Vogelgezwitscher, Baustelle, Straßenbahn – so klingt die Vaubanallee, Hauptstraße des gleichnamigen Freiburger Stadtviertels. Fahrräder surren, Kinder kreischen. Motorräder und Autos sind in dem dicht bebauten Quartier kaum unterwegs. Lena wächst mit getrennten Eltern auf, ihr Vater lebt im Vauban. Die Zehnjährige hat den Vergleich.
"Bei meiner Mutter, da ist es halt doof. Da wohnt sie an der Straße und da kann ich nur an der Straße spielen, und da kommen eben richtig viel Autos, deswegen spiele ich dort nicht so oft. Also, ich finde es gut, umso weniger Autos es sind."
"Ja – weil: ist dann auch viel umweltfreundlicher."
Findet Jasmin, neun Jahre alt. Die beiden kommen soeben aus der Grundschule am Rand des Quartiers gerollert. Die Vaubanallee zu überqueren - kein Problem. Bis auf die Straßenbahn, die alle sieben Minuten durchs begrünte Gleisbett Richtung Zentrum fährt, rollt hier kaum etwas. Vom anderen Ende dieser Hauptstraße zweigt ein riesiges grünes Abenteuerspielgelände ab. Dort sitzt eine junge Frau aus dem Nachbarviertel im Gras vor einer Rutsche. Sabrina passt auf, dass ihre Kita-Kinder sicher landen. Die Erzieherin will ihren Nachnamen nicht nennen, ist zum ersten Mal im Vauban und mutmaßt:
"Für die Kinder ist es mit Sicherheit toll, sich hier so frei bewegen zu können. Und auch für uns, wenn wir so wenige Regeln aufstellen müssen, damit sich die Kinder hier sicher bewegen können."
Zweite Fahrbahn war überflüssig
Ursprünglich war die Vaubanallee mit zwei Fahrbahnen links und rechts der Straßenbahn-Trasse geplant. Mit dem Autofrei-Konzept wurde so viel Asphalt überflüssig, erläutert Wolfgang Heinze. Der Vauban-Bewohner und Architekt schaut auf die 60 Jahre alten Platanen, Linden und Ahornbäume, die stehen bleiben konnten.
"Jetzt ist es so, dass wir auf der einen Seite eine etwa fünf Meter breite Fußgängerzone haben - als Promenade. Und auf der anderen Seite haben wir auch einen recht breiten Gehweg mit fast vier Metern Breite und eine Fahrbahn, die sehr schmal ist."
Am Rand nur wenige Parkplätze für Besucher und Carsharing. Die Seitenstraßen: verkehrsberuhigt. Die Familie Heinze gehört zu den 420 autofreien Haushalten im Vauban. Wohnungseigentümer ohne Pkw müssen, anders als laut kommunaler Stellplatz-Satzung vorgesehen, keinen Parkplatz nachweisen. Aber 3.700 Euro an den Verein Autofrei zahlen. Der sichert den Eigentümern im Gegenzug zu, Parkplätze auf seinem eigenen Grundstück zu bauen, falls sie doch wieder ein Auto brauchen. Ergebnis des Konzepts: Auf 1.000 Einwohner kommen im Vauban keine 200 Kraftfahrzeuge, sagt Hannes Linck vom Verein Autofrei.
"Bundesdurchschnitt sind 500 pro 1.000 Einwohner, über Stadt und Land. Wir haben ungefähr 190, ich glaube, die Stadt Freiburg liegt irgendwo bei 300."
Vauban senkt den Schnitt, bekräftigt Linck. Als Vereins-Geschäftsführer sammelt er jährlich eine unterschrieben Erklärung der "Autofreien" ein, dass sie bis auf Carsharing weiter ohne Pkw auskommen. Wer dagegen im ruhigen Vauban nicht ohne Auto leben möchte, muss einen Parkplatz in einer der beiden Quartiersgaragen kaufen. Deren Effekt erläutert Autofrei-Vorstand Heinze:
"Dass das Parkhaus am Rand ist und der Weg zum Parkhaus länger ist als zur Straßenbahn-Haltestelle und zum eigenen Fahrrad, hat ja den Vorteil, dass die Nutzung des Autos deutlich reduziert wird. Das ist ja auch ein Effekt, wenn sie Carsharing nutzen – dazu gibt's eine Untersuchung vom Umweltbundesamt, dass sich durch die Nutzung des Carsharings sich die Nutzung des Autos drastisch vermindert. Der Verkehr hat sich durch dieses Konzept Parkhaus etwa um die Hälfte reduziert."
