ausland finanziell üppig aus. Zwischen 300 und 400 Euro bekommen sie pro Tag und dasselbe bekommen auch die mitreisenden Familienangehörigen. Das hat Folgen sagt Hans-Werner Schmidt.
    "Hier werden Mieten bezahlt zwischen 2.000 und 8.000 Euro pro Monat. Das zerstört natürlich das gesamte Umfeld. Und die Möglichkeiten der einheimischen Bevölkerung, die 300 oder 400 Euro kosten."
    2.000 Wohnungen sollen es sein, die in Bonn an Medizintouristen vermietet werden. Davon 400 in Bad Godesberg. Aber ganz genau weiß das niemand. Der Mietwohnungsmarkt für Medizintouristen sei fest in arabischer Hand, sagen Schmidt und Schäfer. Und berichten von einem Graumarkt, in dem deutsche Begriffe wie Mietspiegel nichts gelten.
    "Wenn Sie eine Eigentumswohnung haben, die wollen Sie vermieten, da gehen Sie in eines dieser arabischen Immobilienbüros und sagen, können Sie mir die vermieten. Und dann macht er ihnen direkt ein Angebot. 100 Quadratmeter, da kriegen Sie von uns 6.000 Euro im Monat."
    Zweckentfremdungssatzung für privaten Wohnraum
    Dabei hat die Stadt erst vor Kurzem eine Zweckentfremdungssatzung für privaten Wohnraum erlassen. Die sollte verhindern, dass reguläre Wohnungen kurzzeitig vermietet werden darf. Für Simone Stein-Lücke, die Bürgermeisterin des Stadtbezirks Bad Godesberg, ist es aber nicht Aufgabe der Politik, die Einhaltung dieser Regelung zu überprüfen.
    "Ich persönlich bin weder das Ordnungsamt noch die Steuerfahndung. Die Stadt Bonn hat 0,7 Stellen eingerichtet, um im gesamten Stadtgebiet eine Zweckentfremdung zu kontrollieren. Herzlichen Glückwunsch, das wird nicht hinhauen. Und genau deshalb haben wir unser kleines Schnellboot, unser Welcome Center und lösen unsere Probleme selbst - und zwar ganz ganz praktisch."
    Im Welcome Center, dessen Schirmherrschaft Frau Stein-Lücke übernommen hat, berät seit heute ein Deutscher mit irakischen Wurzeln Medizintouristen. Und auch die Godesberger sollen wissen, dass sie sich an diesen in privater Trägerschaft organisierten Verein wenden können. Es ist eine kleine Gruppe von Godesbergern, so die Bezirksbürgermeisterin, die sich beklagt. Simone Stein-Lücke erinnert daran, dass Bad Godesberg, wo viele Botschaften ihren Sitz hatten, als Bonn noch Hauptstadt war, eigentlich immer international war. Mit einer Bürgerschaft, die sich über Vielfalt freuen konnte. Aber was ist seitdem passiert?
    "Ich kann mir das so erklären, dass die Menschen älter werden. Was man als junger Mensch toll und cool findet und lässig und internationaler Austausch und huh, hier ist alles so anders und jeder hat einen Turban in einer anderen Farbe auf dem Kopf, das finde ich, wenn ich im Ruhestand bin und meine Ruhe haben möchte, nicht mehr so aufregend."
    International Medical Service
    Die Uniklinik Bonn hat 1.000 ausländische Patienten pro Jahr. Hier gibt es seit drei Jahren eine Anlaufstelle für diese Patienten, den International Medical Service, den Khaled Guizani leitet.
    "Es sind in der Regel hochkomplexe Krankheitsbilder. Behandlungen, die in der Heimat nicht möglich sind. Es ist eine Knochenmarktransplantation oder komplexe, langwierige Chemotherapien, die in den Heimatländern nicht in der Qualität durchgeführt werden können, wie hier im Uniklinikum."
    Auch Matthias Monzel plädiert dafür, kranke Menschen und ihre Angehörigen mit Rücksicht zu behandeln. Er vermietet seit 1997 Wohnungen an Medizintouristen und spricht auch ein bisschen Arabisch. Ihm gefällt der Kontakt mit diesen Kunden. Monzel gibt zu, dass dieses Geschäft für ihn lukrativer als normale Vermietungen sei. Aber für Wucher hat er kein Verständnis. Hier nähmen Araber Araber aus.
    "Im Koran steht alles, wie man sich zu verhalten hat. Und ich habe das Gefühl, das gilt hier für Bad Godesberg und die Deutschen, wir beachten den Koran in einem stärkeren Maße als die Araber es selbst tun."