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Bakterielle Brennstoffzelle

Gentechnik. - Beim Studentenwettbewerb für Synthetische Biologie IGEM treten auch in diesem Jahr Hunderte Teams aus aller Welt an, darunter eine Gruppe aus Bielefeld. Die Studierenden haben eine biologische Batterie hergestellt - in der Bakterien Strom erzeugen.

Von Michael Lange |
    Den ganzen Sommer haben zehn Studierende der Universität Bielefeld an einem eigenen Projekt gearbeitet: einer biologischen Batterie, die mit Hilfe von Bakterien Strom liefert. Sie funktioniert ähnlich wie eine Brennstoffzelle. Matthias Ruwe, Masterstudent für Molekulare Biotechnologie in Bielefeld, nimmt den Prototypen mit einer Hand aus einem Wasserbad:

    "Was wir hier sehen, ist eine mikrobielle Brennstoffzelle. Und nicht nur eine, sondern wir haben ganz viele hintereinander geschaltet, um die Leistung, die wir damit erreichen können, noch einmal zu steigern."

    Jeweils zwei Plexiglas-Platten, dünn wie Fensterglas, bilden eine Brennstoffzelle. Im Innern der Platten schwappt eine Flüssigkeit hin und her. Darin wachsen Bakterien der Art Escherichia coli. Die Studierenden haben E. coli so verändert, dass das Bakterium möglichst viele Elektronen freisetzt. Über einen dünnen Draht fließen die Elektronen in eine zweite Kammer - von einer Kathode zur Anode. So entsteht Energie für einen kleinen Ventilator. In Zukunft könnten mit dieser Idee Elektrogeräte betrieben werden oder es könnte elektrischer Strom aus Abwasser entstehen.

    Beim europäischen Vorentscheid zum IGEM-Wettbewerb für synthetische Biologie hat das Projekt überzeugt. Nun hoffen die Bielefelder auf eine gute Platzierung beim Finale am M.I.T. in Boston. Dort treffen sich über 60 Teams aus aller Welt. Alle hoffen, dass ihr Projekt gewinnt, und dass es anschließend nicht ungenutzt in einer Schublade verschwindet. Lukas Rositzka vom Team Bielefeld ist optimistisch:

    "Wir sind jetzt auch zu verschiedenen Konferenzen eingeladen worden, die sich mit Bioenergie beschäftigen. Und vielleicht bietet das auch für die Arbeitsgruppe hier Möglichkeiten. Ich denke, dass einige aus dem Team in diesem Gebiet Projektarbeiten und Masterarbeiten weiter führen werden."

    In den letzten neun Jahren wurden weltweit über 1000 IGEM-Teams gegründet und über 1000 Projekte erdacht und umgesetzt. Und das hat Folgen. Hier begann so manche Wissenschaftlerkarriere. Immer wieder bauen Masterarbeiten auf einem IGEM-Projekt auf. Einige Teams konnten ihre Ergebnisse sogar in anerkannten Fachzeitschriften veröffentlichen.

    Auch die Sieger aus dem IGEM-Wettbewerb des letzten Jahres, das Team der Universität Groningen in den Niederlanden, hat nach dem Finale weiter geforscht, und die Ergebnisse nun zusammengeschrieben. Jetzt warten Arjan Oldebesten und die anderen auf das Urteil der Gutachter:

    "Wir haben Bakterien konstruiert, die feststellen, ob Fleisch verdorben ist. Wenn das Fleisch nicht mehr genießbar ist, produzieren die Bakterien einen Farbstoff, sodass jeder sofort sehen kann, ob das Fleisch noch gut ist oder nicht."

    Bei IGEM war die Idee mit dem Gammelfleisch-Sensor ein großer Erfolg. Die Studierenden aus den Niederlanden haben viele Nachfragen erhalten, auch aus der Industrie. Aber eine konkrete Zusammenarbeit hat sich daraus nicht ergeben. Für Renske van Raaphorst vom Team Groningen 2012 kein Grund, den Kopf hängen zu lassen:

    "Das Besondere bei IGEM sind doch all diese verrückten Ideen. Und zwar, ohne dass wir uns Gedanken machen müssen, ob und wie das Ganze nächstes Jahr umsetzbar ist. Nur so entstehen diese kreativen Konzepte. Und bis das in der Gesellschaft ankommt, dauert es eben ein paar Jahre."

    Eine Ursache für die Zurückhaltung der Industrie ist die Offenheit, die bei IGEM herrscht. Alles wird veröffentlicht und alle Materialien und Biobauteile sind frei zugänglich. Ein großer Vorteil für die jungen Wissenschaftler, nicht aber für die Industrie, so IGEM-Kenner Kristian Müller, Professor für Molekulare Biotechnologie an der Universität Bielefeld:

    "Viele Projekte sind eben nicht patentiert. IGEM ist ein offenes System. Man versucht, möglichst schnell an die Öffentlichkeit zu gehen. Das ist manchmal für die Industrie nicht so günstig, denn die möchte ihre Investition gesichert haben, am besten durch Patente. Und auch wenn die Idee gut ist, sind die manchmal nicht so interessiert, wie wir uns das gerne wünschen würden."