Anstatt gewohnheitsmäßig ins Auto zu steigen, denken Pkw-Besitzer nach, ob das jeweilige Ziel nicht auch mit dem Rad oder der Straßenbahn zu erreichen ist – vielleicht sogar kostengünstiger oder schneller. Derzeit sind die Plätze in den Quartiers-Parkhäusern des Vauban ausverkauft. Anfangs kosteten sie 18.000, jetzt bis 30.000 Euro. Um den problemlosen Übergang vom auto-basierten ins autofreie Leben und notfalls umgekehrt zu organisieren, bringt Vereins-Geschäftsführer Hannes Linck diejenigen, die einen Parkplatz übrig haben und vermieten wollen, mit denen zusammen, die einen brauchen.
"In den letzten zwanzig Jahren sind das jetzt 15 bis 20, die netto dazu gekommen sind. Und deshalb zu sagen: Wie kann man die Kapazitäten, die da sind, besser erschließen. Und da sind wir eben dran."
Paket für abgasfreie Fortbewegung
Im neuen Mannheimer Quartier Benjamin Franklin wird demnächst ein Tiefgaragenplatz frei. Der von Eduard Franke. Der Rentner zog Anfang des Jahres als einer der ersten Mieter ein - "auf Franklin", wie die Mannheimer sagen. Die Franklin-mobil-Managementgesellschaft bot Franke, wie allen Bewohnern, für 39 Euro im Monat ein Paket abgasfreier Fortbewegung an, nutzbar über eine Smartphone-App. In der Pauschale inbegriffen sind unter anderem 16 Stunden monatliche E-Auto-Nutzung, demnächst auch ein autonom fahrendes Elektro-Shuttle im Viertel. Eduard Franke hat das überzeugt.
"Ich find es super. Also ich hab es schon ein paarmal benutzt, und ich denke, ich werde das auch zukünftig weiterhin nutzen und mein Auto abschaffen. Mir reicht ja dann hier, was dann zur Verfügung gestellt wird."
Soeben hat der Senior ein weißes Elektroauto aus der Tiefgarage unter seinem Wohnblock heraus gefahren. Den lautlosen Fünfsitzer bucht er gelegentlich für Besorgungen. Zwei Fahrzeuge sind im Carsharing-Pool von Evo-Haus zu haben, dem Bauträger, zu dem die Wohnung von Eduard Franke gehört. Und, so Oliver Leicht, Geschäftsführer von Franklin mobil:
"Wenn das weg ist, haben Sie, wenn Sie die Straße runterlaufen, die Möglichkeit, an der Mobilitätszentrale aus dem Quartierspool Fahrzeuge rauszuholen."
Die Digitalisierung hilft, das Angebot der Nachfrage anzupassen, erklärt Mobil-Manager Leicht.
"Dadurch, dass wir auf dieser App miteinander vernetzt sind, kann man frühzeitig erkennen in der sogenannten Warteliste, wenn zusätzlicher Bedarf ist. Und dann gehen wir los und stellen aus dem Pool, mit den Kollegen, die dort als Quartier-Concierge da sind, ein neues Auto zur Verfügung. Das ist das Bestreben."
Der "Concierge", die Empfangs-Person der Mobilitätszentrale, kümmert sich um das Funktionieren des emissionsfreien Verkehrs. Dass bei Problemen immer jemand da ist, der hilft, unterscheidet Franklin mobil von reinen Carsharing-Konzepten.
"Am Anfang ist es einfach der Zugang. Sie sind auf einmal ohne eine begleitende Person mit einer App oder einer Karte und müssen erst mal lernen, das Auto 'abzuleinen', das ist ja in einer Steckdose drin. Wir machen da so Schulungen auch, also gemeinsame Kurse. Aber wenn Sie das zwei- oder dreimal gemacht haben ist das gar kein Problem. Sie sehen, der Kollege steigt ein und fährt jetzt ganz normal los."
Dreißig Elektroautos in der zentral gelegenen Quartiersgarage sollen die Abonnenten buchen können, bei Bedarf wird die Zahl aufgestockt. Für mehrtägige Reisen darf man die Quartiers-Fahrzeuge allerdings nicht nutzen. Seine Urlaube, weiß Eduard Franke, wird er künftig anders organisieren müssen.
"Aber die ganzen täglichen Fahrten, die man hat, die kann man mit dem Auto machen, oder mit den Autos, die dann kommen werden."
