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Baden-Württemberg
Das Ländle könnte grün-schwarz werden

Nach dem die SPD einer Koalition mit CDU und FDP eine Absage erteilt hat, bleibt der CDU eine einst ungeliebte Option: eine Koalition mit den Grünen. Während die Grünen bereits ihre Bereitschaft für Koalitionsgespräche erklärt haben, tagen die CDU-Gremien in Baden-Württemberg den ganzen Tag über hinter verschlossenen Türen.

Von Thomas Wagner |
    Der Landesvorsitzende der baden-württembergischen CDU, Thomas Strobl (r), und der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen) geben am 24.03.2016 in Stuttgart (Baden-Württemberg) nach der Fortsetzung der Sondierungsgespräche von Grünen und CDU zur möglichen Bildung einer gemeinsamen Landesregierung eine Pk.
    Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Grüne) und der Landesvorsitzende der CDU, Thomas Strobl bei Sondierungsgesprächen am 24.03.2016. (picture alliance / dpa / Philip Schwarz)
    Man ist plötzlich erstaunlich nett zueinander:
    "Auch unser drittes Gespräch dass wir nun hatten, fand in einer verbindlichen und angenehmen Atmosphäre statt."
    "Diese zweite Sondierung ist in einer sehr guten und in einer sachorientierten Atmosphäre verlaufen."
    Der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann spricht von einer angenehmen, der baden-württembergische CDU-Landesvorsitzende Thomas Strobl von einer sehr guten und sachorientierten Atmosphäre. Diejenigen, die vor der Landtagswahl noch erbitterte Gegner waren, gehen betont höflich, manchmal sogar freundschaftlich miteinander um, lächeln sich dezent an. Und selbst CDU-Fraktionschef Guido Wolf, als Spitzenkandidat dem grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann bei der Landtagswahl haushoch unterlegen, bemüht einen Tonfall der Versöhnung: Für ihn gehe es jetzt vor allem um Eines:
    "Nämlich eine Vertrauensbasis aufzubauen. Und das gelingt nicht auf Knopfdruck. Aber ich habe den Eindruck, dass wir uns dessen bewusst sind, dass es jetzt darum geht, jetzt den Blick in die Zukunft zu richten."
    Grüne sind zu Koalitionsgesprächen bereit
    Und die riecht in Baden-Württemberg sehr stark nach Grün-Schwarz. Die Grünen haben bereits ihre Bereitschaft zu Koalitionsgesprächen erklärt. Die CDU tagt heute den ganzen Tag über hinter verschlossenen Türen: erst die Fraktion, dann, am frühen Abend, die CDU-Kreisvorsitzenden. Dann wird abgestimmt. Doch alles andere als "grünes Licht" für grün-schwarze Koalitionsgespräche wäre eine Überraschung. Denn die Alternative dazu hieße Neuwahlen. Und die fürchten sowohl Grüne als auch CDU wie der Teufel das Weihwasser: Neuwahlen schließlich könnten die AFD nochmals erheblich stärken. Manchmal, so scheint es, sind die Akteure von all ihren Gesten der Freundlichkeit gegeneinander dann doch ein wenig selbst überrascht – und fühlen sich dann ab und an zur Klarstellung bemüßigt. CDU-Landesvorsitzender Thomas Strobl:
    "Ich habe nicht den Eindruck, dass, wenn wir zusammenkämen, das etwas mit einer Liebesheirat zu tun hätte. Ich habe grundsätzlich die etwas unromantische Vorstellung, dass Koalitionen im Grunde genommen nie Liebesheiraten sind. Sondern wenn man es schafft, ein von Vertrauen geprägtes Arbeitsverhältnis zueinander hinzubekommen, dann ist das etwas, was das Land mehr voranbringen kann als eine Liebesheirat, die dann in den Krisen, die das Leben so mit sich bringt, sich vielleicht doch nicht hinreichend stabil erweist."
    Inhaltlich immerhin haben CDU und Grüne in Baden-Württemberg zahlreiche Schnittmengen ausgemacht: Maßnahmen gegen den Klimawandel, eine Ökologisierung der Wirtschaft bei gleichzeitiger Wahrung der ökonomischen Interessen – damit können sich beide Koalitionäre in spe anfreunden. Mehr direkte Bürgerbeteiligung, ein Ur-Anliegen der Grünen – warum nicht, sagt die CDU, wenn sich das nicht mit den Rechten der gewählten Vertreter in den kommunalen Parlamenten und im Landtag beißt. Allerdings: Der Teufel steckt im Detail – und das wird wohl dazu führen, dass sich die grün-schwarzen Koalitionsgespräche, wenn sie denn stattfinden, aller Voraussicht nach über Wochen hinziehen werden. Beispiel Ökologie – Ministerpräsident Winfried Kretschmann:
    "Schwerpunkt Energiewende, Klimaschutz – da haben sich dann auch Differenzen aufgetan, zum Beispiel bei der Windkraft. Dann muss man dann entscheiden, wie man damit in den Einzelfragen zurechtkommt. Das wird mit Sicherheit nicht leicht werden."
    Bildungspolitik könnte harte Nuss sein
    Die wohl härteste Nuss, die es zu knacken gilt, wird wohl die Bildungspolitik sein. Die Grünen setzt auf den Ausbau der Gemeinschaftsschulen, die CDU eher aus das klassische Schulsystem, will keine weiteren Gemeinschaftsschulen zulassen. Doch möglicherweise bahnt sich auch hier ein Kompromiss an – irgendwie. CDU-Fraktionschef Guido Wolf:
    "Es muss unser gemeinsames ambitioniertes Ziel sein, diesem grün-schwarzen Ziel ein Ziel vorzugeben: Nämlich einen Bildungskonsens vorzugeben. Das ist etwas, was die Bevölkerung von uns erwartet."
    Gewartet wird jetzt aber erst einmal auf die Entscheidung der CDU-Gremien über den Eintritt in Koalitionsgesprächen mit den Grünen. Grünen-Landesvorsitzende Theresia Walker hofft auf ein "Ja". Denn irgendwann, sagt sie, muss wieder der politische Alltag einkehren im Ländle.
    "Wir sollten uns unbedingt anstrengen, am 12. Mai den Ministerpräsident zu vereidigen und zu wählen und somit sicherstellen, das Land muss schließlich regiert werden. Dankeschön!"