"Hallo zusammen. Am 6.5. ist in Bonn etwas passiert, wo wir nicht mehr hinwegschauen können. Und gestern haben wir die traurige Nachricht bekommen, die wir uns alle nicht erhofft haben. Mein Beileid geht an Familien und Verwandte…"
"Als Erstes muss man ja mal sagen, dass Bad Godesberg unter Schock steht."
"Weil man sich, glaube ich, nicht hat vorstellen können, dass so eine Grenze überschritten wird. Dass jemand geschlagen wird ja. Aber dass, wenn man bewiesen hat, ich bin der Stärkere, ich hab den anderen zu Boden geschlagen, dass man dann noch einmal drauf tritt, das ist was so unfassbar und unvorstellbar ist. Das macht auch den Jugendlichen Angst."
"Hier sind abends so viele Jugendliche unterwegs, die meistens nur Stress haben wollen. Ich fühl mich in Godesbergs abends nicht sicher. Sind jetzt schon öfters Vorfälle gewesen. Meistens rufen unsere Eltern an, dass sie uns abholen. Wir wohnen schon so lange hier, so was ist noch nie passiert. Also, da fehlen mir die Worte, muss ich mal sagen!"
"Eine Tat mit solchen Folgen erschüttert das ganze Land. Wir trauern gemeinsam, weinen gemeinsam, gehen diesen schweren Weg Hand in Hand ..."
Die Stelle, an der sich Bad Godesberg in zwei Welten teilt
Die Nacht vom 6. auf den 7. Mai ist lau. Wie geschaffen für das Spektakel "Rhein in Flammen". Auch Niklas P. chillt mit Freunden in der Rheinaue. Auf dem Rückweg wird er von einer Gruppe junger Männer attackiert, niedergeschlagen, schon am Boden liegend gegen den Kopf getreten. Eine Woche später erliegt der 17-jährige Realschüler seinen schweren Verletzungen. Den Beerdigungsgottesdienst in der Godesberger Kirche St. Marien eröffnet der Rapper Djasporap mit einem eigens für Niklas P. komponierten Sprechgesang:
"So eine Tat ist nie wieder gut zu machen, nein, nie wieder gut zu machen, nie mehr, nein, nie mehr, nein, nie mehr…"
Niklas P. wurde genau an der Stelle überfallen, an der sich Bad Godesberg in zwei Welten teilt. Zwei Welten, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Auf der einen Seiten erstreckt sich, zwischen Rhein und Eisenbahntrasse, ein Villenviertel mit prachtvollen Gründerzeitbauten, großzügigen Gärten, Alleen, Wohlstand. Wer die Unterführung nimmt, vor der Niklas P. ins Koma geprügelt wurde, landet im ehemaligen Knolleviertel, in dem einst kleine Handwerker ihre Betriebe hatten. An ihrer Stelle entstanden vor allem arabische Geschäfte und Kneipen. Handy-Shops, Shisha-Stuben, Ramschläden, Dönerbuden, Schnellimbisse.
Überhaupt, das Stadtbild hat sich in den letzten Jahren drastisch verändert. Nicht unbedingt zum Guten, so empfinden es die alteingesessenen Bad Godesberger. Und wenn Politik und Polizei nicht höllisch aufpassen, dann kippt die Stimmung bald. Unterschwellig gärt es hier schon lange.
Godesberger ihrer Identität beraubt
"Also, Bad Godesberg ist ein Stadtbezirk, der seit vielen, vielen Jahren in Transformation sich befindet. Der auch sehr stiefmütterlich nach dem Wegzug der Bundesregierung behandelt worden ist. Da haben wir keinen Fisch extra gekriegt auf unseren Teller."
Nein, die Godesberger haben nicht nur keinen Fisch extra bekommen, wie es Bezirksbürgermeisterin Simone Stein-Lücke formuliert. Im Gegenteil. Sie wurden mit dem Wegzug der Bundesregierung um die Jahrtausendwende schlichtweg ihrer Identität beraubt. Schauspieler Rolf Mautz: "Ja, Godesberger haben immer von sich gesagt: "Mer sinn was Besseres!" Godesberg war natürlich eine reiche Stadt. Gab es sehr schicke, sehr feine Läden, in denen die Botschafter und die Gattinnen der Botschafter und der Anhang, die kauften da ein. Und man begegnete da, das war immer sehr beeindruckend, Frauen aus Togo, große schwarze Frauen, die in bunte Gewänder gekleidet waren. Und das machte immer einen sehr exotischen und reichen, begüterten Eindruck.