Geringerer Stellplatzschlüssel war umstritten
Die "Franklin Flat" genannte 39-Euro-Pauschale entspricht dem Monats-Preis für einen Miet-Parkplatz im Quartier. Die restlichen Unterhaltkosten fürs Auto spart sich Eduard Franke künftig. Leiht er sich über das 16-Stunden-Kontingent hinaus einen Pkw aus, so ist das günstiger als beim klassischen Carsharing. Den Parkraum auf Franklin hat Mannheim verknappt - von üblicherweise zwei vorgeschriebenen Stellplätzen auf 0,8 pro Haushalt. Das war im Vorfeld mit den Bauinvestoren ausgehandelt worden und umstritten. Anders als die Solarstadt Freiburg mit ihrem Autofrei-Vorreiter Vauban ist Mannheim eine autoaffine Industriestadt. Mit Blick auf die doppelt so große Siedlung "Franklin" sagt Mannheims grüne Bürgermeisterin Felicitas Kubala:
"Es wird durch diesen geringeren Stellplatzschlüssel durchaus sehr viel weniger Autos in den Quartieren geben. Und wir haben in Mannheim zurzeit einen Schlüssel, dass jeder Haushalt mindestens ein Auto hat, und das wird sich hier in diesem Viertel ganz deutlich ändern, und dadurch natürlich auch eine bessere Aufenthaltsqualität für die Bürger entstehen, die da wohnen."
Parkplätze zu verknappen, sei "autofeindlich", kritisierten Christdemokraten im Gemeinderat von Mannheim. Die grüne Bürgermeisterin kontert und verweist auf künftige Vorzüge.
"Wir haben auf dem Gelände sehr viele Bereiche, wo sich Menschen bewegen können, wo kleine und große Menschen, Kinder auf der Straße spielen können, wo man Sport treiben kann. Das ist natürlich die Qualität, die dieses Wohngebiet auch zusätzlich anbietet, dass hier viel Freiraum ist, auch viel unversiegelter Freiraum, und dass man hier fast autofrei leben kann in einzelnen Wohnquartieren. Und das ist natürlich eine Qualität, die viele Leute, die dahin ziehen, auch zu schätzen wissen."
Neue Bewohner können eigene Fortbewegung überdenken
Der Neu-Frankliner Eduard Franke findet es praktisch und kostengünstig, dass er seinen Wagen jetzt abschaffen kann. Er vollzieht diesen Schritt schon nach einer Schmalspur-Beratung in Sachen neuer Mobilität. Diese wird soeben zur detaillierten individuellen Effizienz-Beratung ausgebaut. Mitarbeiter der Mobilitätszentrale im Viertel bieten sie jedem an, der einzieht. Der Umzug nach Franklin - eine Chance, die eigene Fortbewegung unter Effizienz-, Umwelt- und Kosten-Kriterien zu überdenken. Auf einem Gang durchs Viertel im Umbruch erläutert der Geschäftsführer von "Franklin mobil" die Leitfragen an die neuen Bewohner:
"Wie ist denn Ihre Mobilität bisher? Was glauben Sie denn, wie Sie sich zukünftig organisieren können? Und dann haben wir ein Programm entwickelt, in dem wir Wege ausrechnen und sagen, 'wenn du damit fährst, mit dem Auto, kostet dich das so viel im Monat, wenn du Fahrrad fährst, kostet dich das so viel im Monat - an Zeit, an Geld. Und wenn du kombinierst ÖPNV mit der 'Franklin Flat', dann kostet dich das das und das'."
Derzeit hält die Straßenbahn noch am Eingang der entstehenden Siedlung für fast 10.000 Menschen. Später soll die Endhaltestelle mitten im Zentrum des Quartiers liegen. In der 'Franklin Flat' inbegriffen sind auch 12 Stunden E-Lastenrad im Jahr, präzisiert Oliver Leicht.
"Auf dem Ausredenkatalog Punkt drei: 'ich muss einkaufen…'"
…soll damit entkräftet werden. Außerdem nehmen Mitarbeiter der Mobilitätszentrale Pakete an, um den Lieferverkehr einzudämmen. Insgesamt aber ist das Verhandeln über emissionsfreie Fortbewegung mühsam, bilanziert der Stadtplaner. Einfacher bei jungen Leuten, die abgasfreien, lärmarmen Wohn- und Entfaltungsraum für die eigenen Kinder schätzen. Besonders schwierig bei denen, die einen steuerbegünstigten Dienstwagen gestellt bekommen, zu 80 % einen Diesel. Wer emissionsfreie Mobilität politisch voranbringen will, fordert Oliver Leicht, muss das Dienstwagenprivileg kippen.
