Fälle wie den von Henri wird es auch in der nahen und mittleren Zukunft in Baden-Württemberg geben können. Selbst wenn es ab dem Schuljahr 2015/2016 für alle Kinder mit Behinderung ein Wahlrecht geben wird, ob sie in eine Sonderschule wollen oder nicht, können sich die Eltern die Schule im engeren Sinne nicht aussuchen. Kultusminister Andreas Stoch nennt das: ein qualifiziertes Elternwahlrecht.
"Es besteht ein Wahlrecht, das wir zu beachten haben zwischen der Sonderschule und der Regelschule. Wie dann die Ausgestaltung im Bereich der Regelbeschulung aussieht, das muss im gemeinsamen Gespräch zwischen Schulamt, Schulträger und letztlich auch den Eltern ermittelt werden."
Spezielle Fortbildungen für Lehrer
Um das umsetzen zu können, also um ab dem übernächsten Schuljahr in zumutbarer Entfernung vom Wohnsitz, inklusive Bildungsangebote für Behinderte anbieten zu können, sollen ab sofort entsprechende Fortbildungen für Lehrer angeboten werden, mit den Gemeinden, die im Zweifelsfall dafür zu sorgen haben, dass die Schulgebäude behindertengerecht ausgebaut sind, soll Kontakt aufgenommen werden, und entsprechende Mittel sollen in den Landeshaushalt aufgenommen werden.
Derzeit geht das Kultusministerium davon aus, dass sich etwa 25 Prozent der Eltern für einen Platz in der Regelschule entscheiden werden, daher sollen zunächst, wie Stoch sagt, Gruppenlösungen angestrebt werden. Das heißt, an ausgesuchten Schulen sollen Gruppen von behinderten Kindern unterrichtet werden. Andreas Stoch:
"Das Ziel, das zeigen auch Erfahrungen aus anderen Bundesländern, dass wir gerade was die pädagogische Qualität angeht, in die Situation einer Versorgung mit zwei Lehrern pro Klasse kommen wollen."
Kultusministerium: Inklusion an allen Schulen gewünscht
Das bedeute für die Zukunft aber nicht, so der Kultusminister weiter, dass aus diesen Schulen mit Inklusionsgruppen Schwerpunktschulen werden sollen. Denn dann bestehe die Gefahr, dass sich andere Schulen wegducken, wenn's um Thema Inklusion geht. Langfristig sei Inklusion an allen Schulen gewünscht, die Frage sei nur, wie man bei der Einführung am besten vorgeht, zumal die Mittel begrenzt seien:
"Das ist alles sehr schwierig, denn wir wissen nicht, wie die Eltern in den nächsten Jahren mit ihrem Wahlrecht umgehen werden. Wir werden da in den nächsten Jahren ein Stück weit auf Sicht fahren müssen."
Eine Grenze für die Geschwindigkeit der Einführung der Inklusion in Baden-Württemberg sei zudem die Zahl der Sonderpädagogen, die pro Jahr ihren Abschluss machen. Das seien rund 400, von denen erfahrungsgemäß 200 für die Sonderschulen gebraucht würden. Die restlichen 200 könnten dann zwar in die Regelschulen für den Aufbau der inklusiven Angebote, aber das zeige, dass es die Inklusion keine Frage von Jahren, sondern eher von Jahrzehnten sei.