Im sachsen-anhaltischen Benndorf, einem kleinen Dorf am östlichen Harzrand, kann man in alte Zeiten eintauchen. Denn hier, bei der Mansfelder Lokomotiv- und Waggonbau GmbH, kurz Malowa, werden alte Dampflokomotiven repariert. Europaweit eine Seltenheit. Ist aber ein harter, eben richtiger Männerjob: "Kann man so sagen. Alles schön schwer. Man teilt sich seine Kraft ein," sagt Lokschlosser Martin Gille in ölverschmierten Blaumann: "Wir müssen viele Teile neu anfertigen. Das ist eigentlich immer eine große Herausforderung."
Alles Einzelstücke
In zwei riesigen Hallen, noch mit alten DDR-Sprüchen an den Wänden, stehen schwarze Lok-Ungetüme, zerlegt in tausende Einzelteile. Die Werkzeug-Maschinen stammen aus den frühen 1950er Jahren. Computer gibt es keine.
"Wir haben keine Serie. Wir haben hier alles Einzelstücke, die gedreht, gehobelt, gefräst werden müssen. Und insofern ist hier das Wissen der Leute, die das hier machen, viel, viel entscheidender als die Tatsache, dass hier mit Computern Programme geschrieben werden. Sondern hier wird noch das Handwerk benötigt."
Gerhard Kellner ist der Geschäftsführer der Benndorfer Malowa GmbH. Weil es zu den meisten Dampflokomotiven keinerlei Konstruktions-Unterlagen mehr gibt, muss in vielen Fällen jede Schraube, jede Mutter neu vermessen, jedes einzelne Teil neu hergestellt werden: "Je älter die Lokomotive, desto größer die Handarbeit."
Fahrtüchtig und TÜV-geprüft
Die komplette Reparatur einer Lokomotive kostet zwischen 350.000 und 600.000 Euro, die am Ende fahrtüchtig und TÜV-geprüft ist.
"Die Väter, die Urgroßväter haben Dinge hergestellt, die heute kaum noch möglich sind. Da sind zum Beispiel Zapfen, die nicht zylindrisch, sondern rund sind. Da frage ich mich heute, wie die das hergestellt haben, ohne CNC-Maschine. Zu den Zapfen gehören kugelförmige Lager. Wahnsinn, wie die früher so was hergestellt haben, und das hat ja auch funktioniert."
Die Auftragsbücher sind voll, die Kunden - meistens Betreiber von Museums- und Privatbahnen - kommen aus ganz Europa, wie Frankreich, der Schweiz, Polen oder England, erzählt Geschäftsführer Gerhard Kellner: "Wir sind seit 1993 am Markt. Und seit 93 läuft unsere Firma gut bis sehr gut. Und ich hoffe, dass es auch weiter so ist. Es gibt auch keine Anzeichen, wo wir sagen, wir müssen uns im nächsten oder übernächsten Jahr Sorgen machen."
Jahresumsatz 15 Millionen Euro
Zwischen einem halben und zwei Jahren dauert die Reparatur der stählernen Schlachtrösser. Manche werden gar zerlegt in tausende Einzelteile in den Ostharz geliefert. Für die Männer in Benndorf aber kein Problem, daraus wieder eine wie neu aussehende Dampflokomotive zu machen.
52 Mitarbeiter, viele seit DDR- Zeiten, arbeiten in dem Lokomotiven-Reparatur-Unternehmen Malowa. Jahresumsatz 15 Millionen Euro. Anfang der 1990er Jahre hat sich das Unternehmen aus dem früheren Mansfeld Kombinat, einem ehemaligen DDR-Staats-Betrieb, gegründet.
"Wir waren ja nach der Wiedervereinigung eine kleine nichtssagende Firma und mussten uns in kürzester Zeit der Marktwirtschaft stellen. Wir wussten nicht, was Ökonomie ist, aber wir wussten, wie Schienenfahrzeuge instandgesetzt werden. Und da war die große Marktlücke Dampflokomotive."
Doch allein mit der Reparatur von Lokomotiven könne sich heute die Mansfelder Lokomotiv- und Waggonbau GmbH nicht über Wasser halten, weshalb man auch anderweitige alte Schienenfahrzeuge und Waggons repariert, ergänzt der in Riesa studierte Instandhaltungsmechaniker Kellner: "Hier ist man Tüftler, hier ist man Forscher, hier ist man Erfinder. Hier ist man eigentlich alles, wo man sich als Junge drauf gefreut hat."
In Benndorf sind aber nicht nur Lokomotiven-Schrauber, sondern gewissermaßen auch Industrie-Archäologen am Werk: "Das macht natürlich unseren Beruf extra spannend. Dass wir Dinge instand setzen, das andere nicht so einfach können. Wir haben viele Technologien aus Urgroßvaters Zeiten erhalten und können uns auf dieser Basis dem Neuen stellen. Genau das ist unser Vorteil."