"Sofort, weil wir glauben, dass es einfach auf Dauer für den Menschen nicht mehr gebraucht wird. Man kann es vielleicht erst mal adaptieren, dass man damit insbesondere den Kostennachteil von batteriegetriebenen oder Wasserstoff-Fahrzeugen kompensiert, da gibt es gute Vorbilder aus Holland. Aber den klassischen Verbrenner, den halten wir als Firmenfahrzeug-Privileg für Dinosaurier-artig, den brauchen wir nicht mehr."
Übermotorisierung durch Steuerpolitik gefördert
Wolfgang Heinze, Architekt und Bewohner von Freiburg-Vauban, ärgert sich darüber, dass die Steuerpolitik die Übermotorisierung fördert:
"Wenn ich mir einen Porsche Cayenne kaufe, den kann ich für mein Büro steuerlich absetzen. Wenn ich mir aber einen 50.000 Euro teuren Perserteppich kaufe, kann ich das nicht, weil dann sagt die Steuer, 'das ist aber unangemessen, Herr Heinze': Bei einem Porsche Cayenne würden die nicht sagen, es ist unangemessen. In England war es so, dass man einen Dienstwagen beispielsweise nur bis 20.000 Euro absetzen konnte. Aber unsere Automobilindustrie schafft es, dass im Grunde genommen heute alles angemessen ist. Jede Sonderausstattung - für 100.000 Euro kann quasi die kleinste Klitsche ein Fahrzeug von der Steuer absetzen. Das heißt, die Steuergesetzgebung ist natürlich pro Auto und für das Auto gemacht und von der Automobilindustrie mit Sicherheit ordentlich forciert."
Der Architekt kommt soeben von einem Termin geradelt. Wegen der guten Auftragslage kann Heinze seine Projekte aufs Stadtgebiet von Freiburg beschränken. Etwa zwanzig Mal im Jahr nutzt er ein Auto des Carsharing-Anbieters im Viertel.
"Aber im Grunde genommen fahre ich mit dem Fahrrad vor. Das ist auch in Freiburg üblicher als woanders. Man muss sich nicht erst Autorität verschaffen, weil die Handwerker vielleicht denken, hat der den Führerschein abgenommen bekommen oder verdient der so wenig, dass er sich kein Auto leisten kann. Also, hier in Freiburg darf man als Architekt oder als Chef eines Architektur-Büros auch mit dem Fahrrad vorfahren."
Ohne, dass es den Ruf ruiniert. Wolfgang Heinze hat sein Büro am Rand von Vauban, geht auf dem dortigen Marktplatz Kaffeetrinken und im Quartiersladen einkaufen. Leben ohne Auto im Stadtviertel der kurzen Wege und breiten Promenaden - das hat für ihn viele Facetten.
"Wenn ich hier mit der falschen Frau im Arm durchgehe, dann weiß das ganze Vauban-Dorf das sofort. Das heißt: Das Tolle hier an dem geringen Auto-Anteil ist der hohe Fußgänger- und Fahrrad-Anteil. Wenn ich hier durchgehe - ich grüße ständig irgendjemanden, weil ich ihn kenne. Das heißt, die Kommunikation im öffentlichen Raum ist eine ganz andere. Die soziale Kontrolle ist eine ganz andere. Und das sind lauter Aspekte, die in dieser Stellplatz- und damit Auto-Reduzierung hinten dran hängen."
Dörflicher Charakter
Beate wohnt in Freiburg-Haslach und radelt die drei Kilometer zum Quartiersladen von Vauban, ihrem Arbeitsplatz. Die Verkäuferin kommt gern in das fast autofreie Viertel.
"Ich finde es toll, weil man kann schön Fahrrad fahren, ohne dauernd Abgase einzuatmen. Das macht das Ganze auch so ein bisschen dörflich, finde ich. Sowieso ist die Atmosphäre ein bisschen dörflich, weil sich jeder hier kennt. Und die meisten duzen sich hier natürlich. Ich genieße es."
Künftig können sich Kunden ein Elektrolastenrad im Quartiersladen leihen, um größere Einkäufe nach Hause zu bringen. Annette Welle hat soeben nur ein paar Kleinigkeiten besorgt.
"Ich hab mir sagen lassen, das ist mit Abstand der beste Bioladen Freiburgs."
