Bildungspolitik
Bafög-Reform soll Kreis der Berechtigten erweitern - und sorgt doch für Kritik

In Deutschland haben bald mehr Studierende Anspruch auf Bafög. Das Bundeskabinett verabschiedete einen Reformvorschlag von Bildungsministerin Stark-Watzinger. Die geplante Anhebung der Freibeträge für Elterneinkommen soll den Kreis der Berechtigten erweitern. Doch es gibt auch viel Kritik an dem Entwurf.

    Studenten im grossen Hörsaal am Tag der Erstsemesterbegrüssung zum Wintersemester 2023/24 an der Uni Köln.
    Kritiker sind der Meinung, dass das Bafög die Lebensunterhaltskosten von Studierenden nicht annähernd decken kann. (picture alliance / Panama Pictures / Christoph Hardt)
    Stark-Watzinger sagte in Berlin, das Bafög werde durch die Reform einfacher und noch digitaler. Es passe sich der Lebensrealität von jungen Menschen an. So werde auch eine sogenannte Studienstarthilfe eingeführt, führte die FDP-Politikerin aus. Dadurch könnten Studienanfänger aus ärmeren Familien ab Herbst mit einem staatlichen Zuschuss von 1.000 Euro rechnen. Er soll beispielsweise zur Anschaffung von Laptops, Büchern oder zur Finanzierung von Umzugskosten verwendet werden und muss nicht zurückgezahlt werden.

    Bafög-Höchstdauer verlängert

    Laut Gesetzentwurf können Studierende künftig zudem einmalig ein Flexibilitätssemester über die Förderungshöchstdauer hinaus in Anspruch nehmen. Ferner wird die Frist für einen Wechsel der Fachrichtung verlängert. Um den Antrag zu erleichtern, solle es angemessene Pauschalierungen geben und auf Anrechnungsregelungen verzichtet werden.
    Weitere Punkte in der Reform: Der Freibetrag für eigenes Einkommen soll bis zu der ab 2025 geltenden "Minijob-Grenze" angehoben werden. Und die Freibeträge vom Einkommen der Eltern sowie die Freibeträge bei der Darlehensrückzahlung werden demnach um fünf Prozent angehoben. "Damit wollen wir auch den Aufwärtstrend bei der Zahl der mit Bafög geförderten Studierenden stärken", so Stark-Watzinger. Laut den Zahlen des CHE Centrum für Hochschulentwicklung von Dezember 2023 beziehen 13 Prozent der Studierenden Bafög.

    Kritik von vielen Seiten

    Nicht vorgesehen ist dagegen eine Erhöhung der Bafög-Sätze. Das sorgt für viel Kritik - auch aus den Reihen der Koalitionspartner. Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Sönke Rix sagte, man werde im Bundestag bei dem Gesetz hart nachverhandeln, es brauche "deutliche Anpassungen bei den Bedarfssätzen und Wohnkosten".
    Der Paritätische Gesamtverband verwies auf eine "hohe Armut unter Studierenden" und forderte eine Anhebung der Sätze auf 800 Euro plus Wohnkostenzuschlag. Die aktuellen Leistungen lägen noch unter dem Bürgergeld und seien völlig unzureichend, kritisierte Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider. Der Sozialverband Deutschland (SoVD) verlangte ein elternunabhängiges und existenzsicherndes Bafög. Der Grundbedarf von 452 Euro garantiere nicht einmal das Existenzminimum, und die Kostenpauschale für die Unterkunft von 360 Euro reiche vielerorts nicht für die Miete eines WG-Zimmers, sagte die Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
    Kritik kam auch von der Initiative ArbeiterKind.de, die sich dafür einsetzt, dass mehr Kinder aus Nicht-Akademiker-Haushalten Zugang zum Studium bekommen. Es sei schlecht, dass die Begrenzung der Bafög-Schulden künftig nicht mehr auf 10.000 Euro begrenzt sein solle, sagte der Mitgründer und stellvertretende Geschäftsführer Wolf Dermann im Deutschlandfunk. Auch sei es nicht in Ordnung, dass die Regel rückwirkend für alle Bafög-Empfängerinnen und Empfänger angewendet werden solle, die in den vergangenen zehn Jahren die Unterstützung beantragt haben. Seinen Angaben zufolge verzichten 18 Prozent aller Studierenden aus Angst vor den Schulden auf einen Bafög-Antrag. Durch die Anhebung des sogenannten Bafög-Deckels entstehe bei den Studierenden ein Vertrauensverlust gegenüber der Politik, betonte Dermann.
    Diese Nachricht wurde am 06.03.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.