Sie betonte, dass Europa nicht der Geldgeber neuer islamistischer Strukturen werde. Die Aufhebung von Sanktionen sei an politische Reformen gekoppelt. Barrot forderte zudem eine politische Lösung des Konflikts mit den Kurden im Norden Syriens und die Vernichtung der Chemiewaffenlager im Land.
Baerbock erklärte, Deutschland wolle Syrien bei der Versöhnung der Gesellschaft und beim Wiederaufbau helfen. Dazu gehörten die Gleichberechtigung der Frauen sowie aller ethnischen und religiösen Gruppen.
Besuch im "Höllengefängnis" Saidnaya
Zuvor besuchten Barrot und Baerbock das berüchtigte Saidnaya-Gefängnis, das als Symbol für die Gewaltherrschaft des gestürzten Assad-Regimes gilt. Die beiden Außenminister ließen sich von Vertretern der Zivilschutzorganisation Weißhelme durch die unterirdischen Zellen und Kerker führen. Anschließend sprach Baerbock von einem "Höllengefängnis".
Nun sei es an der internationalen Gemeinschaft, den ehemaligen Insassen Gerechtigkeit zu verschaffen, sagte die Bundesaußenministerin weiter. Im Volksmund wurde das Saidnaya-Gefängnis nur das "Schlachthaus" genannt. Menschenrechtler haben dort jahrelange systematische Massenhinrichtungen, Folter und das Verschwinden von Tausenden Gefangenen dokumentiert.
Syrien-Experte: "Besuch sendet wichtiges Signal aus"
Der Syrien-Experte André Bank vom Hamburger GIGA-Institut für Nahost-Studien sprach im Deutschlandfunk von einem starken Signal, das Deutschland und die EU mit dem Besuch in Syrien ausgesendet hätten. Auf diplomatischer Ebene müsse nun daran angeknüpft werden. So sei es wichtig, auf die USA und ihren designierten Präsidenten Trump einzuwirken, damit sich die USA nicht aus Syrien zurückziehen. Zudem müssten Israel und die Türkei ihre militärischen Aktionen in Syrien einstellen, um den demokratischen Prozess im Land nicht zu behindern.
Bei Baerbocks Gesprächen in Damaskus dürfte es auch um die von der Übergangsregierung befürwortete Rückkehr syrischer Flüchtlinge aus Deutschland gehen. Derzeit leben laut Bundesinnenministerium rund 975.000 Syrer in Deutschland. Die meisten kamen seit 2015 infolge des Bürgerkriegs ins Land.
Schwierige Lage nach jahrelangem Bürgerkrieg
Baerbock und Barrot sind die ersten EU-Außenminister, die nach dem Sturz des langjährigen Machthabers Assad vor rund vier Wochen nach Syrien gereist sind. Das arabische Land ist nach mehr als zehn Jahren Bürgerkrieg zersplittert und konfessionell gespalten. Auch nach dem Sturz Assads kämpfen verfeindete Milizen um die Macht.
Hörtipp
Diese Nachricht wurde am 04.01.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.