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Bahn und Lokführergewerkschaft GDL
Zähe Verhandlungen, verschärfte Tonart

Seit den Bahnstreiks im November verhandeln Lokführer und Bahn recht geräuschlos. Doch riesige Fortschritte sind bislang nicht in Sicht. Jetzt gingen die Verhandlungen in Berlin weiter - in deutlich aufgeladener Stimmung.

Von Dieter Nürnberger |
    Beide Seiten verhandeln zwar schon mehrere Monate, doch noch immer ist das gegenseitige Misstrauen tonangebend: So schlug die Deutsche Bahn beispielsweise vor, heute lieber ein Spitzentreffen der beiden Verhandlungsführer einzuberufen, um die Tarifgespräche - nach Angaben der Bahn - zu beschleunigen. Diese Offerte ging nach hinten los, denn flugs warf der GdL-Vorsitzende Claus Weselsky dem Konzern vor, die geplante Verhandlungsrunde absagen zu wollen, um lediglich Zeit zu schinden.
    Zäher Tarifkonflikt
    Es ist ein außergewöhnlich zäher Tarifkonflikt. Die Bahn muss getrennt mit der Gewerkschaft der Lokomotivführer GdL und auch der rivalisierenden Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG verhandeln. Die GdL will ihren Zuständigkeitsbereich auch auf andere Berufsgruppen, wie etwa Zugbegleiter oder Rangierführer, ausweiten. Und deswegen geht es bis heute in den Verhandlungen für insgesamt rund 160.000 Bahnbeschäftigte weniger um materielle Forderungen wie Gehaltserhöhungen, sondern weiterhin um strittige Tarifstrukturen.
    GdL-Chef Weselsky will den bestehenden Flächentarifvertrag für Lokführer im Grunde beibehalten, verknüpft mit weiteren Regelungen im konzerneigenen Haustarifvertrag.
    "Der Flächentarifvertrag ist bekannt, er funktioniert. Er beinhaltet eine ganze Reihe von Instrumenten, die marktregulierend sind, und der deshalb auch in anderen Verkehrsunternehmen implantiert worden ist. Diese Konstruktion werden wir nicht aufgeben, sondern wir wollen das gesamte Zugpersonal in diese Konstruktion einbinden. Und das scheint der Bahn überhaupt nicht zu gefallen."
    Natürlich müsse der bestehende Flächentarifvertrag ergänzt werden, sagt hingegen Ulrich Weber vom Personalvorstand der Bahn. Wichtig sei zudem, und das sieht die Konkurrenzgewerkschaft EVG übrigens ähnlich, dass letztendlich - trotz Rivalität der beiden Gewerkschaften - vergleichbare Bedingungen für alle Mitarbeiter im Konzern erreicht würden.
    "Unser Anspruch ist, die Regelungen, die wir für die Zugbegleiter im Konzern haben, zu erhalten. Gegebenenfalls weiterzuentwickeln. Dann aber mit GdL und EVG. Um zu vermeiden, dass zwei Zugbegleiter auf einem Zug unterschiedliche Regelungen haben - abhängig von der Gewerkschaftszugehörigkeit. Und das Problem, wie bei den Lokführern, ist: Sind die guten Standards des Konzerns repräsentativ für den Markt. Dann könnte man das in einen Flächentarifvertrag schreiben, die Strukturen vereinfachen und dann wären wir eigentlich durch."
    Zuspitzung des Konflikts
    Zumindest wäre damit ein wichtiger Schritt getan, um endlich über die eigentlichen Forderungen der GdL zu verhandeln, nämlich eine Lohnerhöhung um 5 Prozent und eine Stunde weniger Wochenarbeitszeit für die GdL-Mitglieder.
    Doch danach sah es heute bei der Fortsetzung der Verhandlungen in Berlin nicht aus. Ganz im Gegenteil: GdL-Chef Weselsky sprach von einer Zuspitzung des Konflikts. Er sieht die heutige Runde als entscheidend an, um weiter zu verhandeln oder eben nicht. Was wohl erneut Streik heißen würde, wie zuletzt mehrere Male im vergangenen Herbst.
    Ulrich Weber vom Personalvorstand der Bahn hingegen nennt diese Drohungen - so wörtlich - "ermüdend und fehl am Platz".
    Unklar ist, wie viel Geduld beide Seiten noch miteinander haben.