Das ist inzwischen anders. Heute trifft man in Bad Godesberg vor allem auf Menschen aus der islamischen Welt. "Es ist schon befremdlich, wenn man in der Stadt, in der man geboren wird, wenn man da sehr, sehr vielen verschleierten Frauen begegnet, die teilweise noch Holzmasken tragen, goldene Holzmasken so vor dem Gesicht, und voll verschleiert sind, aus Saudi-Arabien, aus den Golfstaaten, aus Kuwait, aus Jordanien. Und auch sehr viele Marokkaner. Also, wenn man da über den Theaterplatz oder überhaupt durch Godesberg durchgeht, wird das jeder feststellen, das ist eklatant.
Angst vor Überfällen gestiegen
Alteingesessene Godesberger fühlen sich nicht mehr Zuhause in ihrem Stadtteil. Außerdem haben sie Angst. Vor Überfällen. Vor Gewalt. Diese Angst ist nicht unbegründet. Auch die Polizei beklagt, dass der Umgang in Bad Godesberg rauer geworden ist. Zahlen belegen dies. Laut Kriminalstatistik wurden im Jahr 2014 an die 200 Gewalttaten registriert. Im vergangen Jahr waren es knapp 20 Prozent mehr. "Es hat natürlich auch in Bad Godesberg große Konflikte gegeben. Dass vorwiegend marokkanische Schüler Jugendliche überfallen haben. Handys abgegriffen werden. Leute auch mit Waffen bedroht werden. Das kommt auch in Godesberg öfter vor. Es werden ja auch Geldautomaten in Godesberg gesprengt. In den letzten drei Monaten glaube ich vier Geldautomaten. Nachts um drei Uhr fliegen die in die Luft. Oder sie fahren hier auf der Koblenzer Straße mal schnell mit einem dicken Bully in ein Juweliergeschäft rein."
Auf der anderen Seite fühlen sich viele Migrantenjugendliche stigmatisiert. Das erzeugt Wut. Wie sie ihren Alltag erleben, können die Zuschauer in den Godesberger Kammerspielen derzeit im Theaterstück "Nathan" hautnah erfahren. "Ich bin in Deutschland geboren. Meine Eltern in der Türkei. Meine Großeltern mütterlicherseits sind mazedonische Einwanderer. Meine Mutter ist sunnitisch, mein Vater alevitisch. Meine Oma gehörte zu den ersten Gastarbeitern. In der Schule war ich die einzige Türkin. Ich habe nie gewusst, wo ich hin gehöre."
Kaum Berührungspunkte zwischen Migrantenjugendlichen und Gymnasiasten
In Bad Godesberg gibt es nicht nur eine räumliche Distanz zwischen Villen- und Knolleviertel. Hier spalten sich Lebenswege, driften Zukunftschancen auseinander. Hier wird scharf getrennt, zwischen Kindern nordafrikanischer Migranten, die mit ihren Familien in vernachlässigten Vierteln um Bad Godesberg herum leben. Und den Gymnasiasten aus den vornehmen Wohngegenden, meist privilegiert und gut situiert. Das beobachtet die Realschullehrerin Magdalena Winchenbach: "Wir haben vier Privatschulen in Bad Godesberg. Davon sind drei in kirchlicher Trägerschaft, und das heißt, dass eine bestimmte Klientel, das heißt muslimische Jugendliche, sehr selten diese Schulen besuchen. Das macht diese Schulen attraktiv für Deutschdeutsche. Und dadurch sammeln sich diese Schüler mit Migrationshintergrund sehr stark an anderen Schulen. Das ist das Nikilaus-Cusanus-Gymnaisum, das sind die Realschulen und das ist die Hauptschule. Und dadurch haben wir eine Trennung von Schülern hier in dem Stadtteil, die nicht gesund ist."
