Auf der Toilette, in der U-Bahn, an der Computertastatur – überall hat der Mensch Kontakt mit den unterschiedlichsten Bakterien. Doch obwohl wir täglich Hunderte verschiedener Dinge anfassen oder berühren, zeigt die Mikrobengemeinschaft in und auf unserem Körper ein sehr individuelles Muster. So individuell, dass Eric Franzosa und seine Kollegen von der Harvard School of Public Health im amerikanischen Boston einzelne Personen anhand ihres Bakterienprofils identifizieren konnten.
"Anhand des genetischen Musters der Bakteriengemeinschaften konnten wir verlässlich Rückschlüsse auf einzelne Personen ziehen. Wir vermuten nun, dass unsere Erbanlagen für diese individuellen Unterschiede verantwortlich sind. In vielen Regionen des Körpers stehen die Mikroben in direktem Kontakt zu unserem Immunsystem, vor allem im Darm. Es ist also denkbar, dass die genetischen Eigenschaften des Immunsystems die Zusammensetzung der Bakteriengemeinschaften individuell prägen."
Die Forscher untersuchten für ihre Studie die Daten von Teilnehmern des Humangenomprojekts, bei dem auch genetische Informationen über die Zusammensetzung der individuellen Bakteriengemeinschaften der Probanden gesammelt wurden. Dass nicht alle Menschen das gleiche Mikrobenmuster auf und in ihrem Körper aufweisen, war bereits bekannt. Doch dass sich dieser Bakterienzoo so individuell zusammensetzt, hat die Forscher überrascht.
"Zu wissen, dass das Mikrobiom eines Menschen so individuell ist, könnte für Ärzte eine interessante Information sein. Derzeit wird ja viel daran geforscht, medizinische Behandlungen an die individuellen genetischen Eigenschaften eines Menschen anzupassen. Ich denke, in Zukunft werden wir unseren Lebensstil oder Therapien nicht nur an unsere genetischen Eigenschaften anpassen, sondern auch an die individuellen mikrobiellen Unterschiede."
Wie stabil der mikrobielle Fingerabdruck eines Menschen ist, ist bisher jedoch noch unklar. Als die Forscher Bakterienproben analysierten, die bei den gleichen Teilnehmern bis zu 300 Tage nach der ersten Probennahme gesammelt worden waren, konnten sie zwar immerhin noch 80 Prozent der Personen anhand des genetischen Profils ihrer Darmbakterien identifizieren. Doch bestimmte Krankheiten oder Antibiotikakuren können das Miteinander der Bakterien durcheinander bringen.
"Es gibt auch Studien die gezeigt haben, dass sich die Zusammensetzung der Bakteriengemeinschaft im Darm ändert, wenn jemand seine Ernährung radikal umstellt. Ob Einflüsse wie diese den mikrobiellen Fingerabdruck ganz verändern, wissen wir bisher nicht."
Insofern vermutet Franzosa schon jetzt, dass das DNA-Profil, das Haare oder Hautschuppen an einem Tatort hinterlassen, deutlich stabiler und verlässlicher ist. Als Beweis vor Gericht wird der mikrobielle Fingerabdruck also vermutlich nicht zugelassen werden, so der Forscher.
"Ich denke, der genetische Fingerabdruck eines Menschen wird die Standardmethode bleiben. Aber vielleicht möchte man ja auch Dinge nachweisen, die keine DNA haben. Vielleicht ist die Bakteriengemeinschaft an einem Ort, an dem sich jemand aufgehalten hat, ja so charakteristisch, dass sich darüber ein Verdächtiger identifizieren lässt."
"Ich denke, der genetische Fingerabdruck eines Menschen wird die Standardmethode bleiben. Aber vielleicht möchte man ja auch Dinge nachweisen, die keine DNA haben. Vielleicht ist die Bakteriengemeinschaft an einem Ort, an dem sich jemand aufgehalten hat, ja so charakteristisch, dass sich darüber ein Verdächtiger identifizieren lässt."
Solche Ideen mögen momentan zwar noch verrückt erscheinen. Doch Eric Franzosa hat schon jetzt konkrete Pläne in diese Richtung: Er möchte die Bakteriengemeinschaften untersuchen, die auf Gebäuden oder Umgebungen siedeln, um womöglich auch dort individuelle Mikroben-Fingerabdrücke zu finden.