Welle wird hier künftig häufiger einkaufen. Sie zieht nämlich ein ins ruhige, grüne Vauban. Und das, obwohl sie gerade überlegte, sich ein Auto zuzulegen. Weil sie es allmählich anstrengend fand, alle Wege zu radeln oder mit Bus und Bahn zu fahren. Doch jetzt bleibt sie dabei.
"Ja interessant war, dass ich tatsächlich das als Bedingung gestellt bekommen habe, wenn ich die Wohnung will: kein Auto. Mietvertrag nur ohne Autobesitz. Und ich habe die Alternative gewählt, Carsharing in Anspruch zu nehmen und einfach weiterhin autofrei zu leben. Ich zahle den Preis gerne. Richtig gern. Ich freue mich richtig, richtig hierherzuziehen."
Autofrei – kein Verzicht, sondern ein Gewinn
Verrät die sportliche Endfünfzigerin am Rande ihres Einkaufs im Genossenschaftsladen mitten im Vauban. Autofrei – kein Verzicht, sondern ein Gewinn. Die Grundschülerinnen Jasmin und Lena sehen das so. Ebenso die Alt-Vaubanisten Heinze und Linck. Dennoch: Modellwirkung hat Freiburg-Vauban kaum. Beim neuen Gutleutmatten-Quartier in Freiburg-Haslach nahm die Kommunalpolitik Rücksicht auf die Auto-Anhänger, die schon dort lebten und gegen das stellplatzfreie Konzept opponierten.
Damit wurde eine Chance in einem zentrumsnahen Viertel vertan, ärgert sich Wolfgang Heinze. Bürgerbeteiligung werde irrational, wenn man allein diejenigen befrage, die in einem Stadtteil lebten und vernachlässige, dass Interessenten an einem neuen Wohnblock oder -Quartier ganz andere Bedürfnisse haben könnten. Zum Beispiel das, ohne Tiefgarage, aber dafür günstig und vielleicht auch autofrei zu leben.
"Das ist so, als wenn ich in einem Dorf frage: 'Seid ihr dafür, dass am Dorfrand weiter gebaut wird, dann sind die, die gerade auf den Acker gucken, die sagen: 'Nee, dafür sind wir nicht'. Und diejenigen in Haslach wurden gefragt: 'Seid ihr dafür, dass das Stellplatz-reduziert wird –dann haben die Leute gesagt: 'Nee, das wollen wir nicht.' Aber im Grunde genommen war da des Volkes Stimme für diejenigen, die jetzt dorthin ziehen, immense Kosten produziert. Und hat ihnen Vorgaben gemacht, die sie gar nicht wollen – oder ein ganz großer Teil nicht. Denn ich gehe davon aus, dass dort der Anteil an autofreien Haushalten zwischen 30 und 40 Prozent liegt, so wo er auch in Freiburg liegt. Und das war eigentlich das Ärgerliche, dass die Politik in dem Fall Rücksicht genommen hat, gesagt hat, wir müssen die Bürger hören. Aber es war eigentlich eine Bestandswahrung."
Die Gutleutmatten werden mit teuren Tiefgaragen unterhöhlt, das treibt die Preise fürs Wohnen hoch. Auch in Mannheim-Franklin wird der Autoverkehr eher vorsichtig reduziert. Ein Rückschritt gegenüber Vauban? Baden-Württembergs Umweltminister Franz Untersteller verneint. Der Grünen-Politiker sieht Franklin als Zukunftswerkstatt.
"Wir probieren hier natürlich auch neue Techniken aus, Stichwort Smart Grits, Digitalisierung, all diese Dinge werden da eine große Rolle spielen, und die hat man zu Zeiten von Vauban noch nicht gekannt, da waren das noch Fremdwörter. Letztendlich geht es natürlich auch darum, an diesem Beispiel zu zeigen, in Franklin, wie sieht die neue Welt aus. Im Bereich der Mobilität, aber auch im Zusammenhang mit erneuerbaren Energien, jetzt nicht nur, was Fahrzeuge betrifft, sondern auch in Verbindung mit ÖPNV, mit Fahrrad, mit Elektrofahrrädern - all diesen Dingen. Franklin ist da mit ein Musterbeispiel dafür."
Neue Impulse durch intelligente Netze
Mannheim-Franklin ist in intelligente Stromnetze eingebettet, übersetzt Untersteller. Diese stimmen Erzeugung, Speicherung und Verbrauch aufeinander ab.
Soweit ist man in Freiburg-Vauban noch nicht. Doch intelligente Netze und die Verbindung von autofreien Bewohnern über eine App könnten auch dem Vorreiterviertel künftig neue Impulse geben.