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"Bad Painting - Good Art“

Schlechte Bilder gehören auf den Müll. Aber wenn das Geschmiere von einem berühmten Maler stammt, sieht die Sache schon anders aus. Die provozierend betitelte Ausstellung "Bad Painting – Good Art" im Wiener Museum Moderner Kunst versammelt mit 21 prominenten Delinquenten erstmals flächendeckend Attacken auf den guten Geschmack und geht auch den Ursachen des Frevels nach.

Von Wolf Schön |
    Was war nur los mit René Magritte? 1948 warf der philosophierende Surrealist seine penible Gedankenmalerei über den Haufen und machte daraus während der "période vache" einen farbigen Kuhfladen. Fassungslos steht der Besucher da vor einer grotesken Selbstkarikatur: Ein zipfelmütziger Gnom mit Vollbart saugt sabbernd an einem halben Dutzend brennender Pfeifen, was wohl bedeutet, dass der Künstler selbst sein berühmtes Dementi-Gemälde mit der Aufschrift "Dies ist keine Pfeife" als blühenden Unsinn entlarvt.

    Magrittes Ausbruchsversuch aus dem Käfig seiner Kopfkunst blieb Episode. Als systemtreuer Begründer des Bad Painting gilt Francis Picabia, der das unverschämte Vagabundieren durch alle Bereiche von Kunst und Unkunst zum Prinzip erhob. Selbst vor Folklorekitsch und faschistischem Köperkult schreckte der gewissenlose Stilplünderer nicht zurück. Zu sehen ist eine seiner klischeehaft plakatierten Spanierinnen, die er bereits 1922 frech unter seine Galerieausstellung abstrakter Maschinenbilder geschmuggelt hatte. Die pathetische Sonnenanbeterin Marke "Kraft durch Freude" datiert von 1938 und illustriert des Schlitzohrs Credo, nach dem die Lüge das Schönste im Leben sei.

    Mit der Wahrheit nicht so genau nahm es ebenfalls Asger Jorn. Der Mitbegründer der neoexpressiven Cobra-Gruppe fragte sich allen Ernstes, wieso Opas olle Schinken mit Verachtung gestraft werden, da man sie doch mit ein paar Pinselstrichen modernisieren könne. Folglich schleppte der Recycling-Experte vom Flohmarkt die "Hirschbrunft am Wilden Kaiser", "Paris bei Nacht" und andere Wonnen der Gewöhnlichkeit zwecks brutaler Übermalung und boshafter Deformation ins eigene Atelier.

    Als Spielverderber, Spaßmacher, Provokateure und Rebellen treten sie vor das erschrockene Publikum, die gadenlosen Pinselschwinger, für die Kunst von Nichtkönnen kommt. Dabei reibt sich die misstonangebende Mehrheit an den etablierten Avantgarden mit ihren Fortschrittsdünkeln und Utopien, die unbedingt als leere Versprechungen entlarvt werden müssen. So richtet Julian Schnabel mit zerschlagenen Tellern auf seiner Leinwand einen fulminanten Scherbenhaufen an. Mit vom Boden aufgesammelten Farbresten seiner Mitstudenten schmiert der junge Baselitz abgehackte Gliedmaßen zusammen, damit das abendländische Menschenbild endlich der Realität entspricht.

    Nun wird das Attribut "bad" nicht nur mit schlecht und hässlich, sondern auch mit versaut im Sinn von obszön und böse übersetzt. Daran erinnern amerikanische Gegenwartskünstler, die wie John Currin mit altmeisterlicher Feinmalerei wider den Stachel des politisch Korrekten locken. Exzesse von Frauenfeindlichkeit und Sexismus wollen hier für Empörung sorgen, verzuckert mit penetrant süßem Marshmallow-Kolorit.

    Hochkonjunktur im alten Europa hatte Bad Painting in den 1980er Jahren, als die Jungen Wilden im Rhythmus der Punk-Bands in grelle Farbtöpfe langten. Büttner, Oehlen, Kippenberger und Co sorgen immerhin dafür, dass das Trash-Event einigermaßen happy endet. Denn der höhnende Aufschrei gegen die zum Scheitern verurteilte Malerei ist keine Absage an dieselbe, sondern darf trotz schludern und klecksen als Liebeserklärung verstanden werden. Albert Oehlen nennt die paradoxe Treue zu Staffelei und Öl eine "konstruktive Schizophrenie".