Die Folge davon ist, dass Migrantenjugendliche und Gymnasiasten kaum noch Berührungspunkte miteinander haben. Und wenn sie dann aufeinandertreffen, knallt es häufig. Dann entzündet sich der Sozialneid der einen an dem elitären Auftreten der anderen und entlädt sich in Anmache und Prügeleien. Dann werden Handys abgegriffen, teure Markenklamotten geklaut. Für die Lehrerin Magdalena Winchenbach, christliche Sprecherin des Dialogkreises Christen und Muslime in Bad Godesberg, gehört das zum Alltag ihrer Schüler.
"Dieses Phänomen, dass man grundlos angemacht wird, dass man angepöbelt wird, dass da jemand ist, der Streit sucht, das ist das, was sie kennen. Das passiert ihnen im Bus. Das passiert ihnen auf der Straße. Damit leben sie. Das geht quer durch, das orientiert sich nicht an deutsch oder Migranten. Zumal das ja auch gar nicht mal unbedingt immer sichtbar ist."
Früher war an jeder Ecke Polizei
"Bisher hatte ich nie das Gefühl, dass meine ausländischen Wurzeln oder mein Aussehen negativ auffallen. Aber seit ein paar Monaten spüre ich die Abneigung und die Angst der Menschen gegenüber jedem, der anders ist. Es ist verletzend und deprimierend, dabei habe ich Deutschland immer für ein offenes Land gehalten!"
Früher, als Godesberg noch die gute Stube Bonns war, gab es hier Polizei zuhauf. Für die Ortsansässigen war normal, dass an fast jeder Straßenecke irgendetwas bewacht wurde, eine Botschaft oder eine Politikerresidenz. Man war überbehütet. Fand das aber völlig normal. Doch die Polizeipräsenz wurde zurückgefahren. Heute gibt es in und um Bad Godesberg gibt es Wohnviertel, in die trauen sich selbst Polizeibeamte nur mit Verstärkung. Gegenden, wo einst die kleinen Angestellten der Ministerien oder Botschaften lebten. Mit ihrem Wegzug nach Berlin wurden ihre Apartments frei. Nordafrikaner kauften oder mieteten sie. Die Kinder dieser Arbeitsmigranten chillen am liebsten im Bad Godesberger Kurpark.
"Weil, man kann nur hier im Park sitzen. In Pennefeld gibt‘s keine Plätze, wo man sitzen kann." - "Ja, wir sind hier mit unseren Jungs, dann chillen wir, dann lachen wir, und genießen von Mittag die Sonne eigentlich." - "Wir wohnen ja nicht alle gleiche Ort. Deswegen treffen wir uns dann hier. Paar wohnen Plittersdorf oder Heiderhof. Jeder der in Godesberg wohnt, geht in die Stadt, und da haben wir uns halt kennengelernt." - "Man trifft sich. Telefoniert und trifft sich." - "Man kommt hier einfach hin und hier sitzen dann eins, zwei." - "Ich bin Kurde." - "Ich bin Italiener." - "Ich bin deutsch." - "Ich komme aus Albanien." - "Ägypten".
Aus Frust eine eigene Partei gegründet
In Godesberg prallen all diese unterschiedlichen Nationalitäten aufeinander. Das geht nicht immer gut. Die Politik weiß das. Doch allzu lange hat sie weggeschaut, gehofft, dass sich die Probleme von selbst lösen. Einige der Alteingesessenen haben deshalb aus Frust eine eigene Partei gegründet.
"Ich bin der Juppi Schäfer, ein Uraltgodesberger. Und ich bin gleichzeitig Vorsitzender der Partei für Godesberg, 'Die Godesberger'. Ich wohne auf der Bonner Straße. Und die Bonner Straße wird im Volksmund auch "Bagdad-Allee" genannt, weil hier halt so viele arabische Leute wohnen, kleine Geschäfte hier sind, das fängt an mit arabischen Callshops, Wettbüros, uns fehlt praktisch hier nur noch der Straßenstrich. Ich wohn also direkt auf der Bonner Straße und erlebe jeden Abend die Herzlichkeit des Orients. In dem die Araber sich hier treffen. Und jede Nacht höre ich dann vor meinem Tor: "Machhalla halla halla!". Und wenn man dann nachts das Fenster aufmacht und sagt: 'Könnt ihr mal ein bisschen leiser sein, weil ich will schlafen?' Mittlerweile ist es 12 oder 1 Uhr nachts, dann heißt es nur von da unten, von der Straße: 'Willst Du vor die Fresse, komm runter!' Das ist also live von der Bagdad-Allee."
