Klemens Kindermann: Wie bereitet sich die Deutsche Bahn auf die Folgen der Ausbreitung des Corona-Virus vor? Dazu kann ich jetzt sprechen mit dem Konzernsprecher der Deutschen Bahn AG, Achim Stauß. Ich grüße Sie!
Achim Stauß: Guten Tag, Herr Kindermann.
Kindermann: Herr Stauß, spüren Sie als Unternehmen schon den Corona-Effekt? Fahren die Menschen weniger Bahn?
Stauß: Nein, das können wir noch nicht feststellen. Wir haben ja seit einigen Monaten schon erfreulicherweise steigende Fahrgastzahlen – nicht zuletzt durch die Senkung der Mehrwertsteuer und der Tatsache, dass die Bahntickets dadurch billiger wurden. Auch in den letzten sieben Tagen haben wir noch keinen Rückgang der Fahrgastzahlen feststellen müssen.
Schutzpläne liegen bereits in der Schublade
Kindermann: Wie bereitet sich denn die Bahn auf eine mögliche Epidemie vor? Vielleicht zunächst einmal zu den Kunden. Stellen Sie zum Beispiel in den Bahnhöfen Desinfektionsmittel zur Verfügung?
Stauß: Wir haben uns in vielfältiger Weise darauf vorbereitet. Man muss auch wissen: Solche Pläne für Pandemien, die haben wir im Grunde schon in der Schublade, wie wir diesen Dingen begegnen. Diese Planungen wurden jetzt aktiviert. Dazu gehören natürlich selbstverständlich sehr viele Hygienethemen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber auch für Fahrgäste. Wir achten sehr genau darauf, dass genug Handseife in den Zügen vorhanden ist, in den Zugtoiletten, und Papierhandtücher, und schauen auch, ob wir auf den Bahnhöfen da noch etwas verbessern können. Das ist zwar jetzt eine neue Dimension durch Corona, aber nichts völlig Neues für uns. Solche Pläne gibt es schon.
Wann werden Fahrkosten erstattet?
Kindermann: Wenn Fahrgäste aus Sorge vor dem Virus ihre Fahrt nicht antreten wollen, erstattet die Bahn die Fahrtkosten?
Stauß: Wir haben vergangene Woche schon eine Kulanzregelung getroffen. Die sagt aus: Wer auf die Fahrt verzichten möchte oder muss, weil er zum Beispiel in die von Corona besonders betroffenen Gebiete in Italien fahren will, der bekommt sein Geld in voller Höhe zurück. Das gleiche gilt auch, wenn eine Messe wie jetzt die ITB in Berlin abgesagt wird, oder eine Veranstaltung, deswegen der Grund für die Reise entfällt, oder zum Beispiel das gebuchte Hotel am Zielort unter Quarantäne steht. Dann gibt es ohne Gebühren Geld zurück.
Kindermann: Sie haben eben Ihre Mitarbeiter schon angesprochen. Welche Schutzvorkehrungen treffen Sie für diese? Gummihandschuhe bei der Kontrolle von Fahrkarten wurden schon gesehen. Sind auch Atemschutzmasken denkbar?
Stauß: So weit sind wir noch nicht. Wir folgen natürlich dabei immer auch den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts und der Gesundheitsbehörden, um unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die Fahrgäste so gut es geht zu schützen. Nun muss man wissen: Wir haben jeden Tag 25.000 Züge der Deutschen Bahn auf den Schienen in Deutschland. Da ist es auch in der Vergangenheit immer mal vorgekommen, dass ärztliche Hilfe nötig ist. Wir mussten gar kein völlig neues Verfahren einführen, sondern greifen auf etwas zurück, was es schon gibt: Klar definierte Abläufe, nämlich bei Verdacht informieren unsere Zugbegleiter die sogenannten Notfall-Leitstellen und fordern dann ärztliche Hilfe an.
Wenn es zum Notfall kommt
Kindermann: Die wird ja angefordert. Aber es wird, soweit ich weiß, auch die Bundespolizei gerufen. Was geschieht, wenn aus einem Zug heraus ein Corona-Verdachtsfall gemeldet wird? Was passiert dann?
Stauß: Tatsächlich wird ärztliche Hilfe herbeigerufen. Nur auf die Art kann ja festgestellt werden, ob ein Verdacht begründet ist. Das ist aber auch wieder ein Verfahren, was im Grunde schon existiert, was jetzt mit Corona noch mal zusätzlich aktiviert wird. Neu im Zusammenhang mit Corona ist, dass jetzt auch die Kontaktdaten der Fahrgäste festgehalten werden, die sich in der Nähe aufgehalten haben, um sie hinterher informieren zu können. Zum Beispiel müssen die Gesundheitsämter ja auch die Möglichkeit haben, noch mal Kontakt aufzunehmen, vielleicht auch eine Entwarnung zu geben. Das ist jetzt neu, genauso wie die kostenlose Service-Nummer, die wir geschaltet haben. Und wenn die Behörden einen Corona-Verdacht feststellen, einen Verdacht feststellen, dann wird der betroffene Wagen oder der Zugteil abgesperrt und nach der Fahrt gesondert desinfiziert.
Bisher kein begründeter Verdachtsfall bekannt
Kindermann: Hatten Sie schon einen Corona-Verdachtsfall in einem Zug?
Stauß: In den Zügen der Deutschen Bahn gab es bisher keinen begründeten Verdachtsfall. Aber wir achten natürlich sehr genau darauf und sind darauf vorbereitet, dass sich das auch mal ändert.
Kindermann: Das Ganze, diese Klärung eines Verdachtsfalls vor Ort, das kann ja erhebliche Zeit in Anspruch nehmen. Rechnen Sie, Stand heute, mit Beeinträchtigungen, spürbaren Beeinträchtigungen im Zugverkehr durch das Corona-Virus?
Stauß: Es wäre, glaube ich, unseriös, da jetzt schon zu spekulieren. Bisher hat es das nicht gegeben. Wir müssen damit rechnen, natürlich, dass es auch mal eine Einschränkung gibt, wenn ein Zug untersucht werden muss, wenn dort ein Fahrgast ist, der einen begründeten Corona-Verdacht hat. Aber das wird sicherlich in der Praxis so aussehen, dass man dann den betreffenden Fahrgast außerhalb des Zuges weiterbehandelt und der Zug nach einer gewissen Zeit dann auch wieder fahren kann.
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