Archiv

Baden-Württemberg
Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländer

Ab dem nächsten Wintersemester sollen ausländische Studierende aus Nicht-EU-Ländern in Baden-Württemberg Studiengebühren bezahlen. 1.500 Euro pro Semester werden dann fällig. Für ein Zweitstudium 700 Euro. Viele befürchten nun, dass auch die allgemeinen Studiengebühren wieder eingeführt werden könnten.

Von Thomas Wagner |
    Eine Studentin sucht am 07.11.2012 ein Buch in der Bibliothek der Universität Hildesheim.
    Einige Studierende sehen in den neuen Gebühren für ausländische Studierende durchaus einen Vorboten für allgemeine Studiengebühren. (picture alliance / dpa / Julian Stratenschulte)
    "Ich selber zahle jetzt, ab Wintersemester muss ich auch bezahlen. Ich komme aus Israel."
    Ali Abdelheil ist Student an der Universität Stuttgart – und muss als Israeli dafür in Zukunft wohl ordentlich in die Tasche greifen. 1.500 Euro pro Semester sollen fällig werden. Ali Abdelheil findet das ungerecht.
    "Die Studenten, die aus Afrika oder Asien kommen, sind meistens ärmer wie die Leute, die aus der EU kommen. Das Problem ist: Studenten, die aus der EU kommen, und die nicht aus der EU kommen, sitzen im gleichen Vorlesungssaal. Lieber zahlen alle die 700 Euro, wie das vorher einmal war. Das wäre besser als dass ein Teil zahlt und ein anderer nicht."
    Diskussion über allgemeine Studengebühren wieder losgetreten
    Will heißen: Wenn schon Studiengebühren, dann, bitte schön, für alle – so fordert es Ali Abdelheil aus Israel – und weiß sich in guter Gesellschaft. Denn die geplante Einführen von Gebühren für Studierende aus Nicht-EU-Ländern ab nächstem Wintersemester 2017/2018 hat in Baden-Württemberg und auch anderswo eine Diskussion über ein Thema losgetreten, dass eigentlich längst ‚ad acta‘ gelegt sein sollte: nämlich über allgemeine Studiengebühren. Julia Wandt, Sprecherin der Universität Konstanz:
    "Wenn man über Studiengebühren spricht, dann sollte man aber wieder über Studiengebühren für alle Studierende sprechen. Was wir nicht gut finden, ist, dass eine kleine, singuläre Gruppe von Studierenden wie in diesem Fall internationale Studierende aus dem Nicht-EU-Ausland für Studiengebühren herangezogen werden."
    Solche Forderungen kommen dem grünen baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann und seiner grünen Wissenschaftsministerin Theresia Bauer denkbar ungelegen. Denn beide hatten vor fünfeinhalb Jahren, als Kretschmann zum ersten Mal ins Regierungsamt gewählt wurde, als erste hochschulpolitische 'Duftmarke' die bis dahin geltenden allgemeinen Studiengebühren abgeschafft. Und dabei wird es auch in Zukunft bleiben, bekräftigt Wissenschaftsministerin Theresia Bauer:
    "Wir haben uns festgelegt in der Koalition: Wir führen keine allgemeinen Studiengebühren ein. Das ist in unserem Wahlprogramm, aber auch in unserem Koalitionsvertrag niedergelegt. Und so halten wir es auch."
    Basta. Allerdings: Gebrauchen könnte Theresia Bauer das zusätzliche Geld schon gut. Denn da ist ja noch die Schuldenbremse.
    "Mein Ministerium hat eine harte Sparauflage erhalten, 48 Millionen jährlich zusätzlich aufzubringen. Deswegen bin ich auf der Suche nach zusätzlichen Einnahmequellen."
    Beispielsweise die Gebühren für Studierende aus Nicht-EU-Ländern. Und wenn die nicht ausreichen?
    "Ich denke, wenn das eingeführt wird für Ausländer wäre das ein erster Schritt, das das für alle gleichberechtigt gilt."
    "Wenn die das einführen für die Ausländer, dann wird uns das ganz schnell einholen wieder. Die fangen immer irgendwo an."
    "Das könnte schon gut sein. Man fängt ja immer leicht an und schaut, wie weit man gehen kann. Das könnte schon gut sein."
    "Das ist für mich kein Einstieg in Studiengebühren"
    So die Befürchtungen von Studierenden aus dem Campus der Universität Stuttgart. Sie sehen in den neuen Gebühren für ausländische Studierende durchaus einen Vorboten für allgemeine Studiengebühren. Dagegen steht das Wort des Rektors:
    "Das ist für mich kein Einstieg in Studiengebühren, sondern das ist für mich der Einstieg, um einen finanziell ausgeglichenen Haushalt zu erwirtschaften", meint Professor Wolfram Ressel, Rektor der Universität Stuttgart und Vorsitzender der Landesrektorenkonferenz Baden-Württemberg. Allerdings fügt Ressel auch hinzu:
    "Momentan sind Studiengebühren nicht durchzuführen und nicht einzuführen. Das ist momentan politisch einfach nicht machbar. Ich glaube aber, dass es durchaus in ein paar Jahren wieder mal auf den Tisch kommt, wenn einmal Schuldenbremse wirklich zieht, dass man den gesamten Bildungsbereich vielleicht auch wieder belegen muss. Aber das ist momentan nicht spruchreif."
    Zumindest nicht in der derzeitigen grün-schwarzen Koalitionsregierung in Baden-Württemberg. Ministerpräsident Winfried Kretschmann selbst hat das Thema unlängst zur Chefsache erklärt:
    "Die Landesregierung beabsichtigt nicht, allgemeine Studiengebühren einzuführen."
    Mag ja sein. Aber die Diskussion darüber ist nach der Einführung der Ausländer-Studiengebühren neu entfacht worden.