"2003 bin ich in die Bonner Straße gezogen in ein sehr schön renoviertes Haus. Und mir gegenüber war ein sogenannter marokkanischer Kulturverein." Rolf Mautz ist Schauspieler, gehörte lange zum Bonner Theaterensemble. Nicht nur sein Wohnumfeld auf der Bonner Straße hat ihn so genervt, dass er irgendwann aufgab und wegzog. "Und die hatten die Angewohnheit, ihren Müll in den blauen Säcken einfach vor die Tür zu stellen. Bis die Ratten bei uns im gegenüber liegenden Haus im Keller waren. Und da hab ich mehrfach mich beschwert. Beim Ordnungsamt und habe den damaligen Stadtbürgermeister angerufen. Der wollte mal mit mir dahin gehen. Da ist aber aus Termingründen nichts draus geworden. Das hat mich maßlos geärgert, sodass ich dann Eigeninitiative ergriffen hab und bin dann mal rübergegangen und habe gesagt, wenn jetzt der Müllsack, es waren meist drei bis vier Müllsäcke, nicht verschwinden innerhalb von drei Stunden, dann würde ich das Ordnungsamt bestellen. Daraufhin ist der Ladenbesitzer hinter die Theke gegangen, hat sich einen Marmorstab geholt und hat gesagt: 'Ich schlage dir Kopfe kaputte!'"
Islamisten verteilen den Koran
Rolf Mautz ärgert vor allem, dass Bad Godesberg inzwischen als Salafisten-Hochburg gilt. Als zentrales Agitationsfeld dieser Fanatiker. Und dass die Stadtverwaltung seiner Meinung nach dem Treiben zuschaut. Ohne einzugreifen. So gegenüber der Initiative "Lies". Deren Gründer Abou Nagie ist laut Verfassungsschutz ein salafistischer Prediger. Samstagsmorgens stellt er sich häufig dreist auf den Theaterplatz von Bad Godesberg und verteilt kostenlos den Koran an die Passanten. Mautz wollte das nicht einfach so hinnehmen. "Ich habe auf dem Theaterplatz in Bad Godesberg mal fünf Vertreter von den Genossen angesprochen. Unter anderem auch der Abou Nagie. Da bin ich mit dem in ein ziemlich aggressives Gespräch gekommen. Und dann hab ich das Ordnungsamt angerufen und hab gesagt: 'Hier wird der Koran verkauft von der Initiative 'Lies', die nachweislich dafür bekannt ist, dass sie Leute für den Dschihad anwerben. Wie verhalten sie sich dazu?' Da haben sie gesagt: 'Ja, wenn die ‘ne Erlaubnis dafür haben.'".
Es sind drei verschiedene Gruppen arabisch aussehender Menschen, die das Straßenbild von Bad Godesberg prägen: Zum einen die nordafrikanischen Migranten die dauerhaft seit dem Wegzug der Bundesregierung in Bad Godesberg und den umliegenden Stadtteilen leben. Hinzu kommen seit kurzem Flüchtlinge, die Godesberg aufgenommen hat. Insgesamt 1,5 Prozent der 73.000 Stadtteilbewohner.
Darüber hinaus gibt es noch eine dritte Gruppierung, mit der die Godesberger nur schwer zurechtkommen, erklärt Bezirksbürgermeisterin Stein-Lücke: "Was im Stadtbild natürlich sehr sichtbar ist, wir haben unsere Gesundheitstouristen, die in der Regel aus den arabischen Ländern kommen, aber auch aus Russland. Und das mischt sich alles." "Als ich 1993 von Kiel nach Bonn kam, hab ich hier das Waldkrankenhaus übernommen. Und hatten damals das faszinierende Umfeld, dass wir hier in Bad Godesberg 175 ausländische Botschaften hatten. Und sie können sich vorstellen, dass natürlich aus den Botschaften viele Patienten kamen. Wir haben im Umkreis von sechs Kilometern neun chirurgische Häuser. Ich glaube, dass Bad Godesberg nach Tel Aviv die Stadt ist mit der größten Arztdichte."
Medizintourismus als Problem
Medizintouristen. Ein Reizthema für die einen, eine willkommene Einnahmequelle für die anderen. Professor Detlev Schröder: "Die Länder, die Geld haben, schicken Familien mit dem kranken Patienten hierher. Also, sie können sich das so vorstellen, ein Kranker, fünf, sechs Angehörige. Und der Staat bezahlt: Vereinigte Arabische Emirate, Kuwait, Saudi-Arabien. Heute kriegt ein Angehöriger, der seine Frau aus Kuwait begleitet nach Bonn zur Behandlung, 10.000 Euro im Monat Taschengeld." Bei schönem Wetter sitzen arabische Frauen, vollverschleiert und nur mit Augenschlitz, schon mal im Godesberger Kurpark.
Rundgang mit einem pensionierten Feuerwehrmann durch Bad Godesberg. "Mein Name ist Hans-Werner Schmidt, ich wohne in einer Wohnanlage von 170 Wohneinheiten in Bad Godesberg. Wir wohnen mittendrin. Und haben zur Zeit 33 Wohneinheiten an den Medizintourismus verloren. Bei uns gibt es in der Tat ganz massive Störungen. Nicht der Medizintourismus ist das Problem, sondern das Verhalten der Touristen. Die Lebenshaltung kann überhaupt nicht mit einem normalen Wohnumfeld standhalten."
Bezirksbürgermeisterin Stein-Lücke kennt das Problem. "Wir haben da spekulative Vermieter, die schlecht oder gar nicht renovierte Wohnungen aus den 60er- und 70er-Jahren dazu verwenden, unglaubliches Geld zu machen in kurzer Zeit. Es geistern Zahlen von 6.000 bis 7.000 Euro pro Monat für eine ganz durchschnittliche 08/15-Mietwohnung. Da müssen wir ran, da hilft ja alles nix. Und in dem Moment, wo wir mehr geeigneten Wohnraum schaffen für diese Zielgruppe, haben wir den ersten Schritt gemacht."
Unterschiedliche Lebensgewohnheiten prallen aufeinander
Dieser erste Schritt wurde inzwischen getan. Ein klitzekleiner Schritt angesichts von über 1.000 Gesundheitstouristen pro Jahr. Im Zentrum von Bad Godesberg wird derzeit ein Boardinghaus gebaut, ganz auf die Bedürfnisse dieser Klientel zugeschnitten. Das soll entzerren, soll die Wohnviertel von einer Nachbarschaft erlösen, die sich so gar nicht an den Alltag der hiesigen Bewohner anpassen will. Soll aber auch die Verdrängungseffekte durch Mietwucher eindämmen. Die Bezirksbürgermeisterin weiß: keine leichte Aufgabe. Denn einerseits muss sie den Beschwerden ihre Wählerschaft nachkommen, andererseits darf sie die Medizintouristen nicht verprellen. Denn die bringen Geld in die Region. Viel, viel Geld.
Nur eines von vielen Problemen in Bad Godesberg: Jugendliche Migranten, die nicht wissen, wohin in ihrer Freizeit. Verschleierte Frauen, die das Stadtbild prägen. Salafisten, die ungehindert ihren Koran verteilen. Ganze Straßenzüge, nach dem Eindruck der Alteingesessenen fest in arabischer Hand. Unterschiedliche Lebensgewohnheiten, die aufeinanderprallen. Von all dem fühlen sich die Godesberger mehr und mehr verdrängt. Der tragische Tod von Niklas P. hat alle diese Probleme über die Grenzen Bonns hinaus bekannt gemacht. Die Herausforderungen an die Stadt und ihre Bürger sind groß, sagt die Integrationsbeauftragte Coletta Manemann: "Mir ist wichtig, dass im Stadtteil die gegenseitige Ausgrenzung und so ein bisschen Abfälligkeit aufhört. Nach Anschlägen wie in Paris oder Brüssel müssen sich ganz normale muslimische Jugendliche und Kinder Kommentare anhören, die sie sehr verletzen und sehr wütend machen. 'Was haben Eure Leute da wieder gemacht? Haste 'ne Bombe in deinem Rucksack? Mensch, wir sind es satt mit Euch Muslimen!' Da sagen mir ganz normale nette Muslime, das kann ich nicht mehr aushalten, wir sind immer alles schuld. Da liegen die Nerven ziemlich blank. Das ist nicht gut. Das WIR und das IHR, das ist in Bad Godesberg noch nicht behoben."